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Mitteilungen - Recht, Personal, Organisation
StGB NRW-Mitteilung 129/1996 vom 20.03.1996
Beihilfeversicherung
Die Geschäftsstelle hat von dem nachfolgend wiedergegebenen Schreiben des Innenministeriums NW vom 22. 01.1996 Kenntnis erlangt:
"Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Nordrhein-Westfalen hat darauf hingewiesen, daß die von verschiedenen Kommunen erwogene und möglicherweise bereits vollzogene Übermittlung von Beschäftigtendaten an Dritte im Rahmen der Beihilfebearbeitung aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht zulässig ist. Dies betrifft insbesondere die Beihilfeabrechnung durch private Versicherungsunternehmen, die auf der Grundlage von zwischen den Dienststellen und den Unternehmen abgeschlossenen Verträgen die vollständige Abwicklung der Beihilfe übernehmen. Zu diesem Zweck würden die gesamten Unterlagen, wie Arzt- und Krankenhausrechnungen, an die privaten Unternehmen weitergeleitet. Die betroffenen Gemeinden verstoßen damit gegen § 102a Landesbeamtengesetz (LBG) i.V. m. § 15 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 der Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) - BVO -.
Der Standpunkt des Datenschutzbeauftragten zur Unzulässigkeit der Beihilfenbearbeitung durch Versicherungsunternehmen wird von mir geteilt. Unabhängig davon ist durch eine Ergänzung des § 2 des Gesetzes über die kommunalen Versorgungskassen und Zusatzversorgungskassen im Lande Nordrhein-Westfalen (VKZVKG) und eine entsprechende Anpassung der BVO beabsichtigt, den Gemeinden (GV) die Möglichkeit zu eröffnen, die Bearbeitung von Beihilfen auf freiwilliger Basis auf die beiden kommunalen Versorgungskassen (Rheinische Versorgungskasse und Westfälisch-Lippische Versorgungskasse) zu übertragen. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag wird von mir derzeit vorbereitet.
Ich bitte um Kenntnisnahme und Beachtung. Die Kreise bitte ich um entsprechende Unterrichtung der kreisangehörigen Städte und Gemeinden ihres Bereiches."
Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NW (Landkreistag NW, NWStGB, Städtetag NW) teilt diese Rechtsauffassung nicht und hält weiter an ihrer bereits in Mitteilungen NWStGB veröffentlichten Rechtsauffassung fest. Im einzelnen hat die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NW das nachfolgend wiedergegebene Schreiben an das Innenministerium NW gerichtet:
"Wir teilen die in der Beanstandung des Datenschutzbeauftragten dargelegten Rechtsauffassungen nicht.
1. Aus § 102a LBG ergibt sich unseres Erachtens nicht zwingend, daß die Beihilfeberechnung und -auszahlung vom Dienstherrn selbst vorzunehmen ist und Private nicht für Hilfstätigkeiten herangezogen werden dürfen. Wir verweisen insoweit auf ein Schreiben des Bayerischen Finanzministeriums vom 18.03.1994 an den Bayerischen Datenschutzbeauftagten, in dem dieses ausdrücklich feststellt, daß das wegen der Vorgaben des BRRG im Landesbeamtenrecht ähnlich wie in Nordrhein-Westfalen ausgestaltete bayerische Personalaktenrecht einer Einschaltung privater Versicherer nicht zwingend entgegensteht. Im übrigen weisen wir darauf hin, daß sich die Sachlage hinsichtlich der Angebote des Gemeindeversicherungsverbandes anders darstellt, weil es sich bei der Pfälzischen Pensionsanstalt, bei der ggf. Vorgänge entstehen, die "Beihilfeakten" vergleichbar sind, um eine öffentlich-rechtliche Körperschaft handelt. Das Landesbeamtengesetz NW steht daher einer Beihilfeberechnung oder -auszahlung durch Dritte unserer Erachtens nicht entgegen.
2. Die Übermittlung personenbezogener Daten zur Durchführung der Beihilfeberechnung und -auszahlung an Dritte ist auch nach dem LandesdatenschutzgesetzNW zulässig. Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Satz 1a Datenschutzgesetz NW sind gegeben. Die kommunalen Gebietskörperschaften schalten in den in Rede stehenden Fällen Dritte nur für die Hilfstätigkeiten der Beihilfeberechnung und -auszahlung ein. Sie bleiben weiterhin gegenüber ihren Bediensteten Anspruchsgegner der sich aus dem Beihilferecht ergebenden Verpflichtungen. Die Einschaltung Dritter für die Hilfstätigkeiten ist erforderlich, um der gesetzlichen Verpflichtung einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung nachkommen zu können. Denn die Berechnung und Auszahlung der Beihilfe durch Dritte ist bei den Kommunen, die diese Möglichkeiten in Anspruch nehmen wollen, wirtschaftlicher, kostengünstiger und effizienter als die Erledigung dieser Aufgaben durch eigenes von den betreffenden kommunalen Gebietskörperschaften vorzuhaltendes Personal. Sie ist daher zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der kommunalen Gebietskörperschaften liegenden Aufgabe der Beihilfefestsetzung und -auszahlung als erforderlich im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 a Datenschutzgesetz NW anzusehen. Die zusätzlich in § 16 Abs. 1 Satz 1a Datenschutzgesetz NW geforderten Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Datenschutzgesetz NW liegen ebenfalls vor. Die Zweckverbindung der Daten bei den Versicherungsträgern , die von den kommunalen Gebietskörperschaften für die Beihilfeberechnung und -auszahlung herangezogen werden, ist durch entsprechende Verpflichtungserklärungen der Versicherungsträger sichergestellt. Wir verweisen insoweit auf das Schreiben des Versicherungsverbandes für Gemeinden und Gemeindeverbände vom 15.08.1995.
Die Auffassung des Landesdatenschutzbeauftragten hat vermutlich erhebliche Konsequenzen für die Möglichkeit der kommunalen Gebietskörperschaften, ihre Aufgaben effizient und effektiv so kostengünstig wie möglich zu erledigen. Ihre Auswirkungen beschränken sich vermutlich nicht nur auf das Beihilferecht. Die Auffassung des Datenschutzbeauftragten stünde wohl auch Absichten entgegen, private Rechenzentren für die Erledigung von Hilfstätigkeiten bei der Erfüllung von öffentlichen Aufgaben heranzuziehen, soweit damit die Übermittlung von personenbezogenen Daten verbunden ist (z.B. Berechnung und Zahlbarmachung der Besoldung und Vergütung für kommunalen Bedienstete etc.). Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie uns mitteilen könnten, inwieweit Sie die Auffassung des Datenschutzbeauftragten teilen und inwieweit Sie ggf. Initiativen mit dem Ziel entwickeln werden, durch eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen mögliche rechtliche Zweifel an der Einschaltung Privater auszuschalten. Dabei sollte selbstverständlich sein, daß der Datenschutz durch solche Änderungen der gesetzlichen Grundlagen materiell nicht leiden darf. Daß dies möglich ist, zeigt das Beispiel der Beihilfeversicherung. Durch die Auslagerung der Beihilfeberechnung und Beihilfeauszahlung wird insbesondere in kleineren kommunalen Gebietskörperschaften Datenschutzbelangen sogar besser Rechnung getragen, da dadurch die im Interesse des Datenschutzes wünschenswerte Abschottung der Beihilfebearbeitung von der Personalverwaltung effektiver erreicht werden kann.
Für keine vertretbare Alternative halten wir es, mögliche rechtliche Zweifelsfragen zunächst auf dem Gerichtswege klären zu lassen. Angesichts der Haushaltssituation der kommunalen Gebietskörperschaften ist es nicht hinnehmbar, langwierige Rechtsstreite über diese Frage vor den Gerichten auszutragen. Dies stünde der Notwendigkeit entgegen, jede vertretbare Möglichkeit zur Kosteneinsparung sofort wahrnehmen zu können."
Az.: I/1 047-00-3 wi/gt