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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 404/2020 vom 29.06.2020
Beihilfekontrolle in Zeiten von Corona-Pandemie
Der coronabedingte Lockdown hat nahezu alle Wirtschaftsbereiche in Deutschland ausgebremst. In der Folge entschied die EU-Kommission, den Beihilferahmen befristet zu erweitern. Auf dieser Grundlage verabschiedete die Bundesregierung einen umfassenden Wirtschaftsstabilisierungsfonds, welcher der Rettung deutscher Unternehmen diente, die aufgrund der Corona-Krise in wirtschaftlicher Schieflage zu geraten drohten. Auch diente der befristete Beihilferahmen für die Förderprogramme in den Ländern. Jetzt haben Vertreter der Kommission, des BMWi sowie der KfW eine Zwischenbilanz gezogen und einige Zahlen zu den Auswirkungen des befristeten Beihilferahmens veröffentlicht. Deutschland hat nominal das größte Maßnahmenpaket in Europa für seine Wirtschaft beschlossen. Aus Sicht des StGB sollte eine dauerhafte Anpassung des beihilferechtlichen Rahmens für die Bereiche der Daseinsvorsorge und der Energiewende erfolgen. Darüber hinaus sollte überprüft werden, was aus dem befristeten beihilferechtlichen Rahmen im Interesse der weiteren Stabilisierung der Wirtschaft und des Bürokratieabbaus in den dauerhaften beihilferechtlichen Rahmen überführt werden sollte.
Beihilfe-Experten waren sich im Rahmen des Berliner Gesprächskreises einig. Die EU hat zu Beginn der Corona-Pandemie eindrucksvoll eine niedrige Reaktionszeit demonstriert. Von Handlungsunfähigkeit der Europäischen Union – keine Spur. Ähnlich wie schon während der Finanzkrise 2008 lockerte die Kommission innerhalb weniger Tage, befristet bis Ende 2020, den Beihilferahmen und öffnete damit am 19. März 2020 unbürokratisch die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, Wirtschaftshilfen für Unternehmen in nie dagewesener Höhe auf den Weg zu bringen, die aufgrund der Corona-Krise in Schieflage geraten sind. Der Beihilferahmen wurde am 08. Mai 2020 nochmals erweitert. Insbesondere geht es bei der letzten Änderung um Kapitalisierungsmaßnahmen, die die Wiederherstellung der vor der Krise gegebenen Kapitalstruktur verfolgen (bspw. Lufthansa).
Alle Programme der Mitgliedstaaten wurden bei der Kommission angemeldet bzw. nach Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) notifiziert und genehmigt. Zum 10. Juni 2020 hat die Kommission 160 Entscheidungen betreffend 199 nationaler Maßnahmen aller 27 Mitgliedstaaten und des Vereinigten Königreichs getroffen. 135 Entscheidungen basierten dabei auf den befristeten Beihilferahmen, neun Entscheidungen direkt auf dem AEUV. 15 Entscheidungen basierten auf Artikel 107 (2) (b) AEUV; es handelte sich also um Beihilfen, die mit dem Binnenmarkt vereinbar sind zur Beseitigung von Schäden, die durch sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind. Lediglich eine Entscheidung basierte auf Artikel 107 (3)(c) AEUV; also eine Beihilfe zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Damit wurden für die Europäische Union insgesamt Maßnahmen (Nominalbeträge) in Höhe von 2.200 Milliarden Euro genehmigt. 45 Prozent des Betrags fallen Deutschland zu, 17 Prozent jeweils Italien und Frankreich. Spanien und das Vereinigte Königreich kommen jeweils auf 4 Prozent.
76 Maßnahmen der Mitgliedstaaten basierten auf Abschnitt 3.1 (direkte Zuschüsse und Steuervorteile), 52 Maßnahmen auf Abschnitt 3.2 (vergünstigte staatliche Garantien für Bankdarlehen), 26 Maßnahmen auf Abschnitt 3.3 (Darlehen zu vergünstigten Zinsätzen). Zahlreiche weitere Maßnahmen ergaben sich aus den anderen Abschnitten. Bei der KfW-Bank lagen bis zum 12. Juni 2020 61.403 Anträge zu allen entsprechenden Hilfsprogrammen der Bundesregierung vor. Dies entspricht einem Antragsvolumen (in Millionen EUR) von insgesamt 46.871,1. Die meisten KfW-Darlehen dienen der Finanzierung der Betriebsmittel.
Die Sichtweise der Vertreter der EU-Kommission sowie des Bundeswirtschaftsministeriums können uneingeschränkt befürwortet weerden. Das Tempo aller beteiligten Akteure war von Ende März bis heute mehr als beeindruckend. Die durch den befristeten erweiterten Beihilferahmen geschaffenen Räume wurden vom Bundesgesetzgeber nahezu parallel innerhalb weniger Tage mit einem umfassenden Wirtschaftsstabilisierungsfonds ausgefüllt. Zwar führte dies zu einiger Kritik anderer Staaten. Jedoch darf nicht verkannt werden, dass Deutschland die „Lokomotive“ der europäischen Wirtschaft ist. Wichtiger ist jedoch, dass alle Hilfen das Überleben eines Großteils der deutschen Privatwirtschaft gesichert haben. Aus kommunaler Sicht ist jedoch eine dauerhafte Anpassung des beihilferechtlichen Rahmens für D.a.w.I., beispielsweise die Leitlinien für Umwelt- und Energiebeihilfen, hinsichtlich Innovationen (Digitalisierung, Sektorkopplung) und Krisenvorsorge / -bekämpfung vor Ort, wichtig. Die Krise belegt, dass der Gedanke der Versorgungssicherheit wieder in den Vordergrund gerückt werden muss und bisherige Leitziele der EU wie der „Binnenmarkt“ und „effet utile“ zu diesem Zweck nicht (mehr) allein entscheidende Kriterien sein dürfen. Darüber hinaus sollte überprüft werden was, aus dem befristeten beihilferechtlichen Rahmen im Interesse der weiteren Stabilisierung der Wirtschaft und des Bürokratieabbaus in den dauerhaften beihilferechtlichen Rahmen überführt werden sollte.
Az.: 28.2-001/001 we