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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 237/2007 vom 05.03.2007
Baurechtliche Zulässigkeit eines Sportwettenbüros
Nach der Entscheidung des VGH Kassel (Beschluss vom 19.09.2006, 3 TG 2161/06, NVwZ-RR 2007, S. 81) sind Sportwettenbüros unter dem städtebaulichen Begriff der Vergnügungsstätte nach § 4a BauNVO zu fassen. Soll ein Laden in ein Sportwettbüro umgebaut werden, so ist diese Änderung nicht von der erteilten Genehmigung für den Laden gedeckt.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
„Läden im Sinne der Baunutzungsverordnung sind Räume, die nach dem herkömmlichen Sprachverständnis eine Beschränkung der Grundfläche aufweisen und in denen ein auf bestimmte Warengattungen (bspw. Lebensmittel, Tabakwaren) beschränktes Warensortiment oder Dienstleistungen (Friseur) angeboten werden (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Auflage, § 2 Rn. 10). Demgegenüber sind unter dem städtebaulichen Begriff der „Vergnügungsstätte“ als Sammelbegriff Gewerbebetriebe besonderer Art zusammengefasst. Unter Vergnügungsstätten – mit einer jeweils vorauszusetzenden standortgebundenen Betriebsstätte – sind gewerbliche Nutzungsarten zu verstehen, die sich in unterschiedlicher Ausprägung (wie Amüsierbetriebe, Diskotheken, Spielhallen) unter Ansprache (oder Ausnutzung) des Sexual-, Spiel- und/oder Geselligkeitstriebs einer bestimmten gewinnbringenden Freizeitunterhaltung widmen (vgl. Fickert/Fieseler, § 4a, Rn. 22). Zur Gewährleistung der Wohnruhe sind selbst die nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten in den Wohnbaugebieten generell unzulässig; in den Baugebieten, die außer der Zulässigkeit bzw. Zulassungsfähigkeit der in den Nutzungskatalogen aufgeführten Nutzungsarten und Betrieben nach der Zweckbestimmung auch dem Wohnen dienen (WB-, MD- und MI-Gebiete), sind lediglich die nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten ausnahmsweise zulassungsfähig. Darüber hinaus soll durch die abschließende Regelung der Vergnügungsstätten in den Baugebieten erreicht werden, dass die durch verschiedene Nutzungsarten ausgelösten weiteren städtebaulichen Negativwirkungen wie „Trading down“–Effekte (Senkung der Qualität des Warenangebots), Lärmbelästigungen und Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes, insbesondere durch Spielhallenkonzentrationen, im Rahmen geordneter städtebaulicher Entwicklung gesteuert, ggf. verhindert werden können (vgl. Fickert/Fieseler, § 4a Rn. 22.1). Zu den Vergnügungsstätten zählen auch Spiel- und Automatenhallen verschiedener Ausprägung, in denen mehr oder minder variationsreich erlaubten Glücksspielen nachgegangen wird (vgl. Fickert/Fieseler, § 4a Rn. 22.22).“ In Anlegung dieser Maßstäbe gelangte der VGH Kassel unter Berücksichtung insbesondere der dokumentierten Ausstattung der Räumlichkeiten dazu, dass eine Vergnügungsstätte betrieben wurde, die jedoch anderen bauordnungs- und bauplanungsrechtlichen Vorschriften unterliegt.
Nach der Rechtsprechung des BVerwG, der der Senat folgte, liegt eine Nutzungsänderung im bodenrechtlichen Sinne nämlich vor, wenn für die neue Nutzung weitergehende Vorschriften gelten als für die alte, aber auch dann, wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung nach derselben Vorschrift bestimmt, nach dieser Vorschrift aber anders zu beurteilen sei als die frühere Nutzung. In diesem Sinne bodenrechtlich relevant sei eine Änderung der Nutzungsweise auch dann, wenn sie für die Nachbarschaft erhöhte Belastungen mit sich bringe (vgl. BVerwG, ZfBR 2004, 390 = BeckRS 2003, 20062).
In diesem Zusammenhang wies der VGH Kassel auch darauf hin, dass eine Vergnügungsstätte bauplanungsrechtlich anderen Anforderungen als ein Ladengeschäft unterliege da es unter Berücksichtigung anderer städtebaulicher Kriterien zu beurteilen sei, was sich bereits aus der in der BauNVO zum Ausdruck kommenden unterschiedlichen Zuordnung dieser beiden Nutzungsarten zu unterschiedlichen Baugebieten ergebe. Zudem stelle sich bei einer Vergnügungsstätte häufig die Stellplatzfrage neu, so dass auch insoweit andere und weitergehende Vorschriften im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens zu prüfen seien.
Im übrigen hat der VGH Kassel die ständige Rechtsprechung zur Nutzungsuntersagung nochmals bekräftigt. Denn danach ist eine Nutzungsuntersagung regelmäßig bei einer bloßen sog. formellen Illegalität rechtmäßig. Etwas anderes kann in den Fällen der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit der durchgeführten Nutzung liegen.
Az.: II/1 660-00