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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 473/2017 vom 16.08.2017
Bertelsmann-Studie zu Investitionen der öffentlichen Hand
Die Bertelsmann Stiftung hat am 14.08.2017 die in ihrem Auftrag vom Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e.V. an der Universität Leipzig erstellte Studie „Investitionen der öffentlichen Hand — Die Rolle der öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen“ vorgelegt (abrufbar im Internet-Angebot der Bertelsmann Stiftung unter https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/inclusive-growth/projektnachrichten/investitionen-der-oeffentlichen-hand/). Die Investitionstätigkeit der öffentlichen Hand, vor allem der Kommunen, steht seit geraumer Zeit im öffentlichen und politischen Fokus. Daher sind Informationen über Investitionen außerhalb der Kernhaushalte von Interesse, die dem kommunalen Bereich zugeordnet werden.
Die Studie „Investitionen der öffentlichen Hand - Die Rolle der öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen“ basiert auf einer Sondererhebung des Statistischen Bundesamtes. Sie gibt damit erstmals einen systematischen Einblick in die öffentlichen Investitionen der ausgelagerten Fonds, Einrichtungen und Unternehmen (FEU) von Bund, Ländern und Kommunen, auch aufgeschlüsselt nach Wirtschaftszweigen. Dabei ist der Betrachtungszeitraum 2001-2013 zu Grunde gelegt. Anzumerken ist dabei, dass nach der Systematik dieser Untersuchung auch die Investitionen von FEU wie z.B. Stadtwerken mit einbezogen werden, die ganz oder teilweise im privatwirtschaftlichen Sektor an einer Marktproduktion beteiligt sind, aber öffentlich bestimmt werden.
Nach dieser Studie werden außerhalb der Kernhaushalte Investitionen in erheblichem Umfang vorgenommen, in einzelnen Ländern und Kommunen sind die dort bewegten Volumina so hoch wie in den Kernhaushalten selbst. Am grundsätzlichen Befund einer zu niedrigen öffentlichen Investitionsquote ändert dies jedoch kaum etwas. Ein absinkender Trend der Investitionen hat sich insbesondere auf der kommunalen Ebene verfestigt. Rechnet man die Investitionen der öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen zu denen aus den Kernhaushalten hinzu, ergibt sich der Befund, dass das Niveau der so gemessenen öffentlichen Investitionen insgesamt zwar ansteigt, der fallende Trend bleibt aber. Festgestellt wurden auch wieder große regionale Unterschiede bei den öffentlichen Investitionen. Insbesondere die west- und norddeutschen Flächenländer investieren deutlich weniger, als der Länderdurchschnitt.
Die Investitionstätigkeit von FEU im öffentlichen Bereich spielt besonders auf der kommunalen Ebene eine große Rolle und wirkt sich dementsprechend auf die gesamte öffentliche Investitionstätigkeit aus. Aber nur mit relativen Schlussfolgerungen: Der Investitionsrückstand in den Kernhaushalten von Bund, Ländern und Gemeinden wird auch bei Einbeziehung der Zugänge an Sachanlagen der Extrahaushalte und sonstigen FEU bestätigt. Zwar steigen die investiven Ausgaben bei der Betrachtung von deren absolutem Niveau; jedoch ist in deren Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (Bruttoinvestitionsquoten) ein absinkender Trend feststellbar, der sich insbesondere auf der Kommunalebene manifestiert hat.
Ausgelagerte Investitionen
Insgesamt verzeichnete die Kommunalebene im Jahr 2013 aus den Kernhaushalten ausgelagerte Investitionsausgaben in Höhe von 50,5 Milliarden Euro. Dies waren etwa so viele Investitionsausgaben wie auf Bundes- und Länderebene zusammen, was die Bedeutung der Kommunalebene in Bezug auf die öffentlichen Investitionen in Deutschland unterstreicht. Dabei fällt auf, dass die Kommunen einen sehr großen Teil ihrer Bruttoinvestitionen in den Bereich der sonstigen FEU - also der marktorientierten Unternehmen - auslagern. Auf der kommunalen Ebene werden insgesamt nur etwas mehr als 45 Prozent der Investitionen im Kernhaushalt verbucht. Während in den Extrahaushalten kaum Investitionsausgaben (rd. 3 %) wahrgenommen werden, sind es bei den sonstigen FEU mehr als 52 Prozent.
Mit insgesamt 6,8 Milliarden Euro an Bruttoinvestitionen stellt die Energieversorgung den mit Abstand größten Posten investiver Ausgaben außerhalb des Kernbudgets dar, der größtenteils durch kommunale Stadtwerke getragen wird. Von diesen hohen Investitionsausgaben tragen die Kommunen der westdeutschen Flächenländer (rd. 5,9 Mrd. Euro) den deutlich größeren Anteil. Neben den zahlreichen Wohnungsbaugesellschaften in der Sparte des Wohnungs- und Grundstückswesens (ungefähr 3,04 Mrd. Euro), die sich zu weiten Teilen auf die Kommunen Nordrhein-Westfalens (521 Mio. Euro), Bayerns (490 Mio. Euro) und Brandenburgs (429 Mio. Euro) verteilen, tragen die öffentlichen Unternehmen im Gesundheitswesen (ca. 3,02 Mrd. Euro) einen bedeutenden Anteil an den Investitionen der sonstigen FEU der kommunalen Ebene.
Zwei weitere essentielle kommunale Aufgabenfelder sind die Wasserversorgung (ca. 1,85 Mrd. Euro) sowie die Abwasserentsorgung (rd. 2,77 Mrd. Euro), die u. a. von zahlreichen kommunalen Zweckverbänden wahrgenommen werden. Weitere 5,76 Milliarden Euro an investiver Tätigkeit können keinem der genannten Wirtschaftszweige direkt und eindeutig zugeordnet werden. Folgende zentrale Erkenntnisse werden in der Studie im Rahmen der Analyse für den Zeitraum 2001—2013 gezogen:
- Generell ist über den Zeitraum (beim Bund erst seit 2010) ein Anstieg der Anzahl von Unternehmen in Extrahaushalten und sonstigen FEU zu vermerken. Weiterhin kann festgestellt werden, dass die FEU im Durchschnitt auf allen Gebietskörperschaftsebenen positive Ergebnisse erzielt haben und damit den Ausgleich der Kernhaushalte eher begünstigen als erschweren.
- Der Bund verfügt über wenige, aber zugleich große FEU. Die mit Abstand meisten FEU existieren auf der Kommunalebene; diese prägen das Gesamtergebnis der FEU aufgrund ihrer hohen Anzahl. Die Investitionsvolumina je Unternehmen sind entsprechend wesentlich geringer als auf der Bundes- oder Länderebene.
- Der Investitionsrückstand in den Kernhaushalten von Bund, Ländern und Gemeinden wird auch infolge der Einbeziehung der Zugänge an Sachanlagen der Extrahaushalte und sonstigen FEU bestätigt. Zwar steigen die investiven Ausgaben bei der Betrachtung von deren absolutem Niveau; jedoch ist in deren Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (also den Bruttoinvestitionsquoten) ein absinkender Trend feststellbar, der sich insbesondere auf der Kommunalebene manifestiert hat.
- Auf der Ebene des Bundes fiel auf, dass durch die Sparte des Grundstücks- und Wohnungswesens im Zeitverlauf zwischen 2010 und 2013 stark schwankende investive Ausgaben generiert wurden. Auf der Seite der sonstigen FEU fällt ein Großteil der Zugänge zu Sachanlagen im Bereich des Landverkehrs an, worin aber nur ein Teil der Bruttoinvestitionen der Deutschen Bahn AG ausgelagert wird. Vermutlich handelt es sich dabei nur um diverse ausgelagerte Tochterunternehmen.
- Auf der Länderebene werden investive Ausgaben vorrangig im Bereich des Grundstücks- und Wohnungswesens in die FEU ausgelagert. Dieser Effekt wird jedoch durch die Stadtstaaten verzerrt, die die Landes- und Kommunalebene in ihren öffentlichen Haushalten vereinigen. So werden u. a. die Investitionen von Wohnungsbaugesellschaften und (im konkreten Falle Berlins) der Wasserversorgung in den FEU der Länderebene verbucht, die aber infolge der öffentlichen Aufgabenteilung grundsätzlich bei den Kommunen anfallen würden.
Dementsprechend unterscheidet sich auch die generelle Auslagerungstätigkeit bezüglich öffentlicher Investitionen zwischen den Stadtstaaten und Flächenländern deutlich. In Bezug auf die (Flächen-)Länderebene wird im ostdeutschen Raum vor dem Hintergrund der Solidarpaktmittel deutlich mehr investiert als im westdeutschen Raum — allerdings konzentriert sich die Investitionstätigkeit in den Kernhaushalten. - Im Unterschied zur Länderebene ist auf der Kommunalebene eine höhere Investitionstätigkeit pro Einwohner in den westdeutschen Ländern gegenüber den ostdeutschen Ländern feststellbar. Die Kommunen lagern dabei ihre öffentlichen Investitionen vor allem in die wirtschaftlich mehrheitlich kostendeckenden sonstigen FEU aus.
Az.: 41.0.1-008/003 mu