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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 556/2001 vom 05.09.2001
Bundesgerichtshof zu Vergabeverfahren
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluß vom 19. Dezember 2000 - X ZB 14/00 - entschieden, daß die Vergabekammer in zulässiger Weise nicht mehr angerufen werden kann, sobald das Vergabeverfahren durch wirksame Erteilung des Auftrags an einen Bieter abgeschlossen worden ist. Der BGH hat hierzu ausgeführt, daß das in § 97 ff. GWB geregelte Vergabeverfahren sicherstellen soll, daß Aufträge öffentlicher Auftraggeber nur in einem förmlichen, transparenten Verfahren einem Bieter erteilt werden. Während des Vergabeverfahrens hätten die sich hieran beteiligenden Unternehmer einen Anspruch darauf, daß der öffentliche Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält (§ 97 Abs. 7 GWB). Dieser Anspruch könne während des Vergabeverfahrens vor den gem. § 102 GWB eingerichteten Vergabekammern und den ihnen im Instanzenzug gem. §§ 116, 124 Abs. 2 GWB nachfolgenden Senaten (Vergabesenaten) verfolgt werden, deren Aufgabe es gem. § 114 Abs. 1 GWB sei, auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einzuwirken und insbesondere die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um eine bei der Nachprüfung festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen und die Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Das förmliche Vergabeverfahren sei beendet, wenn einem Bieter im Wege des Zugangs des Zuschlags des öffentlichen Auftraggebers der Auftrag wirksam erteilt ist. Vor der wirksamen Auftragserteilung begangenen Verstöße gegen die Bestimmungen über das Vergabeverfahren könnten in dem gem. §§ 102, 107 GWB eröffneten Nachprüfungsverfahren nicht mehr beseitigt werden; sie könnten nur noch zu Schadenersatzansprüchen von in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzten Bietern führen. Die Entscheidung über ein Schadenersatzbegehren sei nicht den für das Nachprüfungsverfahren zuständigen Kammern und Senaten übertragen, sondern den ordentlichen Gerichten zugewiesen (§ 13 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG).
In diesem Zusammenhang weist der BGH auch auf die Regelung des § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB hin. Diese gilt in den Fällen, in denen der Nachprüfungsantrag gem. § 107 Abs. 1 GWB vor wirksamer Erteilung des Auftrags anhängig gemacht worden ist, während des Nachprüfungsverfahrens der Zuschlag erfolgt und eine Entscheidung nach § 114 Abs. 1 GWB nicht mehr ergehen kann. Die in diesen Fällen den Vergabekammern und -senaten weiterhin mögliche Feststellung, daß eine Rechtsverletzung vorgelegen habe, soll etwaige zum Zeitpunkt des Zuschlags im Nachprüfungsverfahren bereits erarbeitete Ergebnisse erhalten. Auch diese Regelung dient nach Auffassung des BGH´s dem Zweck, eine nochmalige gerichtliche Prüfung derselben Sach- und Rechtsfragen zu vermeiden. Infolge der Bindungswirkung, die die bestandskräftige Entscheidung im Nachprüfungsverfahren nach § 124 Abs. 1 GWB für einen etwaigen Schadenersatzprozeß hat, bedarf es im Prozeß vor den ordentlichen Gerichten keiner Feststellungen und Beweiserhebungen mehr zu der Frage, ob das Vergabeverfahren rechtswidrig war und der Bieter dadurch in seinen Rechten verletzt wurde.
In dem hiervon zu unterscheidenden Fall, den der BGH entschieden hat, kann der übergangene Bieter nur noch einen Schadenersatzanspruch geltend machen und notfalls gerichtlich verfolgen. Der Rechtsweg steht nur noch den Zivilgerichten offen, die für eine Schadenersatzklage des betroffenen Bieters gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber zuständig sind. Es handelt sich hierbei - um dies nochmals zu wiederholen - um die Fälle, in denen der Zuschlag wirksam erteilt worden ist und der Antrag zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens (zeitlich) danach bei der Vergabekammer gestellt worden ist.
Wichtig ist ferner der Hinweis des BGH´s, wonach der Zuschlag wirksam erteilt sein muß. Wirksam ist ein Zuschlag z.B. dann nicht erteilt und der geschlossene Vertrag nach § 134 BGB nichtig, wenn z.B. gegen § 13 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung - VgV -) vom 9. Januar 2001 verstoßen worden ist. Hat der Auftraggeber die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, nicht spätestens 14 Kalendertage vor dem Vertragsabschluß über den Namen des Bieters, dessen Angebot angenommen werden soll, und über den Grund der vorgesehenen Nichtberücksichtigung der anderen Bieter informiert, ist ein dennoch abgeschlossener Vertrag nichtig. Das gleiche gilt, wenn trotz Information die 14tägige Frist nicht eingehalten und der Zuschlag erteilt worden ist.
In dem vom BGH entschiedenen Fall, dessen Geschehensablauf sich vor dem Inkrafttreten der Vergabeverordnung am 1. Februar 2001 vollzogen hat, ist von der Wirksamkeit der Auftragsvergabe ausgegangen worden, weil eine Verbotsnorm i.S. des § 134 BGB noch nicht existierte. Der BGH hat folglich in der Verletzung der Vorabinformationspflicht - sofern sie überhaupt existiert hätte - lediglich einen Fehler im Vergabeverfahren gesehen, der die Wirksamkeit der Auftragserteilung durch Zuschlag nicht hat berühren können. Insoweit ist gegenüber der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts eine wesentliche Änderung durch Inkrafttreten der Vergabeverordnung vom 9. Januar 2001 eingetreten. § 13 Satz 4 besagt eindeutig, daß ein unter Verletzung der Informationspflicht abgeschlossener Vertrag "nichtig" ist.
Az.: II/1 608-00