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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 480/2018 vom 25.07.2018
Bayerischer VGH zu Anordnung einer Dichtheitsprüfung
Der bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit Beschluss vom 04.06.2018 (Az. 4 ZB 17.2066 entschieden, dass eine abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde berechtigt ist, im Rahmen des auf unbestimmte Zeit bestehenden öffentlich-rechtlichen (Kanal)Benutzungsverhältnisses einzufordern, dass eine Dichtheitsprüfung (Zustand- und Funktionsprüfung) für eine private Abwasserleitung durchgeführt werden muss. Selbst der Austritt geringer Mengen von Haushaltsabwässern in den Untergrund könne ein behördliches Eingreifen bereits rechtfertigen oder es könnten diesbezügliche Aufklärungsmaßnahmen eingefordert werden.
Insoweit folgt der BayVGH der Vorinstanz, wonach eine Abdichtung privater Abwasserleitungen durch schlichte Ablagerungen als mangelhaft anzusehen sind und keine Abdichtung der privaten Abwasserleitung darstellen. Darüber hinaus stellt der BayVGH klar, dass der satzungsrechtliche Verweis auf DIN- und Euro-Normen keine Übertragung der kommunalen Rechtsetzungshoheit auf ein demokratisch nicht legitimierten Normgeber darstellt, sondern darin lediglich eine Verdeutlichung des Inhaltes der getroffenen (satzungsrechtlichen ) Regelung zu sehen ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom 26.06.2015 – Az. 4 ZB 15.150 - ).
Der StGB NRW weist ergänzend auf Folgendes hin: Auch das OVG Lüneburg hat sich in einem Urteil vom 10.01.2012 (– Az. 9 KN 162/10, Rz. 71 ff.) mit der Frage auseinander gesetzt, wann die untere Wasserbehörde und wann die abwasserbeseitigungspflichtige Stadt für den Erlass einer entsprechenden Anordnung zur Durchführung von Zustand- und Funktionsprüfungen zuständig ist. Nach dem OVG Lüneburg ist die untere Wasserbehörde immer dann zuständig, wenn allein der Schutz des Grundwassers in Rede steht.
Ist aber ein Sachverhalt gegeben, bei denen auch die Funktionstüchtigkeit der öffentlichen Abwasserentsorgungseinrichtung bzw. Abwasseranlage betroffen ist, so muss nach dem OVG Lüneburg der Träger des öffentlichen Abwasserbeseitigungssystems in der Lage sein, Anordnungen gegenüber dem Anschlussnehmer zu treffen, um die Funktionstüchtigkeit der öffentlichen Abwasseranlage sicherzustellen. In einem solchen Fall wird dann vom OVG Lüneburg ausnahmsweise auch eine Anordnungsbefugnis der abwasserbeseitigungspflichtigen Gemeinde angenommen, weil nicht nur der reine Grundwasserschutz in Rede steht, für den die untere Wasserbehörde zuständig ist.
Vor diesem Hintergrund kann es mit Blick auf die vorstehend genannten obergerichtlichen Entscheidungen aus Bayern und Niedersachsen sinnvoll sein, eine Entscheidung des OVG NRW herbeizuführen, weil das VG Minden mit Urteil vom 05.07.2018 (Az.: 9 K 4110/17) jedenfalls entschieden hat, dass der untere Wasserbehörde eine Anordnungsbefugnis zu steht und nicht der abwasserbeseitigungspflichtigen Gemeinde.
Zwar hat das VG Minden in seinem Urteil vom 05.07.2018 zutreffend herausgearbeitet, dass der NRW-Landesgesetzgeber bzw. Landesverordnungsgeber eine ausdrückliche Anordnungsbefugnis der abwasserbeseitigungspflichtigen Gemeinde mit Blick auf die Durchführung einer Zustand- und Funktionsprüfung nicht geregelt hat, was aber z. B. in Ziff. 23.1 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz durchaus möglich gewesen wäre.
Unabhängig davon nehmen aber zumindest der BayVGH und das OVG Lüneburg den Rechtsstandpunkt ein, dass eine Anordnungsbefugnis der abwasserbeseitigungspflichtigen Stadt (ausnahmsweise) bestehen kann, wenn (zusätzlich) die Funktionstüchtigkeit ihrer öffentlichen Abwasseranlage betroffen ist (vgl. auch § 1 Abs. 4 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz NRW), weil in diesem Fall nicht allein der Grundwasserschutz im Vordergrund steht, welcher die Zuständigkeit der unteren Wasserbehörde zur Folge hat. Insoweit kann allerdings nicht vorausgesagt werden, ob das OVG NRW der Argumentation des OVG Lüneburg oder des BayVGH folgen würde.
Az.: 24.1.1 qu