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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 387/2018 vom 26.06.2018
Bundesgerichtshof zu Rundholz-Vermarktung in Baden-Württemberg
Im kartellrechtlichen Verfahren zur Holzvermarktung in Baden-Württemberg hat der BGH mit Beschluss vom 12.06.2018 die Entscheidungen des Bundeskartellamtes vom 09.06.2015 und den Beschluss des OLG Düsseldorf vom 15.03.2017 aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben (Az.: KVR 38/17). Der BGH hat entschieden, dass das Bundeskartellamt nicht zur Wiederaufnahme des kartellrechtlichen Verfahrens gegen das Land Baden-Württemberg befugt war. Das Verfahren war im Jahr 2008 zunächst mit Abschluss einer sog. Verpflichtungszusage beendet worden.
Nach dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vermarktet Land Baden-Württemberg – gebündelt mit dem Verkauf von Holz aus landeseigenem Staatswald – in Absprache mit dem jeweiligen Eigentümern auch Rundholz, insbesondere Nadelholz, aus Wäldern, die im Eigentum der Gemeinden sowie von Privatpersonen in Baden-Württemberg stehen. Das Bundeskartellamt sah hierin einen Verstoß gegen Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und leitete deshalb im Jahr 2001 ein Verfahren gegen das Land ein. In diesem Verfahren verpflichtete sich das Land Baden-Württemberg zur Ausräumung der kartellrechtlichen Bedenken zu Maßnahmen, mit denen eine vom Land unabhängige Vermarkung des Holzes aus Körperschafts- und Privatwald gefördert werden sollte (Verpflichtungszusagen).
Das Land Baden-Württemberg verpflichtete sich, eine Beteiligung an Holzvermarktungskooperationen im Wesentlichen nur noch dann durchzuführen, wenn die Forstbetriebsfläche der einzelnen beteiligten Waldbesitzer 3.000 ha nicht übersteigt. Die Verpflichtungszusagen wurden vom Bundeskartellamt mit Verfügung vom 09.12.2008 gemäß § 32 b GWB für bindend erklärt. Im Nachgang hierzu hob das Bundeskartellamt mit Bescheid vom 09.07.2015 seine Verpflichtungszusagen-Entscheidung vom 09.12.2008 auf, weil es nicht mehr den Schwellenwert von 3.000 ha, sondern nunmehr einen Schwellenwert von 100 ha als erforderlich ansah.
Der 1. Kartellsenat des OLG Düsseldorf hatte mit Beschluss vom 15.03.2017 die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamts gegen das Land Baden-Württemberg im sog. "Rundholz-Kartellverfahren" aus dem Jahr 2015 im Wesentlichen bestätigt. Über das Gerichtsverfahren hatten wir zuletzt in der StGB-Mitteilung Nr. 380 vom 04.05.2017 berichtet.
Auf die Rechtsbeschwerde des Landes Baden-Württemberg hat der BGH die Entscheidung des OLG Düsseldorf sowie die Entscheidung des Bundeskartellamtes vom 09.07.2015 aufgehoben. Er hat die Aufhebung der Verpflichtungszusagen-Entscheidung des Bundeskartellamtes als rechtswidrig angesehen, weil im Wesentlichen keine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 32 b Abs. 2 Nr. 1 GWB eingetreten war und nachträgliche Erkenntnisse oder die Beseitigung von Fehlvorstellungen der Kartellbehörde keine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse bewirken.
Bislang liegt lediglich eine Pressemitteilung des BGH (Nr. 103/2018) vor. Die Beschlussbegründung steht noch aus. Es empfiehlt sich insoweit, die schriftliche Abfassung des Urteils abzuwarten und zu prüfen, ob der BGH auch materiell-rechtliche Ausführungen zum Wettbewerbsrecht im Hinblick auf die Holzvermarktung und die Betreuungsleistungen machen wird. Der BGH hat in seiner Pressemitteilung aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er nicht darüber entscheiden hat, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Holzvermarktungspraxis des Landes Baden-Württemberg kartellrechtswidrig ist.
Das Kartellverfahren hat die Entwicklung der Forst- und Holzwirtschaft in vielen Bundesländern betroffen. Die bisherige Praxis der gemeinsamen Holzvermarktung und der vorgelagerten Dienstleistungen für den privaten und kommunalen Waldbesitz durch die Landesforstverwaltungen steht in Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und NRW auf dem Prüfstand des Bundeskartellamtes. Dieses hat die vier Bundesländer mit nahezu gleichlautenden Schreiben im Juni 2017 zur Selbstveranlagung der Kartellrechtskonformität des gebündelten Holzverkaufs aufgefordert.
In NRW übernimmt der Landesbetrieb Wald und Holz für zahlreiche Kommunen und private Waldbesitzer vielfältige Dienstleistungen im Bereich der Waldbetreuung und Holzvermarktung. Die Holzverkaufshilfe kann nach Auffassung des Bundeskartellamtes in der bisherigen Ausformung nicht fortgeführt werden, weil diese Form der indirekten Förderung gegen das Wettbewerbsrecht und möglicherweise auch gegen europäisches Beihilferecht verstößt.
Seit Dezember 2017 hat das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW (MULNV) den Dialog zur möglichen Ausgestaltung in die Zukunft aufgenommen. Es wurden Arbeitskreise eingerichtet, in denen sowohl die direkt Betroffenen als auch die Verbände der Forst- und Holzwirtschaft mitwirken.
Mit Erlass vom 24.1.2018 hat die Landesregierung entschieden, zur Ausgestaltung einer kartell- und beihilferechtskonformen Landesforstverwaltung die kooperative Holzvermarktung für den Privat- und Kommunalwald schrittweise und regional differenziert zum 31.12.2108 zu beenden. Auch die indirekte Förderung der Betreuungsdienstleistungen durch den Landesbetrieb Wald und Holz NRW soll zum 31.12.2018 eingestellt werden. Zum 1.1.2019 soll das forstliche Betreuungsangebot für den privaten und kommunalen Waldbesitz durch den Landesbetrieb Wald und Holz auf Vollkosten umgestellt werden. Dazu bereitetet das MULNV zurzeit flankierende Richtlinien zur direkten Förderung der Betreuung des Waldbesitzes in forstlichen Zusammenschlüssen vor.
Über die Aktivitäten des Landes hinsichtlich der kartellrechtskonformen Neuausrichtung der Holzvermarktung und die von die vom Städte-und Gemeindebund NRW und dem Gemeindewaldbesitzerverband vorgeschlagenen Lösungen hatte der StGB NRW seine Mitgliedskommunen zuletzt mit Schnellbrief 110/2018 vom 25.04.2018 informiert.
Az.: 26.1-005/004