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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 575/2014 vom 09.09.2014
Bauplanungsrechtliche Beurteilung eines Einkaufszentrums
Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat mit Urteil vom 07.07.2014 (Az.: 3 K 861/13) entschieden, dass kein Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheids zur Errichtung von vier Fachmärkten unter einem Dach in einem Gewerbegebiet besteht. Der Bebauungsplan erlaube keine großflächigen Einzelhandelsbetriebe und Einkaufszentren. Als solches sei das Vorhaben aber einzustufen. Dies gelte insbesondere, wenn dadurch die typische Sogwirkung eines Einkaufszentrums zu befürchten sei.
Die Klägerin stellte Bauvoranfrage für die Errichtung von vier Fachmärkten auf mehreren Grundstücken innerhalb des Gewerbegebiets eines Grundzentrums, in dem bereits mehrere Discounter-Ketten großflächigen Einzelhandel betreiben. Im Rahmen des Vorhabens sollen die Bestandsgebäude abgerissen und die Grundstücke mit einem einzigen Baukörper für vier Fachmärkte neu bebaut werden. Die Fachmärkte sollen über einen gemeinsamen überdachten Eingangsbereich verfügen, und von dort durch jeweils separate Eingänge betreten werden. Im Eingangsbereich ist eine Wandscheibe mit vier Werbelogos geplant.
Für die vier Fachmärkte plant die Klägerin einen Drogerie-Fachmarkt mit knapp 790 m² Verkaufsfläche, einen Schuhfachmarkt mit einer Verkaufsfläche von ebenfalls 790 qm sowie zwei Textilfachmärkte mit einer Verkaufsfläche von knapp 580 qm und 790 qm. Insgesamt soll die Verkaufsfläche aller vier Fachmärkte zusammen 2.941,32 qm betragen. Vorgesehen ist ferner ein gemeinsamer Parkplatz mit gemeinsamer Zu- und Abfahrt mit 91 PKW-Stellplätzen. Die vier Fachmärkte sollen über jeweils eigene Lager- und Sozialbereiche sowie eine jeweils eigene und selbstständige Haustechnik verfügen.
Der Beklagte lehnte die Erteilung des Bauvorbescheids mit der Begründung ab, das geplante Bauvorhaben widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans. Der Fachmarkt-Center sei als großflächiger Einzelhandelsbetrieb im Sinne der Baunutzungsverordnung zu werten und daher am geplanten Standort nicht zulässig. Nach erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin im Oktober 2013 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Vorhaben sei nicht als Einkaufszentrum einzustufen, da es nicht die dafür notwendige Größenordnung erreiche.
Auch seien weder organisatorische oder betriebliche Gemeinsamkeiten der vier Fachmärkte geplant noch verfügten sie über einen gemeinsamen Eingangsbereich. Die Eingänge befänden sich lediglich in einem Bereich, der durch ein Vordach gegen Witterungseinflüsse abgeschirmt sei. Der für 91 Stellplätze geplante Parkplatz könne nicht als Großparkplatz bezeichnet werden. Bei den vier geplanten Fachmärkten handele es sich um selbstständige Betriebe, die auch selbstständig zu beurteilen seien. Jeder Betrieb weise eine Verkaufsfläche von weniger als 800 qm auf. Mithin liege kein großflächiger Einzelhandel vor. Eine Zusammenrechnung der Verkaufsflächen der vier Fachmärkte verbiete sich.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung des von ihr beantragten Bauvorbescheids, da das Vorhaben als Einkaufszentrum zu qualifizieren sei und damit dem geltenden Bebauungsplan widerspreche. Zwar seien die geplanten vier Fachmärkte mit einer Verkaufsfläche von jeweils weniger als 800 qm grundsätzlich in einem Gewerbegebiet zulässig. Nach § 11 Abs. 3 der BauNVO könnten großflächige Einzelhandelsbetriebe und Einkaufszentren jedoch nur in Sondergebieten verwirklicht werden.
Bei Anlegung der vom Bundesverwaltungsgericht in mehreren Entscheidungen dargelegten Maßstäbe sei die geplante Bebauung mit insgesamt vier Fachmärkten im Hinblick auf das mit dem Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids vorgelegte Planungskonzept als Einkaufszentrum zu qualifizieren. So liege die Bauherrschaft und Planung der vier Fachmärkte in der Hand der Klägerin. Aufgrund des einheitlichen Gebäudekomplexes mit gemeinsamem Eingangsbereich und gemeinsamem Parkplatz mit gemeinsamer Zufahrt stelle sich das geplante Vorhaben der Klägerin mit seinen vier Einzelhandelsbetrieben unter einem Dach aus Kundensicht als miteinander verbunden dar.
Sog-Wirkung möglich
Es könne auch nicht außer Acht gelassen werden, dass der aus mehreren Einzelhandelsbetrieben bestehende Gebäudekomplex mit einer Verkaufsfläche von insgesamt 2.941,32 qm sowie einer Gesamtbruttogeschoßfläche von 3.950 qm nicht in einem großstädtisch geprägten Innenstadtbereich, sondern in einem Gewerbegebiet einer 4.815 Einwohner zählenden Gemeinde realisiert werden solle. Daher würde von dem Gebäudekomplex eine für ein Einkaufszentrum typische Sog-Wirkung ausgehen, zumal das Vorhaben über eine optimale Verkehrsanbindung an eine überörtliche Verkehrsader hätte, an die auch die umliegenden Ortschaften angebunden seien.
Die hier zu unterstellende Sog-Wirkung des geplanten Gebäudekomplexes würde sich zudem durch die unmittelbar benachbarten großflächigen Einzelhandelsbetriebe noch verstärken, da sich sowohl die vier Fachmärkte unter einem Dach als auch zusätzlich die unmittelbar benachbarten großflächigen Einzelhandelsbetriebe sich gegenseitig hinsichtlich Angebot und Sortiment optimal ergänzen würden. Über die aneinander grenzenden Parkflächen des geplanten Gebäudekomplexes und der bereits vorhandenen großflächigen Einzelhandelsbetriebe könnte der Kunde problemlos von einem Markt zum anderen wechseln, womit die Sogwirkung dieser Märkte garantiert erscheine. [Quelle: Beck-Aktuell-Newsletter, 05.08.2014]
Az.: II gr-ko