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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 415/2018 vom 15.08.2018
Bundesfinanzhof zu Umsatzsteuer bei Leistungen von Sportvereinen
Der Bundesfinanzhof sieht Leistungen, die Sportvereine gegen gesondertes Entgelt erbringen, als nicht ohne Weiteres umsatzsteuerfrei an. Mit Beschluss vom 21.06.2018 hat er deshalb ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob die gegenüber dem nationalen Recht günstigere unionsrechtliche Regelung unmittelbar zur Anwendung kommt (Az.: V R 20/17).
Der Kläger, ein Golfverein, erbrachte verschiedene Leistungen gegen gesondert vereinbartes Entgelt. Dabei handelte es sich insbesondere um die Berechtigung zur Nutzung des Golfspielplatzes (Greenfee), um die leihweise Überlassung von Golfbällen für das Abschlagstraining mittels eines Ballautomaten und um die Durchführung von Golfturnieren, bei denen der Kläger Startgelder für die Teilnahme vereinnahmte. Das beklagte Finanzamt sah diese Leistungen als umsatzsteuerpflichtig an. Demgegenüber bejahte das FG der ersten Instanz eine Steuerfreiheit, die sich zwar nicht aus dem nationalem Recht, aber aus dem Unionsrecht und dabei aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL ergebe.
Hieran zweifelt der BFH. Aus der Rechtsprechung des EuGH könne abgeleitet werden, dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL keine unmittelbare Wirkung zukomme, sodass sich Steuerpflichtige auf diese Bestimmung nicht berufen könnten, um sich gegen eine Steuerpflicht nach nationalem Recht zu wehren. Er legt dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:
- Kommt Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL, nach dem "bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben", unmittelbare Wirkung zu, sodass sich Einrichtungen ohne Gewinnstreben bei fehlender Umsetzung unmittelbar auf diese Bestimmung berufen können?
- Bei Bejahung der ersten Frage: Handelt es sich bei der "Einrichtung ohne Gewinnstreben" i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL um einen autonom unionsrechtlich auszulegenden Begriff oder
- sind die Mitgliedstaaten befugt, das Vorliegen einer derartigen Einrichtung von Bedingungen wie § 52 i.V.m. § 55 AO (oder den §§ 51 ff. AO in ihrer Gesamtheit) abhängig zu machen?
- Falls es sich um einen autonom unionsrechtlich auszulegenden Begriff handelt: Muss eine Einrichtung ohne Gewinnstreben i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL über Regelungen für den Fall ihrer Auflösung verfügen, nach denen sie ihr dann vorhandenes Vermögen auf eine andere Einrichtung ohne Gewinnstreben zur Förderung von Sport und Körperertüchtigung zu übertragen hat?
Sollte der EuGH eine unmittelbare Wirkung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL verneinen, würde dies zu einer Rechtsprechungsänderung führen. Denn der BFH hat in der Vergangenheit eine unmittelbare Wirkung und Berufbarkeit bejaht. Dies führte insbesondere zu einer aus dem Unionsrecht abgeleiteten Steuerfreiheit für die Berechtigung zur Nutzung des Golfspielplatzes (Greenfee) und für die leihweise Überlassung von Golfbällen [EuGH-Urteil v. 16.10.2008, C-253/07 (Canterbury Hockey Club und Canterbury Ladies Hockey Club)].
Nicht streitig ist in der nunmehr beim EuGH anhängigen Rechtssache, ob Golfvereine, die von ihren Mitgliedern Vereinsbeiträge erheben, auch insoweit steuerpflichtige Leistungen erbringen. Nach der derzeitigen nationalen Rechtslage (vgl. Abschnitte 1.4 und 2.10 UStAE) wird bei Leistungen, die Vereinigungen ihren Mitgliedern gegen Mitgliederbeitrag erbringen, zwischen echten Mitgliederbeiträgen und Beiträgen, die den Sonderbelangen der Mitglieder dienen, unterschieden.
Soweit eine Vereinigung zur Erfüllung ihrer den Gesamtbelangen sämtlicher Mitglieder dienenden satzungsgemäßen Gemeinschaftszwecke tätig wird und dafür sog. echte Mitgliederbeiträge erhebt, fehlt es gänzlich an einem (steuerbaren) Leistungsaustausch mit dem einzelnen Mitglied. Erbringt die Vereinigung hingegen Leistungen, die die Sonderbelange der einzelnen Mitglieder betreffen, und erhebt sie dafür Beiträge entsprechend der tatsächlichen oder vermuteten Inanspruchnahme ihrer Tätigkeit, liegt ein (steuerbarer) Leistungsaustausch vor. Deshalb sind die Leistungen der Vereine, die nicht den Sonderbelangen einzelner Mitglieder dienen, nach nationalem Recht derzeit grundsätzlich nicht umsatzsteuerbar.
Az.: 41.6.8.1-003/003