Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr

StGB NRW-Mitteilung 406/2019 vom 27.08.2019

Mehrheit der Deutschen für mehr Rad- und Busspuren

Laut einer Studie des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) sorgen sich etwa drei Viertel der Befragten, dass der Autoverkehr in den Städten zum Erliegen kommt. Bei den möglichen Lösungen gehen die Meinungen jedoch auseinander. Eine Mehrheit befürwortet eine Neuaufteilung des öffentlichen Raums zugunsten von Fahrrad und ÖPNV auch auf Kosten von Parkplätzen und Fahrspuren für den Autoverkehr. Für höhere Parkgebühren, eine Verteuerung von Dieseltreibstoff und vollständig autofreie Innenstädte spricht sich hingegen nur eine Minderheit aus. 

Umfrage des RWI zur Verkehrspolitik 

Zusammen mit dem Umfrageinstitut forsa hat das RWI im vergangenen Jahr knapp 7.000 Haushalte in Deutschland befragt. Die Forscher wollten zum einen wissen, wie die Deutschen zur Mobilität stehen und wie viele Sorgen sie sich um damit verbundene Probleme wie Staus und Luftverschmutzung machen. Zum anderen ging es darum, wie diese Probleme gelöst werden können: Die Befragten sollten mögliche verkehrspolitische Maßnahmen bewerten. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass Mobilität und deren Zukunft die Deutschen sehr beschäftigt. So sind über 82 Prozent der Befragten besorgt, dass Pendeln immer mehr Zeit in Anspruch nehmen wird. Knapp 80 Prozent fürchten, dass die Luftverschmutzung in Städten durch den Autoverkehr immer schlimmer wird. 

Welche verkehrspolitischen Maßnahmen unterstützen die Deutschen und welche nicht? 

Dass sich etwas ändern muss, darin sind sich die Bürgerinnen und Bürger offenbar einig. Nur was genau sollte geändert werden? Und vor allem: wie? Hier zeigen sich die Befragten gespalten: Gegen Fahrstreifen für Busse und Bahnen auf staubelasteten Straßen hat fast niemand etwas – knapp 70 Prozent sprechen sich dafür aus, 21 Prozent sind indifferent. Auch einen Ausbau der Infrastruktur für Elektromobilität befürworten die meisten. Radikalere Vorschläge wie autofreie Innenstädte oder einen Zulassungsstopp für Verbrenner ab 2035 finden allerdings keine Mehrheit. Sehr ablehnend erweisen sich die Deutschen, wenn es um das eigene Portemonnaie geht: Höhere Kosten für das Parken in Innenstädten lehnen über die Hälfte der Befragten ab. 

Wieso sind höhere Parkgebühren ökonomisch sinnvoll? 

Angemessene Parkgebühren wären laut der RWI-Studie aus ökonomischer Sicht die effizienteste Lösung, das Parkproblem in Innenstädten in den Griff zu bekommen. Damit würden nur noch diejenigen in den vollen Innenstädten parken, denen der Parkplatz sehr viel wert ist – etwa, weil sie keine andere Möglichkeit haben, in die Stadt zu kommen, oder dringend etwas besorgen müssen. Andere würden auf günstigere Alternativen wie das Fahrrad oder den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) umsteigen - und damit das Problem über eine geringere Nachfrage lösen. 

Hintergrund der Studie 

Die Befragung durch das Marktforschungsinstitut forsa fand vom 23. April bis zum 12. Juni 2018 statt. Befragt wurden die Haushaltsvorstände des forsa.omninet Haushaltspanels. Dieses Panel ist für die deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahren repräsentativ. Die Befragten füllten die Fragebögen mehrheitlich via Internet aus. Insgesamt wurden 7.823 Haushaltsvorstände befragt, von denen 6.812 den Fragebogen vollständig ausgefüllt haben. Die gemeinsame Studie von RWI und WZB wurde durch die Stiftung Mercator gefördert. 

Die RWI-Studie zeigt, dass die viel diskutierte Umverteilung des öffentlichen Raums durchaus breite Akzeptanz in der Bevölkerung findet. Die Ergebnisse aus 2018 dürften angesichts der derzeitigen Klimaschutz-Debatte bei einer heutigen Befragung nochmals deutlicher ausfallen. Die Verteuerung des Individualverkehrs durch Parkgebühren und auch Fahrverbote hingegen stoßen laut der Studie auf Skepsis. 

Dies macht deutlich, dass es zunächst überzeugender Angebote in der Stadt und auf dem Land bedarf, um die Menschen beim Umbau des Verkehrssystems mitzunehmen. Hierzu gehören mehr Schienenverkehr, ein funktionsfähiger und intelligent getakteter öffentlicher Personennahverkehr, eine kluge Vernetzung der Verkehrsmittel, ein flächendeckendes Netz an Ladesäulen für die Elektromobilität sowie ein konsequenter Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur.  

Auch die vom RWI befürwortete Erhöhung von Parkgebühren ist erst dann sinnvoll, wenn zugleich Alternativen zum motorisierten Individualverkehr geschaffen werden beziehungsweise der vorhandene Parkraum mit Hilfe der Digitalisierung besser gemanagt werden kann. Der Umbau des Verkehrssystems ist eine Aufgabe, die Kommunen nur zusammen mit Bund und Länder bewältigen können. Neben einzelner Förderprogramme braucht es hierzu substanzielle und dauerhafte Finanzierungszusagen, denn der Umbau des Verkehrssystems ist eine Daueraufgabe.  

Weitere Informationen: 

Die Studie 131 „Präferenzen und Einstellungen zu vieldiskutierten verkehrspolitischen Maßnahmen: Ergebnisse einer Erhebung aus dem Jahr 2018“ kann von der Webseite des RWI (Rubrik: Publikationen / RWI Materialien / RWI Materialien 131) heruntergeladen werden. Zudem ist eine Kurzfassung unter www.rwi-essen.de (Rubrik: Publikationen / RWI Impact Notes) verfügbar.  

Zur Einstellung der Bevölkerung gegenüber Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Verkehrswende diskutiert werden, wie die City-Maut und den Ausbau von Tempo-30-Zonen wird zudem auf eine aktuelle Hintergrundstudie der KfW verwiesen: www.kfw.de (Rubrik: KfW-Konzern / KfW Research). 

(Quelle: DStGB Aktuell 3419)

Az.: 33.1.2-003/003

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