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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 126/2008 vom 24.01.2008
Bundesgerichtshof zum Angebotsausschluss bei fehlenden Subunternehmerangaben
Der BGH hat in einem Urteil vom 18. September 2007 – X ZR 89/04 – folgende Leitsätze aufgestellt:
1. Werden in den Ausschreibungsunterlagen Erklärungen zu den Leistungen, die der Bieter durch Nachunternehmer erbringen lassen will, gefordert, so ist ein Angebot, das diese Erklärungen nicht enthält, von der Wertung der Angebote nach § 25 Nr. 1 Abs. 1b VOB/A auszuschließen.
2. Fehlende Angaben der hier fraglichen Art können vom Bieter nicht nachgeholt werden.
Problem/Sachverhalt
Ein Baukonzern beteiligt sich an einer öffentlichen Ausschreibung. Bei dem Angebotsformular „EMV (B) Ang" ist - obwohl gefordert - nicht angekreuzt, ob die Leistung im eigenen Betrieb ausgeführt oder durch Subunternehmer erbracht wird. Nach den Vergabebedingungen soll der Bieter angeben, ob Teile der Leistungen von Nachunternehmern ausgeführt werden, und für diesen Fall Art und Umfang der diesbezüglichen Leistungen angeben. Der Zuschlag wird einem anderen Bieter erteilt, der nicht das preislich günstigste Angebot - wie der Baukonzern – gestellt hat. Ein Ausschluss erfolgt nicht. Der Baukonzern macht Schadensersatzansprüche geltend.
Entscheidung
Die Klage hat keinen Erfolg. Der auf das positive Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass das Vergabeverfahren an einem Vergabefehler leidet, der Zuschlag einem Dritten tatsächlich erteilt worden ist und der Schadensersatz begehrende Bieter den Zuschlag hätte erhalten müssen. An der zuletzt genannten Voraussetzung fehlt es, weil das Angebot des Baukonzerns zwingend von der Wertung der Angebote auszuschließen war. Dieses enthielt nicht die in zumutbarer Weise vom Bieter „geforderten Erklärungen" (VOB/A in der bis 2006 geltenden Fassung § 21 Nr. 1 Abs. 1; VOB/A 2006 § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5). Damit war die gebotene Gleichbehandlung aller Bieter in einem transparenten Vergabeverfahren nicht mehr gewährleistet. Eine Nachholung der nach den Ausschreibungsunterlagen mit dem Angebot abzugebenden Erklärungen darüber, welche Leistungen der Bieter selbst ausführt und welche durch Nachunternehmer ausgeführt werden, in einem Aufklärungsgespräch nach § 24 VOB/A kam nicht in Betracht.
Ein transparentes und die Bieter gleich behandelndes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn lediglich in jeder Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden. Die Berücksichtigung einer späteren Änderung oder Ausgestaltung der Gebote ist nach § 23 Nr. 1 VOB/A ausgeschlossen. Eine Änderung oder Ausgestaltung ist immer dann gegeben, wenn sich die nachträgliche Erklärung nicht lediglich auf die inhaltliche Klärung eines an sich festgelegten Gebots beschränkt. An der notwendigen Festlegung fehlte es hier, weil offen geblieben ist, welche Leistungen angebotsgemäß durch Nachunternehmer auszuführen sind. Auch fehlende Angaben der hier fraglichen Art können mithin vom Bieter nicht nachgeholt werden.
Praxishinweis
In fast jedem Schadensersatzprozess wegen nicht berücksichtigten annehmbarsten Angebots werden formelle Fehler bei der Angebotsabgabe und den diesbezüglichen Erklärungen eingewandt. Nach der bisherigen strengen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und des BGH, die hiermit noch einmal bestätigt wird, gibt es selbst dann keinen Schadensersatz, wenn das gesamte Vergabeverfahren an erheblichen Mängeln leidet und auch Fehler bei den übrigen Bietern vorliegen, selbst bei dem, der den Zuschlag erhalten hat. Das führt zu der Empfehlung, die Formularangaben sorgfältigst vorzunehmen.
(Quelle: IBR Januar 2008, S. 40)
Az.: II/1 608-00