Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 370/2014 vom 07.05.2014

Bundesgerichtshof zu Aufhebung einer Ausschreibung

Der BGH hat mit Beschluss vom 20.03.2014 - X ZB 18/13 — folgende — zusammengefasste — Entscheidung zur Aufhebung der Ausschreibung gefällt: 

  1. Ein zur Aufhebung der Ausschreibung Anlass gebendes Fehlverhalten der Vergabestelle genügt nicht als Aufhebungsgrund. Andernfalls könnte diese nach freier Entscheidung durch Rechtsverstöße ihren vergaberechtlichen Bindungen entgehen. Dies gilt unabhängig von Fragen des Verschuldens.
  2. Die Vergabestelle kann von einer Beschaffung ohne Aufhebung Abstand nehmen. Die Abstandnahme rechtfertigt Schadensersatzansprüche der Bieter.

Problem/Sachverhalt

Die Vergabestelle (VSt) schreibt Fahrbahnerneuerungsarbeiten europaweit aus. Im Vergabeverfahren treten unterschiedliche Vorstellungen der Beteiligten zutage, wie die Vergabeunterlagen zur Ausführung der Fahrbahndecke zu verstehen sind, einstreifig oder zweistreifig. Der Antragsteller (ASt) im Nachprüfungsverfahren gibt mit einer zweistreifigen Ausführung das günstigste Angebot ab. Die VSt schließt das Angebot wegen einer Änderung der Vergabeunterlagen aus. Die angerufene Vergabekammer hält die Vergabeunterlagen für uneindeutig. Sie verpflichtet die VSt, das Angebot des ASt zu werten. Die VSt hebt nun das Vergabeverfahren auf und kündigt ein neues Verfahren an.

Die einstreifige Ausführung biete erhebliche qualitative Vorteile. Bei Beauftragung des ASt entstünden Mehrkosten. Der ASt beantragt mit weiterem Nachprüfungsantrag die Aufhebung der Aufhebung, hilfsweise die Feststellung, dass die Aufhebung rechtswidrig und er in seinen Rechten verletzt sei. Die Vergabekammer weist den Antrag zurück. Der ASt legt sofortige Beschwerde ein. Das OLG Karlsruhe weist den Hauptantrag ab. Beim Hilfsantrag divergiert der Senat mit dem OLG Düsseldorf (Beschluss vom 16.02.2005 - Verg 72/04). Er legt dem BGH die Frage vor: „Setzt ein sonstiger schwerwiegender Grund im Sinne von § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 uneingeschränkt voraus, dass der Auftraggeber diesen Grund nicht selbst verschuldet hat?".

Entscheidung

Der BGH bestätigt im Hauptantrag das OLG. Die Bieter müssen Aufhebungen nicht nur dann hinnehmen, wenn sie von den normierten Aufhebungsgründen gedeckt sind. Eine Vergabestelle kann grundsätzlich auch ohne Aufhebungsgrund von einer Beschaffung Abstand nehmen. Die Bieter können die Feststellung beantragen, dass die Abstandnahme sie in ihren Rechten verletzt, und Schadensersatz geltend machen. Dieser beschränkt sich regelmäßig, wie hier, auf das negative Interesse, das heißt auf die Aufwände. Ein Anspruch auf das positive Interesse - entgangener Gewinn - kommt nur ausnahmsweise in Betracht, etwa dann, wenn der Auftraggeber die Aufhebung dazu einsetzt, den Auftrag an einen bestimmten Bieter oder Bieterkreis zu vergeben. Den Hilfsantrag hält der BGH für begründet.

Für die Frage, ob eine Aufhebung rechtmäßig war, sind alle für die Aufhebungsentscheidung erheblichen Gründe zu berücksichtigen. Die VSt hat hier aufgehoben, um nicht ein ihren Vorstellungen widersprechendes Angebot zu beauftragen. Ihre Entscheidung war somit eine Maßnahme zur Korrektur eines eigenen vergaberechtlichen Fehlers. Die beteiligten Interessen wären im Streitfall nicht angemessen berücksichtigt, wenn der Verursacher von den Folgen seines eigenen Handelns freigestellt und diese den Bietern aufgebürdet würden. (Qelle: IBR 2014, 292)

Az.: II/1 608-00

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