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StGB NRW-Mitteilung 509/2012 vom 29.08.2012
BGH zu Tagesmutter-Tätigkeit in einer Eigentumswohnung
Eine Tagesmutter, die in einer Eigentumswohnung bis zu fünf Kinder entgeltlich betreut, benötigt dafür die Zustimmung des Verwalters oder der Wohnungseigentümergemeinschaft, wenn die Teilungserklärung für die «Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Wohnung» eine solche Zustimmung verlangt. Dies geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.07.2012 (V ZR 204/11) hervor.
Bei der Entscheidung über eine Zustimmung müsse unter anderem die gesetzgeberische Wertung von Lärmeinwirkungen durch Kindertageseinrichtungen in § 22 Abs. 1a BImSchG berücksichtigt werden. Ob eine Genehmigung erteilt werden muss oder sie wegen des Kinderlärms verweigert werden darf, ließ der BGH aus prozessualen Gründen jedoch offen. Der Ausbau der Kindertagespflege ist ein wichtiger Baustein zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz ab dem 01.08.2013. Dem weiteren Ausbau der Kinderbetreuung dürften keine hohen Hürden im Wege stehen. Eine Breitenwirkung wird mit dem Urteil jedoch nicht gesehen.
Zum Sachverhalt: Die Mieterin einer Eigentumswohnung betrieb in der Wohnung eine Tagespflegestelle für bis zu fünf Kinder. Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschloss auf einer Eigentümerversammlung im September 2009, den Eigentümern der Wohnung, den Beklagten, die Ausübung der Tagesmuttertätigkeit ihrer Mieterin zu untersagen. Die Beklagten fochten den Beschluss nicht an. Auf die Klage einer Wohnungseigentümerin verurteilte das Landgericht die Eigentümer der Wohnung, deren Nutzung als Kindertagespflegestelle zu unterlassen. Dagegen legten die Beklagten Revision ein.
Der BGH hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 15 Abs. 3 WEG folge bereits daraus, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft den Beklagten die Ausübung der Tagesmuttertätigkeit ihrer Mieterin per Beschluss auf der Eigentümerversammlung untersagt hatte und die Beklagten diesen Beschluss nicht angefochten hätten. Der Beschluss sei daher für die Beklagten verbindlich. Damit komme es auf die vom Berufungsgericht geprüfte Frage nicht an, ob die Verwalterin zu Recht die Zustimmung zum Betrieb einer Tagespflegestelle in der Wohnung der Beklagten verweigert habe.
Der BGH führt weiter aus, dass eine Tagesmutter, die in einer Eigentumswohnung bis zu fünf Kinder entgeltlich betreut, dafür der Zustimmung des Verwalters oder einer ¾-Mehrheit der hierüber abstimmenden Wohnungseigentümer bedarf. Denn bei der Tätigkeit handele es sich um die zustimmungsbedürftige «Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Wohnung» im Sinne der Teilungserklärung. Von der Betreuung eigener wie auch fremder Kinder, etwa bei regelmäßigen Besuchen von Freunden der Kinder oder im Wege der Nachbarschaftshilfe, sei die Nutzung der Wohnung zur (werk-)täglichen Erbringung von Betreuungsdienstleistungen gegenüber Dritten als Tagesmutter für bis zu fünf Kleinkinder zu unterscheiden. Bei letzterer stehe der Erwerbscharakter im Vordergrund. Eine solche teilgewerbliche Nutzung der Wohnung werde nicht mehr vom Wohnzweck getragen.
Der BGH weist darauf hin, dass es den Beklagten unbenommen bleibe, bei der Verwalterin oder der Wohnungseigentümergemeinschaft einen entsprechenden Antrag zu stellen. Über diesen wäre unter Berücksichtigung der tatsächlichen konkreten Gegebenheiten innerhalb der Wohnungseigentumsanlage, der Wertungen des § 22 Abs. 1a BImSchG — wonach Geräuscheinwirkungen von Kindertageseinrichtungen und ähnlichen Einrichtungen im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung sind und der nach dem Willen des Gesetzgebers auch auf das Wohnungseigentumsrecht ausstrahlen soll - und der in der Teilungserklärung ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit der Erteilung von Auflagen zu entscheiden. Solange eine erforderliche Zustimmung aber nicht vorliege, dürfe die Tagesmuttertätigkeit aufgrund des bestandskräftigen Untersagungsbeschlusses nicht fortgesetzt werden. (Quelle: DStGB-Aktuell vom 18.07.2012)
Az.: III/2 713