Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr

StGB NRW-Mitteilung 716/2020 vom 24.11.2020

BnetzA-Beschluss: Auskunftsanspruch bei Mitverlegung

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat mit Beschluss vom 28.10.20 (Aktenzeichen: BK11-20-004) über einen Antrag eines Telekommunikationsanbieters entschieden, mit dem dieser begehrte, eine regionale Energiegenossenschaft zur Erteilung von Informationen über geplante Bauarbeiten an öffentlichen Versorgungsnetzen zu verpflichten, um die Bauarbeiten besser koordinieren zu können. Die Beschlusskammer hat dem Antrag zum Teil stattgeben und der Antragsgegnerin aufgegeben, der Antragstellerin die begehrten Informationen zu der dort geplanten Einrichtung eines Fernwärmenetzes zu übermitteln und die geografische Lage der bestimmten Bauabschnitte innerhalb einer Frist mitzuteilen. Für den Fall des Verstoßes gegen diese Anordnung wurde die Festsetzung eines Zwangsgeldes angedroht.

Streitgegenstand des Beschlusses:

Das Verfahren betrifft die Informationserteilung über Bauarbeiten an einem Fernwärmenetz gemäß § 77h Telekommunikationsgesetz (TKG) sowie den Mitverlegungsanspruch nach § 77i TKG.

Sachverhalt:

Die Antragstellerin ist ein regional tätiger Telekommunikationsanbieter, der breitbandige Internetdienstleistungen und Telefonie über Glasfaser- und Richtfunkverbindungen anbietet. Die Antragsgegnerin ist eine regionale Genossenschaft, deren Zweck auf Förderung der Wirtschaft ihrer Mitglieder durch eine sichere, nachhaltige und preisgünstige Versorgung mit klimafreundlicher Energie gerichtet ist. Gemäß ihrer Satzung verfolgt die Genossenschaft die Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge und dient deshalb einem öffentlichen Zweck. Die Genossenschaft wurde durch den örtlich zuständigen Rat sowie durch die Bürgerschaft des Orts gegründet.

Die Antragsgegnerin plant den Aufbau eines Fernwärmenetzes zur energieautarken Wärmeversorgung von bis zu 450 Anschlussnehmern.

Die Antragstellerin fordert gemäß § 77h TKG von der Antragsgegnerin die Übersendung der notwenigen Informationen zur Koordinierung der laufenden und geplanten Bauarbeiten für das Projektgebiet, insbesondere der Trassenpläne, um diese auf eine Eignung für eine Koordinierung von Bauarbeiten zur prüfen (§ 77i TKG Mitverlegungsanspruch).

Die BNetzA hat dem Auskunftsverlangen teilweise stattgegeben und den Antrag im Übrigen als unzumutbar abgelehnt.?

Begründung der BNetzA:

Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin und Betreiberin eines öffentlichen Versorgungsnetzes. Das von ihr geplante und derzeit im Bau befindliche Fernwärmenetz ist ein öffentliches Versorgungsnetz im Sinne von § 3 Nr. 16b lit. a sublit. dd TKG. Die Norm erfasst nach ihrem Wortlaut auch entstehende physische Infrastrukturen. Entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin ist das Fernwärmenetz ein „öffentliches“ Versorgungsnetz im Sinne dieser Norm.

Ein Vergleich mit § 3 Nr. 16a TKG (Begriff des öffentlichen Telekommunikationsnetzes) zeigt bereits, dass ein Netz dann öffentlich ist, wenn es der Bereitstellung öffentlich zugänglicher Dienste dient. Diese Dienste werden als „der Öffentlichkeit zur Verfügung stehend“ gekennzeichnet. Nähere Anhaltspunkte, welcher Grad an Öffentlichkeit dafür erforderlich ist, lassen sich diesen Regelungen nicht entnehmen; dies wäre allerdings für die Frage entscheidend, ob das Fernwärmenetz der Antragsgegnerin ein öffentliches Versorgungsnetz im Sinne der o.g. Regelung ist.

Im vorliegenden Sachverhalt ist das Fernwärmenetz lokal ausgerichtet und auf die Versorgung des Fleckens Steyerberg (Landkreis Nienburg/Weser) ausgelegt. Es dient daher nur der Versorgung eines begrenzten Bereichs und nicht einer beliebig weiten Öffentlichkeit. Dieses Merkmal lokaler Versorgung teilt das Fernwärmenetz der Antragsgegnerin aber mit einer Vielzahl anderer Fernwärmenetze, so dass sich daraus nicht zwingend die Nichtöffentlichkeit des Netzes ergibt. Denn auf der anderen Seite steht das Netz der (lokalen) Öffentlichkeit zum Zugang offen. Grundsätzlich kann jeder Bürger des Fleckens Steyerberg als Mitglied der Antragsgegnerin laut deren Satzung seinen Haushalt an das Netz im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten anschließen lassen. Dies ist neben dem Zweck der Gesellschaft (sichere, nachhaltige und preisgünstige Versorgung mit klimafreundlicher Energie) entscheidend.

Auch liegt laut der BNetzA keine Ausnahme in Form von privaten Verkehrswegen oder geschlossenen Firmennetzwerken vor. Es handelt sich insbesondere deshalb nicht um ein geschlossenes Firmennetzwerk, weil nicht nur eine bestimmte Firma bzw. ein bestimmtes Firmengelände mit Energiedienstleistungen versorgt wird.

Ein öffentliches Versorgungsnetz muss nicht zwingend eine öffentliche Einrichtung im kommunalrechtlichen Sinn sein. Die Rechtsform als privates Unternehmen bzw. Genossenschaft schließt nicht aus, dass sie ein öffentliches Versorgungsnetz betreibt. Es muss nicht gewidmet sein und muss auch nicht direkt durch einen Hoheitsträger oder durch ein von einem Hoheitsträger dominierten Unternehmen betrieben werden. Auch das Geschäftsmodell ist unbeachtlich.

Teilweise steht dem Anspruch der Ablehnungsgrund aus §77h Abs. 4 Nr. 5 TKG entgegen. Das Informationsbegehren der Antragstellerin ist teilweise unzumutbar. Aus einer Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls ist der Antrag teilweise zu spät gestellt worden. Insbesondere hätten Bauarbeiten in den betroffenen Abschnitten bereits begonnen.

Der Umfang des Informationsanspruchs der Antragstellerin ist im vorliegenden Einzelfall auf die Information zur geografischen Lage bestimmter Bauabschnitte sowie den geschätzten Beginn und die geplante Dauer der Bauarbeiten an den entsprechenden Bauabschnitten begrenzt.

Az.: 31.3-001/002

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