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Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr
StGB NRW-Mitteilung 607/2009 vom 26.10.2009
Beseitigung von Ölspuren und Straßenreinigungsgesetz (StrReinG)
Im Streit um die Frage, wer innerhalb der Ortsdurchfahrten für die Beseitigung von Ölspuren und anderen Unfallspuren verantwortlich und damit kostenpflichtig ist, hat das VG Düsseldorf aktuell mit Urteil vom 9.10.2009 (26 K 8825/08) die Rechtsauffassung der Geschäftsstelle eindrucksvoll bestätigt. Der Städte- und Gemeindebund ist der Auffassung, dass die Beseitigung von Ölspuren kein Fall der gemeindlichen Straßenreinigungsleistung i.S.d. Straßenreinigungsgesetzes ist, vielmehr eine über das übliche Maß hinausgehende Verschmutzung bzw. ein Unglücksfall. Der Landesbetrieb Straßen.NRW hat dieser Rechtsauffassung bislang bestritten, um nicht die Kosten für Ölspuren in Ortsdurchfahrten klassifizierter Straßen übernehmen zu müssen.
Das VG Düsseldorf begründet diese Rechtslage wie folgt:
Der Landesbetrieb ist neben der Feuerwehr als andere Einrichtung zur Schadensverhütung und Schadensbekämpfung i.S.v. § 2 Abs. 2 FWS verpflichtet. Diese Verpflichtung folgt aus § 9 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW i.V.m. § 9 a Abs. 1 Sätze 2 und 1 StrWG NRW. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW umfasst die Straßenbaulast alle mit dem Bau und der Unterhaltung zusammenhängenden Aufgaben. In Ergänzung dessen bestimmt § 9 a Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW, dass die mit dem Bau und der Unterhaltung der öffentlichen Straßen einschließlich der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben den Bediensteten der damit befassten Körperschaften als Amtspflichten in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit obliegen. Das gleiche gilt gem. Satz 2 für die Erhaltung der Verkehrssicherheit. Aus der Verkehrssicherungspflicht folgt insbesondere die Pflicht des Straßenbaulastträgers, durch Ölspuren entstandene Gefahren für die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu beseitigen.
Wird im öffentlichen Straßenraum einer Straße eine Ölspur entdeckt, so hat der Träger der Straßenbaulast daher im Rahmen der ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht entsprechende Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen.
Der Landesbetrieb ist für den gesamten durch die Feuerwehr gereinigten Bereich der Landesstraße Straßenbaulastträger und damit zugleich Verkehrssicherungspflichtiger. Die aus der Verkehrssicherungspflicht begründete Pflicht des Landesbetriebs, die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen, wird nicht dadurch ersatzlos verdrängt, dass die Stadt innerhalb der geschlossenen Ortslage gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 StrReinG NRW verpflichtet ist, die öffentlichen Straßen zu reinigen. Würde man die Gemeinden in Nordrhein-Westfalen aufgrund des Straßenreinigungsgesetzes NRW als verpflichtet ansehen, Ölspuren auf öffentlichen Straßen zu beseitigen, so bestünde diese Pflicht jedenfalls gleichrangig neben der entsprechenden Pflicht des Straßenbaulastträgers, ohne diese ersatzlos zu verdrängen. Werden durch positives Recht unterschiedlichen Rechtsträgern Pflichten mit sich überschneidendem Inhalt auferlegt, so bestehen diese Pflichten nach allgemeinen Regeln der Gesetzessysthematik regelmäßig gleichrangig nebeneinander, es sei denn, das Recht selbst ordnet ausdrücklich den Vorrang einer Pflicht an. Eine solche Regelung enthält das Straßenreinigungsgesetz NRW nicht.
Die (vom Straßenbetrieb vorgetragene) Erwägung, die polizeimäßige Reinigung umfasse als weitergehende Pflicht die verkehrsmäßige Reinigung und schließe notwendig die an sich unter die verkehrsmäßige Reinigung fallenden Leistungen ein, ist rein ergebnisorientiert; eine tragfähige Begründung liefert sie nicht. Soweit angeführt wird, die Reinigungsgesetze oder —vorschriften mit ordnungsrechtlichem Bezug würden Reinigungspflichten aus anderem Rechtsgrund, insbesondere aus der Verkehrssicherungspflicht verdrängen und allgemein werde der Vorrang der öffentlichen vor der privaten Rechtspflicht angenommen, ist dem entgegenzuhalten, dass dem nordrhein-westfälischen Straßenreinigungsgesetz jegliche Kennzeichnung der Reinigungspflicht als polizei- oder ordnungsgemäße fehlt und ausweislich der Gesetzesbegründung eine Zuwendung hin zu einem Gesetz der Daseinsvorsorge beabsichtigt war. Demgegenüber ist dem Straßenbaulastträger mit der Einführung von § 9 a StrWG NRW die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht als hoheitliche Aufgabe übertragen worden. Damit hat sich auch die Erwägung des Vorrangs der öffentlichen vor der privaten Pflicht erledigt.
Gefahrbeseitigungsmaßnahmen aus Anlass der Ölverunreinigung einer Straße stellen keine Maßnahmen zur Erfüllung der Straßenreinigungspflicht dar. Die Straßenreinigung umfasst neben der Winterwartung die Sauberhaltung der Fahrbahnen und Gehwege. Sie hat turnusgemäß nach den örtlichen Erfordernissen zu erfolgen.
Die nach einem Ölunfall erforderlichen Maßnahmen gehen über diese Pflichten hinaus. Neben dem Abstreuen mit Ölbindemittel und dessen späterer Wiederaufnahme sind regelmäßig aus Gründen der Verkehrssicherheit auch Warnschilder aufzustellen. Unter Umständen muss der betreffende Straßenteil auch vorübergehend gesperrt werden. Die Straßenreinigungspflicht umfasst aber weder die Pflicht, vor temporär gefährlichen Straßenabschnitten zu warnen, noch die Pflicht, etwaige gefährliche Straßenteile vorübergehend zu sperren. Darüber hinaus kann es in Einzelfällen auch zu Gefahrenabwehrmaßnahmen ohne Reinigung kommen, etwa wenn eine Aufnahme des Öls durch Bindemittel wegen des Alters der Ölspur und/oder wegen der Beschaffenheit der Straße nicht angezeigt ist, aber dennoch vorübergehend eine Gefahr für Verkehrsteilnehmer verbleibt.
Gegen die Annahme, die Straßenreinigungspflicht aus dem Straßenreinigungsgesetz NRW schließe die Gefahrbeseitigung bei Ölunfällen auf der Straße ein, spricht auch, dass für die Straßenreinigung von den Eigentümern der durch die Straße erschlossenen Grundstücke Benutzungsgebühren erhoben werden können. Wäre eine Hilfeleistung bei einem Unglücksfall in Gestalt einer Ölspurbeseitigung Straßenreinigung, könnten die Kosten hierfür in die Gebührenkalkulation eingezogen werden. Bei einem umfangreichen Ölunfall in einer kleinen Abrechnungseinheit könnte dies für die einzelnen Gebührenschuldner zu unüberschaubaren Kosten führen. Weil die Gefahrbeseitigung aber typischerweise im Interesse der Verkehrsteilnehmer und nicht im überwiegenden Interesse der erschlossenen Grundstückseigentümer liegt, besteht keine Rechtfertigung, diesen die Kosten hierfür aufzuerlegen. Es ist auch nicht ersichtlich, wie die Hilfeleistungspflicht bei Ölspuren den Eigentümern der angeschlossenen Grundstücke übertragen werden könnte. Diesen fehlt es nämlich schon an geeigneten Hilfsmitteln.
Auch bezüglich des Hinweises des Straßenbetriebs, ein Unglücksfall liege nur außerhalb der üblichen Dienststunden des Trägers der Straßenbaulast vor, bestätigt das VG Düsseldorf die Auffassung der Geschäftsstelle, wenn es ausführt: Ungeachtet dessen erschließt sich für die Kammer nicht, dass eine Zuständigkeit der Feuerwehr nur für außerhalb der üblichen Dienststunden des Trägers der Straßenbaulast durchgeführte Hilfeleistungen bestehen könnte. Denn der Zeitpunkt des Eintritts eines den Begriff „Unglücksfall“ ausfüllenden Ergebnisses ist unerheblich. Für die Frage der Zuständigkeit der Feuerwehr, die an das Vorliegen eines Unglücksfalls geknüpft ist, kommt es nicht darauf an, ob das Ereignis während oder außerhalb der üblichen Dienststunden des Trägers der Straßenbaulast eintritt. Die Feuerwehr ist vielmehr auch bei Unglücksfällen, die während der üblichen Dienststunden des Trägers der Straßenbaulast eintreten, prinzipiell zur Hilfeleistung berechtigt und verpflichtet. Sie kann jedoch ermessensfehlerfrei von einer tatsächlichen Hilfeleistung absehen, wenn der Träger der Straßenbaulast mit eigenen personellen und sachlichen Mitteln Selbsthilfe leisten kann.
Az.: III/1 642-33/3