Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 26/2021 vom 22.02.2021

Addieren elektrischer Nennleistung verhindert Stromsteuerbefreiung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15.09.2020 (Az. VII R 30/19) eine Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg (FG) zur Stromsteuerbefreiung für Strom aus Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung bis 2 MW korrigiert. Unter welchen Voraussetzungen die elektrische Nennleistung verschiedener Stromerzeugungsanlagen gemäß § 9 Absatz 1 Nummer 3 Stromsteuergesetz (StromStG) zu addieren ist, war eine wesentliche Frage des Revisionsverfahrens. Für Energieversorgungsunternehmen bedeutet die Entscheidung des BFH, dass die bislang bestehende Rechtlage unverändert bleibt.

Sachverhalt

Bei dem im Ausgangsverfahren klagenden Unternehmen handelt sich um einen Stadtwerkebetrieb, welcher mehrere Anlagen (verschiedene Motoren), die sich in demselben Gebäude befanden, betreibt. Bei den Motoren handelte es sich um zwei Rohbiogasmotoren mit einer gemeinsamen elektrischen Nennleistung von unter 2 MW und zwei Erdgasmotoren mit einer addierten elektrischen Gesamtnennleistung von mehr als 2 MW. Das Hauptzollamt war der Auffassung, der gesamte erzeugte Strom sei steuerpflichtig, denn die Nennleistung der Anlagen hätte nach § 12 b StromStV zusammengerechnet werden müssen. Das Stadtwerk klagte gegen die rechtliche Verklammerung von vier Kraft-Wärme-Kopplung-Gasmotoren zu einer Stromerzeugungsanlage.

Verfahren vor dem Finanzgericht

Das Finanzgericht Hamburg folgte dem Stadtwerk und entschied, dass der Strom, der in den Biogasmotoren hergestellt wurde, nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG steuerbefreit sei. Nach Auffassung des Gerichts unterscheiden sich die Rohbiogasmotoren in Technik und Funktion von den Erdgasmotoren grundlegend.

Revisionsverfahren beim BFH

Hiergegen ging das Hauptzollamt erfolgreich in Revision. Laut dem BFH sei die Auslegung des in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG enthaltenen Anlagenbegriffs durch das Finanzgericht unzutreffend gewesen und habe nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprochen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sei ausgehend von dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung von einem funktionsbezogenen Anlagenbegriff auszugehen, der eine isolierte Betrachtung einzelner Module verbietet. Denn die steuerliche Freistellung von Anlagen mit geringer Stromerzeugung soll insbesondere die dezentrale Stromerzeugung in Kleinanlagen fördern.

Demnach seien die verschiedenen Motoren miteinander unmittelbar verbunden. Nach Auffassung der Richter spreche dafür zum einen, dass die einzelnen Komponenten aufeinander abgestimmt seien. Zusätzlich sei insbesondere auch deshalb von einer Anlage auszugehen, da die in den vier Motoren erzeugte Wärme erst in gemeinsamen Wärmespeichertanks gemischt und gespeichert und dann je nach Fernwärmebedarf der Klägerin weiter erhitzt oder direkt in ihr Fernwärmenetz eingespeist wurde. Dass zwei Motoren mit Rohbiogas und die zwei anderen mit Erdgas betrieben würden, führt nach Auffassung des Gerichts zu keiner anderen Beurteilung.

Hintergrund der Entscheidung

Wird von Unternehmen in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von weniger als 2 MW Strom erzeugt, kann dieser im räumlichen Zusammenhang zur Anlage (ca. 4,5 km) stromsteuerfrei an Letztverbraucher geleistet oder zum Eigenverbrauch entnommen werden. Aus § 12b StromStV ergibt sich, was als eine Anlage anzusehen ist. Den Begriff Modulbauweise definiert die StromStV jedoch nicht. Üblicherweise versteht man unter einem Modul einen Baustein bzw. ein Bauelement, das einerseits in sich eine gewisse (räumliche) Abgeschlossenheit bzw. eigenständige Funktionalität aufweist und andererseits durch seine Struktur und vorhandene Schnittstellen dafür vorgesehen ist, in ein größeres System integriert zu werden.

Das vollständige Urteil ist zu finden unter www.bundesfinanzhof.de.

Az.: 28.6.1-002/012 we

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