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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 696/2017 vom 30.10.2017
Bundesfinanzhof zu Anwendbarkeit des Sanierungserlasses
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteilen vom 23.08.2017 (Az.: I R 52/14 und X R 38/15) entschieden, dass der sogenannte Sanierungserlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF), durch den Sanierungsgewinne steuerlich begünstigt werden sollten, für die Vergangenheit nicht angewendet werden darf (vgl. BFH-Pressemitteilung Nr. 64/2017 vom 25.10.2017).
Der Große Senat des BFH hatte den sogenannten Sanierungserlass mit Beschluss vom 28.11.2016 GrS 1/15 verworfen, weil er gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt. Das BMF hat die Finanzämter daraufhin angewiesen, den sogenannten Sanierungserlass in allen Fällen, in denen die an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis (einschließlich) 08.02.2017 (Zeitpunkt der Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senats des BFH) endgültig auf ihre Forderungen verzichtet haben, gleichwohl weiterhin uneingeschränkt anzuwenden (Schreiben vom 27.04.2017, BStBl I 2017, 741).
Es kam dann zu einer Neuregelung mit Einfügung des § 7b in das Gewerbesteuergesetz "Sonderregelung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags bei unternehmensbezogener Sanierung", nach dem die §§ 3a und 3c EStG entsprechend anzuwenden seien. Nach § 3a EStG sind "Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung" steuerfrei.
Am 28.04.2017 hat das BMF dann ein Schreiben zur Anwendung der Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofes zum Sanierungserlass veröffentlicht. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sollten danach bei den Fällen, in denen der Forderungsverzicht bis zum 08.02.2017 (Tag der Veröffentlichung des BFH-Urteils) vollzogen wurde, die entsprechenden BMF-Schreiben (vom 27.03.2003 und 22.12.2009) weiterhin anzuwenden sein. Auch eine verbindliche Auskunft beziehungsweise Zusage, die vor der Urteilsveröffentlichung ergangen ist, sei nicht aufzuheben beziehungsweise zurückzunehmen.
Der BFH hat nun entschieden, dass diese Anordnung des BMF in gleicher Weise gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt wie der sogenannte Sanierungserlass selbst. Eine solche Regelung hätte nach Auffassung des BFH nur der Gesetzgeber treffen können.
ln den beiden Urteilen zugrundeliegenden Verfahren hatten die Kläger mit den jeweiligen Finanzämtern darüber gestritten, ob in ihren Fällen die Voraussetzungen für einen Steuererlass vorliegen. Auf diese Frage ging der BFH in den Revisionsurteilen nicht ein. Da die Anordnung des BMF gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt, dürfen Gerichte den sogenannten Sanierungserlass auch in Altfällen nicht anwenden.
Mit dem Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27.06.2017 (BGBl I 2017, 2074, BStBl I 2017, 1202) sind inzwischen antragsgebundene Steuerbefreiungstatbestände für Sanierungsgewinne geschaffen worden (§ 3a des Einkommensteuergesetzes und § 7b des Gewerbesteuergesetzes). Diese Bestimmungen finden auf Altfälle keine Anwendung.
Az.: 41.6.2.1-007/001