Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 153/2024 vom 07.02.2024

Berechnung der Konzessionsabgabe Strom bei Messung durch Dritten

Das OLG Braunschweig hat mit Urteil vom 05.10.2023 (8 U 43/22) entschieden, dass die gesetzliche Mengengrenzregelung zur Bemessung der Konzessionsabgaben Strom (§ 2 Abs. 7 KAV) auch bei Messung durch einen dritten Messstellenbetreiber anwendbar ist. Das nun schriftlich vorliegende Urteil finden Sie hier. Es ist nicht erforderlich, dass die Messung der Leistung durch den Netzbetreiber selbst erfolgt. Damit stellt sich das Gericht gegen Entscheidungen des OLG Schleswig (Beschluss vom 26.01.2021, Az.: 16 U 125/20) und des OLG Celle (Urteil vom 17.02.2020, Az. 13 U 24/19), die mit Bezug auf Wortlaut und Begründung der Konzessionsabgabenverordnung (KAV) zu einem anderen Ergebnis kommen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, macht aber einmal mehr den dringenden Reformbedarf der KAV deutlich.

Klägerin ist ein Seniorenheim, das in den Jahren 2016 – 2022 jeweils mehr als 30.000 kWh Strom im Jahr abgenommen hatte, bei jeweils mehrfacher Überschreitung einer Leistung von 30 KW. Die Messung erfolgte nicht über den Netzbetreiber, sondern über einen dritten Messstellenbetreiber. Der Netzbetreiber hatte unter Berufung auf eine Entscheidung des OLG Schleswig trotzdem die höhere Tarifkunden-Konzessionsabgabe berechnet, da die Messung eines dritten Messstellenbetreibers für die Anwendung des § 2 Abs. 7 S. 1 KAV nicht ausreiche. § 2 Abs. 7 S. 1 der Verordnung über Konzessionsabgaben für Strom und Gas (Konzessionsabgabenverordnung - KAV) regelt: „Unbeschadet des § 1 Abs. 3 und 4 gelten Stromlieferungen aus dem Niederspannungsnetz (bis 1 Kilovolt) konzessionsabgabenrechtlich als Lieferungen an Tarifkunden, es sei denn, die gemessene Leistung des Kunden überschreitet in mindestens zwei Monaten des Abrechnungsjahres 30 Kilowatt und der Jahres-verbrauch beträgt mehr als 30.000 Kilowattstunden.“

Wesentliche Entscheidungsgründe

Anders als das OLG Schleswig und das OLG Celle hält das OLG Braunschweig die Messung durch einen dritten Messstellenbetreiber für ausreichend. Die KAV nimmt nach Auffassung des OLG Braunschweig in § 2 Abs. 7 KAV nur auf die "gemessene Leistung des Kunden" und den "Jahresverbrauch" Bezug. Dies spricht aus Sicht des Gerichts dafür, dass es auf die tatsächlichen Werte ankommt und nicht darauf, von wem und aus welchem Anlass diese gemessen worden sind. Weitergehende Einschränkungen enthalte der Wortlaut des § 2 Abs. 7 Satz 1 KAV nicht. Welchen konkreten Anforderungen die Messung genügen muss, werde in der Konzessionsabgabenverordnung nicht festgelegt. Insbesondere werde nicht gefordert, dass es sich um eine Messung des Energieversorgers oder des Netzbetreibers zum Zwecke der Entgeltabrechnung handeln muss. Sinn und Zweck der Regelung gingen dahin, einem Missbrauch durch die Wahl einer Vertragsgestaltung vorzubeugen, welche das Konzessionsabgabenaufkommen willkürlich verringert. Es bestünden auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher "typischer" Sondervertragskunde nur dann anzunehmen ist, wenn Leistungswerte auch tatsächlich zum Zwecke der Abrechnung der Energielieferung bzw. des Netzentgeltes gemessen werden. Entscheidendes Differenzierungs-merkmal sei vielmehr neben dem Jahresverbrauch an Energie allein der tatsächliche Leistungsbedarf. Für ein solches Verständnis des § 2 Abs. 7 Satz 1 KAV spreche auch dessen systematische Stellung. Während § 1 Abs. 3, 4 KAV grundlegend nicht auf das Abnahmeverhalten, sondern auf die vertragliche Ausgestaltung des Lieferverhältnisses abstellten, stelle § 2 Abs. 7 KAV eine Ausnahmeregelung hiervon dar, die konsequenterweise das Abnahmeverhalten berücksichtige, nicht aber die vertragliche Ausgestaltung des Lieferverhältnisses. Das OLG Braunschweig hat die Revision gegen das Urteil zugelassen.

Die Entscheidung macht sehr deutlich, dass die KAV von 1992 immer wieder zu schwierigen Auslegungsfragen führt, weil sich der Rechtsrahmen für die Energieversorgung seitdem grundlegend verändert hat, die Systematik der KAV dagegen weitgehend gleichgeblieben ist Die kommunalen Spitzenverbände setzen sich deshalb bereits seit geraumer Zeit für eine Novellierung der KAV ein, die diese systematischen Brüche künftig verhindert und zugleich das Aufkommen der Gemeinden langfristig absichert.

Der DStGB hat hierzu in Zusammenarbeit mit den Landesverbänden ein Positionspapier unter dem Titel „Kernforderungen: Konzessionsabgabe reformieren – kommunale Einnahmen sichern“ veröffentlicht: https://www.dstgb.de/themen/energiewende/aktuelles/papier-des-dstgb-zur-reform-der-konzessionsabgabenverordnung/

Az.: 28.7.1-008/003

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