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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 509/2016 vom 11.08.2016
Bedrohung der Wasserwirtschaft durch Handelsabkommen CETA und TTIP
Eine Studie, die im Auftrag der Stadtwerke Karlsruhe durchgeführt wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass der Investitionsschutz, der im CETA-Abkommen vorgesehen ist, ausländische Investoren bevorzugen und Trinkwasser kommerzielles Gut werden würde. Die Studie basiert auf den von der EU-Kommission veröffentlichten Texten zu CETA und TTIP. Ziel der Studie war es, einen Beitrag zur sachlichen Diskussion zur Auswirkung der Handelsabkommen auf die kommunale Wasserwirtschaft zu leisten.
Dabei wird insbesondere kritisiert, dass ausländischen Investoren ein Sonderklagerecht gegenüber im Inland tätigen Unternehmen gewährt wird. Im CETA-Abkommen würden Wasserrechte grundsätzlich als Investitionen bezeichnet und damit de facto ein kommerzielles Gut im Handelsverkehr werden. Für die Stadtwerke könnte dies bedeuten, dass sie sich einem Klagerisiko bei der Vergabe von Grundwasservorkommen ausgesetzt sehen. Ferner könnte es bei der Ausweisung von Wasserschutzgebieten zu Problemen kommen, da ein ausländischer Investor dies mit einer Investitionsschutzklage hinauszögern oder sogar komplett verhindern könnte.
Aufgrund der Studie sehen die Stadtwerke Karlsruhe Probleme in Bezug auf das in Deutschland und der EU geltende Vorsorgeprinzip, welches ihrer Ansicht nach in den Abkommen nicht ausreichend berücksichtigt wird. In den USA und in Kanada sei das Prinzip des vorsorgenden Schutzes des Grundwassers nicht gesetzlich verankert. Es bestünden die Befürchtungen, dass die bestehenden Standards im Wettbewerb unterlaufen werden. Dies würde zu aufwändigen und kostenintensiven Maßnahmen zur Beseitigung von Verschmutzungen im Grundwasser führen. Vonseiten der Stadtwerke Karlsruhe besteht die Befürchtung, dass eine Liberalisierung und Privatisierung der Wasserversorgung durch die Hintertür eingeführt werden könnte.
Es bleibt abzuwarten, ob die Ergebnisse der Studie zutreffend sind. Nach Ansicht der Bundesregierung ist eine Kommerzialisierung des Wassers durch CETA nicht vorgesehen. Vielmehr stellt das Abkommen klar, dass keine Vertragspartei verpflichtet ist, eine kommerzielle Nutzung von Wasser zu erlauben. Die Nutzung von Wasserressourcen zum Zwecke der öffentlichen Versorgung stellt nach Ansicht der Bundesregierung keine kommerzielle Nutzung dar.
Nach Ansicht der Bundesregierung schützt CETA öffentliche Dienstleistungen besser als das Grundgesetz, da die Investitionsstandards im Abkommen klarer definiert sind und der Investor nur dann einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen kann, wenn er eine Verletzung der Schutzstandards durch einen staatlichen Eingriff in seine Investition nachweisen kann. Maßnahmen zur Erreichung legitimer Politikziele werden dabei nicht als Enteignung betrachtet, sofern sie nicht unverhältnismäßig sind.
Aus kommunaler Sicht ist der Schutz von kommunalen Dienstleistungen der Daseinsvorsorge von überragender Bedeutung im Zusammenhang mit Handelsabkommen wie CETA und TTIP. Daseinsvorsorgeleistungen, wie v. a. die Trinkwasserversorgung, müssen vom Anwendungsbereich der Marktzugangsregelungen der Abkommen ausgenommen werden. Das europäische und nationale Recht gewährleistet einen weiten Handlungsspielraum der Kommunen bei der Organisation der Dienstleistungen der Daseinsvorsorge. Freihandelsabkommen dürfen diesen Handlungsspielraum der Kommunen nicht einengen. Dies werden die kommunalen Spitzenverbände auch in den kommenden Beratungen von Bundestag und Bundesrat zu CETA deutlich machen.
Az.: 28.5-002/001 we