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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 573/2001 vom 20.09.2001
BGH zur Vergabe bei sog. "In-House-Geschäften"
Mit Datum vom 12. Juni 2001 hat der Bundesgerichtshof in einem Beschluß (XZB 10/01) zur Frage der Anwendbarkeit des Vergaberechts bei sog. "In-House-Geschäften" Stellung genommen. In Anknüpfung an die "Teckal-Entscheidung" des EuGH vom 18. November 1999 (vgl. NZBau 2000, 90, 91) hat der BGH festgestellt, daß es nicht zu einem öffentlichen Auftrag im Sinne von § 99 Abs. 1 GWB kommt, wenn ein öffentlicher Auftraggeber alleiniger Anteilseigner des Beauftragten ist, der über diesen eine Kontrolle wie über eigene Dienststellen ausübt und der Beauftragte seine Tätigkeit im wesentlichen für diesen öffentlichen Auftraggeber verrichtet.
Der BGH orientiert sich damit in seinem Beschluss an den vom EuGH aufgestellten Kriterien zu vergabefreien "In-House-Geschäften".
Im zu beurteilenden Sachverhalt hatte der Antragsgegner (Freistaat Thüringen) beabsichtigt, im Bereich der Förderung von Maßnahmen der Berufsvorbereitung und Fortbildung die Durchführung der technischen Hilfe künftig nicht mehr an außenstehende Unternehmen zu vergeben, sondern ausschließlich an eine GmbH des Freistaats Thüringen, deren Geschäftsanteile zu 100 % vom Antragsgegner gehalten werden.
Neben weiteren Rechtsfragen hat der BGH entschieden, dass der Antragsgegner über die entsprechende Gesellschaft eine vergleichbare Kontrolle ausübe wie über seine eigenen Dienststellen. Er halte alle Geschäftsanteile an dieser Gesellschaft (100 %). Die Auswahl der Rechtsform der GmbH für die als Eigengesellschaft anzusehende Gesellschaft biete dem Antragsgegner aufgrund der ihr eigenen Organisationsstruktur umfassende Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten. Hinzu komme, dass nach dem vorgelegten Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat gebildet worden sei, dessen Mitglieder mehrheitlich aus Vertretern des Antragsgegners bestünden, dem die Geschäftsführer der Gesellschaft regelmäßig über den Gang der Geschäfte zu berichten hätten. Weiterhin sei im Gesellschaftsvertrag ein Katalog von Geschäften aufgeführt, welche die Geschäftsführer nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vornehmen dürften. Durch diese auf Gesetz und Gesellschaftsvertrag beruhenden Steuerungsmöglichkeiten werde gewährleistet, dass der Antragsgegner die Gesellschaft vergleichbar einer eigenen Dienststelle kontrollieren könne. Die Gesellschaft besitze damit gegenüber dem Antragsgegner keine eigene Entscheidungsgewalt.
Darüber hinaus, so der BGH, sei festzustellen, dass die Gesellschaft ihre Tätigkeit auch im Wesentlichen für den Antragsgegner verrichte, der alle ihre Geschäftsanteile inne habe. Der Antragsgegner hatte im Beschwerdeverfahren vorgetragen, dass die Gesellschaft von ihm ausschließlich zum Zwecke einer effektiven Umsetzung arbeitsmarktpolitischer und berufsbildungspolitischer Richtlinien und Programme unterhalten werde und ausschließlich im Auftrag der Landesregierung (Antragsgegner) und nicht für Dritte tätig sei bzw. am Markt auftrete. Diesem Vorbringen entspreche es, dass im Gesellschaftsvertrag als Gegenstand des Unternehmens die Unterstützung des Antragsgegners bei der Verwirklichung seiner arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischen Ziele, insbesondere die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben bei der Vergabe von Zuwendungen, genannt sei.
Aufgrund der Fallkonstellation hat der BGH offengelassen, ab welchem Umfang einer Tätigkeit am Markt nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass ein Auftragnehmer seine Tätigkeit im wesentlichen für einen öffentlichen Auftraggeber ausübe. Ob auch im Falle einer geringeren Beteiligung als 100 % an einer privaten Gesellschaft von einem vergabefreien "In-House-Geschäft" gesprochen werden kann, hat der BGH offen gelassen. Diesbezüglich gilt es, die angekündigte Mitteilung der Kommission zu "In-House-Geschäften" abzuwarten. Nach Informationen aus Brüssel ist allerdings nicht vor Ende d. J. mit einer Mitteilung zu dem genannten Problemkreis zu rechnen.
Az.: G/3 810-05