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StGB NRW-Mitteilung 601/2012 vom 27.11.2012
Befreiung stromintensiver Unternehmen vom Netzentgelt
Der 3. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat in zwei Eilverfahren die Aussetzung der von der Bundesnetzagentur für das Jahr 2011 vorgesehenen Verrechnungsmethode, wie die Einnahmeausfälle durch die Befreiung stromintensiver Unternehmen von den Netzkosten umzulegen sind, abgewiesen. Der Senat hat im Rahmen der Begründung jedoch gleichzeitig zu erkennen gegeben, dass es an einer ausreichenden Rechtsgrundlage für die Befreiung stromintensiver Unternehmen von den Netzentgelten fehlen könnte.
Der 3. Kartellsenat hat die Eilanträge der beiden Stromnetzbetreiber NRM Netzdienste Rhein-Main GmbH und Stadtwerke Ilmenau GmbH am 14.11.2012 zurückgewiesen. Die Netzbetreiber haben gegen die Netzentgelte und die Abrechnungspraxis der Bundesnetzagentur für das Jahr 2011 geklagt.
Das OLG Düsseldorf hat angesichts der zahlreichen Rechtsfragen und schwierigen Abwicklungsprobleme von einer vorläufigen Aussetzung der Regelung für das Jahr 2011 abgesehen. Eine isolierte Beurteilung der Befreiungsregelungen stromintensiver Betriebe und der zugrundeliegenden Abrechnungsmethode für das Jahr 2011 sei im Eilverfahren nicht möglich. Sie würde im Ergebnis dazu führen, dass nach dem ab 2012 geltenden Modus abzurechnen sei.
Anders als bislang werden ab dem Jahr 2012 die Einnahmeausfälle, die für die Netzbetreiber aufgrund der Befreiung entstehen, durch eine bundesweite Umlegung der Netzkosten ausgeglichen. Zuvor erfolgte eine Umlegung auf die Endverbraucher desjenigen Netzbetreibers, über den das stromintensive Unternehmen seinen Strom bezogen hat. Bei einer rückwirkenden Befreiung und Umwälzung der Kosten für das Jahr 2011 würden daher die überregionalen Netzbetreiber zunächst die Einnahmeausfälle tragen und könnten diese erst später auf die Netzkosten aller Nutzer umlegen.
Diese Belastung Dritter sei nicht sachgerecht, zumal der Kartellsenat nach der vorläufigen Würdigung im Eilverfahren erhebliche Bedenken hat, ob eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Befreiung von den Netzentgelten bestehe. So erlaube das Energiewirtschaftsgesetz in der derzeit geltenden Fassung nur, durch eine Verordnung die Methode zur Berechnung der Entgelte, das „wie“, festzulegen, nicht aber eine vollständige Befreiung von den Netzentgelten, das „ob“, durch eine Verordnung zu bestimmen.
Auch könnten zwar das Nutzungsverhalten und Gründe der Netzsicherheit bei der Ermittlung der Höhe der Entgelte berücksichtigt werden. Es sei aber fraglich, ob dies eine vollständige Befreiung von den Netzentgelten rechtfertigen könne. So sei auch europarechtlich eine nichtdiskriminierende und kostenbezogene Regelung der Netzentgelte geboten.
Die beiden Eilentscheidungen mit den Aktenzeichen VI — 3 Kart 65/12 (V) („NRM Netzdienste Rhein-Main GmbH“) und VI — 3 Kart 14/12 (V) („Stadtwerke Ilmenau GmbH“) sind rechtskräftig. In der Hauptsache werden die beiden Verfahren am 6. März 2013 mündlich verhandelt werden. Derzeit sind weitere 166 Beschwerden im Hauptsacheverfahren anhängig, in denen ebenfalls um die Befreiung von den Netzentgelten und die Zulässigkeit der Umlage gestritten wird.
Az.: II/3 811-00/8