Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 631/2015 vom 29.09.2015

Bundesgerichtshof zu überhöhten Wasserpreisen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat seine Entscheidungsgründe in dem kartellrechtlichen Missbrauchsverfahren gegen die Energie Calw GmbH wegen überhöhter Wasserpreise veröffentlicht. Darin geht es erneut um die Frage, ob die Landeskartellbehörde Baden-Württemberg im Rahmen der Preismissbrauchskontrolle die angeblich überhöhten Wasserpreise auf der Grundlage der richtigen Kontrollmethode kalkuliert hat. Dies hatte das OLG Stuttgart mit Beschluss vom 05.09.2014 (Az.: 201 Kart 1/12) verneint, die Preismissbrauchsverfügung der Landeskartellbehörde aufgehoben und an die Behörde zur neuen Entscheidung zurückverwiesen.

Der BGH hatte bereits am 14. Juli 2015 in der mündlichen Verhandlung entschieden, dass die (erneute) Rechtsbeschwerde der Landeskartellbehörde Baden-Württemberg gegen den Beschluss des OLG Stuttgart vom 5. September 2013 Erfolg hat und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen wird (vgl. StGB NRW-Mitteilung 451/2015). Das OLG muss nun erneut prüfen, ob die Landeskartellbehörde die angeblich zu hohen Wasserpreise richtig kalkuliert hat und sich mit dem rechtlichen Ausgangspunkt der Kostenkontrolle befassen. Die schriftliche Begründung des Beschlusses des BGH vom 14.07.2015, Az.: KVR 77/13, ist nunmehr veröffentlicht worden (vgl. www.bundesgerichtshof.de).

Hintergrund

Die Landeskartellbehörde Baden-Württemberg hatte der Energie Calw GmbH aufgegeben, unter Beibehaltung des aktuellen Grundpreises für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009 allen Tarifkunden einen Nettopreis von nicht mehr als 1,82 Euro statt zuvor 2,79 Euro je Kubikmeter Wasser zu berechnen und ihnen im Falle einer bereits erfolgten Endabrechnung die Differenz zu erstatten.

Auf die Beschwerde der Energie Calw GmbH hatte das OLG Stuttgart die Verfügung wegen grundlegender Bedenken gegen die von der Landeskartellbehörde gewählte Kontrollmethode aufgehoben. Der BGH hatte diese Entscheidung mit Beschluss vom 15.05.2012 (KVR 51/11) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das OLG Stuttgart zurückverwiesen. Dabei hat der BGH ausgeführt, dass ein Preishöhenmissbrauch im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB nicht nur aufgrund einer Vergleichsmarktbetrachtung festgestellt, sondern auch dadurch ermittelt werden könne, dass die Preisbildungsfaktoren überprüft würden.

Das OLG Stuttgart hatte daraufhin die Verfügung der Landeskartellbehörde mit Beschluss vom 5. September 2013 erneut insgesamt aufgehoben und die Sache an die Landeskartellbehörde zurückverwiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Landeskartellbehörde, der der BGH nunmehr stattgab und die Entscheidung erneut an das OLG zurückverwiesen.

Entscheidungsgründe

Das OLG hätte die Verfügung nicht vollständig, sondern nur den für rechtswidrig erkannten Teil aufheben dürfen und im Übrigen die Beschwerde zurückweisen müssen. Bei der Prüfung des rechtswidrigen Teils hat das Beschwerdegericht die Missbrauchsgrenze abweichend von der Kartellbehörde bei höheren Preisen festzulegen und das Verbot der Kartellbehörde insoweit aufzuheben, als es den Bereich unterhalb der Missbrauchsgrenze betreffe. Soweit Teile noch nicht spruchreif seien, entspräche es der bewährten Übung, im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens die Kartellbehörde ergänzende Ermittlungen durchführen zu lassen.

Das OLG müsse sich nochmals mit dem rechtlichen Ausgangspunkt der Kostenprüfung befassen. Bei der Kostenkontrolle seien die „anerkannten ökonomischen Theorien“ zu beachten. Dies sei umfassend zu verstehen. Dazu gehörten die Grundsätze der Strom- und Gasnetzentgeltverordnung als auch andere Kalkulationsweisen. Wenn die Kartellbehörde auf die Netzentgeltverordnungen zurückgreife, habe sie die Möglichkeit, einzelne Elemente davon zu verwenden. Anders als vom OLG angenommen, bestehe keine Bindung an diese Verordnungen in dem Sinne, dass sie entweder ganz oder gar nicht berücksichtigt werden dürften. Vielmehr müsse die Tragfähigkeit aller von der Kartellbehörde angewandter Methoden der Kostenkontrolle je für sich überprüft werden.

Der BGH weist zudem darauf hin, dass im Rahmen der Kostenkontrolle die Kartellbehörde die volle Darlegungs- und Beweislast trage. Das betroffene Unternehmen habe im Rahmen des Verfahrens jedoch eine Mitwirkungspflicht. Es habe die Daten aus seinem Einwirkungsbereich zu übermitteln, die sich die Kartellbehörde nicht auf anderem Weg beschaffen könne. Werde eine derartige Mitwirkung verweigert, könne die Kartellbehörde daraus im Rahmen der freien Beweiswürdigung Schlüsse ziehen. Die Kartellbehörde könne jedoch keine Kalkulationen herausverlangen, die das Unternehmen tatsächlich nicht erstellt habe oder dem Unternehmen die Einholung eines Gutachtens aufgeben, jedoch Auskünfte verlangen, die für die Beurteilung der Kostenfaktoren notwendig seien.

Der BGH äußert sich auch zum Ansatz von Konzessionsabgaben. Er lehnt die Ansicht der Kartellbehörde ab, dass bei der Bestimmung der Roheinnahmen, die gemäß § 2 Abs. 1 KAE Grundlage für die zu zahlenden Konzessionsabgaben seien, die Konzessionsabgaben nicht einberechnet werden dürften. Die pauschale Aussage der Kartellbehörde, das betroffene Unternehmen habe die Möglichkeit gehabt, bessere Konditionen für die Löschwasserversorgung zu verhandeln, so dass die entsprechenden Aufwendungen nicht zu berücksichtigen seien, sei nicht ausreichend.

In § 21 a Abs. 4 Satz 2 EnWG habe der Gesetzgeber für den Energiebereich entschieden, dass die Konzessionsabgaben bei der regulierungsrechtlichen Festsetzung von Netznutzungsentgelten zu den nicht beeinflussbaren Kostenanteilen zählten. Deswegen bedürfe es jedenfalls konkreter Anhaltspunkte dafür, dass sich die Kommune im Rahmen der Verhandlungen auf geringere als nach KAE höchstzulässige Konzessionsabgaben eingelassen hätte. Schließlich diskutierte der BGH die Frage, welcher Zeitpunkt für die Bewertung der Anschaffungskosten eines Grundstückes maßgeblich sei.

Az.: 28.9.2-001/001

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