Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 789/2013 vom 04.11.2013

Bundesgerichtshof zum Anlagenbegriff im EEG

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich zu der Frage nach der Auslegung des Anlagenbegriffs nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz 2009 in einer mündlichen Verhandlung geäußert. Nach seiner Auffassung gelten nun mehrere Blockheizkraftwerke (BHKW), die an eine Biogaserzeugungseinrichtung angeschlossen sind, als eine Anlage im Sinne des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG). Für Anlagen, bei denen später ein BHKW hinzugefügt wurde, würden daher die alten Vergütungssätze des EEG 2009 fortgelten. Der BGH hat damit eine Grundsatzentscheidung hinsichtlich des seit langem umstrittenen Anlagenbegriffs des EEG getroffen.

Entscheidung

Der BGH hatte in dem Verfahren eine für Biogasanlagen typische Konstellation zu beurteilen, bei der an eine Biogaserzeugungseinrichtung am selben Standort mehrere BHKW angeschlossen sind und eine Grundsatzentscheidung darüber zu treffen, ob im EEG für Biogasanlagen der „weite“ oder der „enge“ Anlagenbegriff gilt. Am 23. Oktober 2013 fand die mündliche Verhandlung über die Revision eines Anlagenbetreibers statt.

Der BGH hat sich dort der Meinung des im konkreten Fall beklagten Netzbetreibers angeschlossen, der die Ansicht vertrat, dass es sich bei den beiden BHKW um eine einheitlich zu vergütende Gesamtanlage im Sinne des § 3 Nr. 1 EEG handelt. Nach dem zu erwartenden Urteil des BGH werden BHKW, die künftig zu bereits bestehenden Anlagen hinzugebaut werden, nach den rechtlichen Rahmenbedingungen zu behandeln sein, die für die ursprüngliche Bestandsanlage gelten, und nicht nach den strengeren Vergütungsvoraussetzungen des EEG 2012. Die Frage, ob es sich um eine oder mehrere Anlagen handelt, sei sachlogisch vor deren möglicher vergütungsseitiger Zusammenfassung nach § 19 EEG zu beantworten. Für einen weiten Anlagenbegriff spräche vor allem die Gesetzesbegründung zum EEG 2009. Neben diesen auch von den Oberlandesgerichten vorgebrachten Argumenten stellte der BGH wesentlich darauf ab, dass der Gesetzgeber mit dem weiten Anlagenbegriff das Ziel verfolge, unnötige volkswirtschaftliche Kosten zu vermeiden. Deshalb sei von nur einer Anlage auszugehen. Dabei laufe § 19 EEG mit dessen Zwecksetzung der Verhinderung von Missbräuchen auch nicht leer. Im Falle des künstlichen Anlagensplittings habe die Norm ihren (verkleinerten) Anwendungsbereich. Ob das Urteil auch Auswirkungen auf die Eigenständigkeit von Satelliten-BHKW haben wird, ist dagegen noch nicht absehbar.
Eine schriftliche Urteilsfassung steht noch aus.

Hintergrund

Die Frage der Auslegung des Anlagenbegriffs nach § 3 Nr. 1 EEG 2009 - und übertragen auf das EEG 2012 - gehört zu den seit langem umstrittenen Fragen im EEG. Bedeutung hat er insbesondere für die Ermittlung des Inbetriebnahmezeitpunkts - und damit für die Vergütungshöhe und Dauer des Vergütungsanspruchs. Nach dem engen Anlagenbegriff der Clearingstelle EEG wäre jedes BHKW eine eigenständige Anlage mit grundsätzlich eigenständigem Vergütungsanspruch. Nach dem weiten Anlagenbegriff stellen alle Komponenten einer Biogasanlage (z. B. Fermenter, Endlager, Gasspeicher) und alle BHKW eine Gesamtanlage dar, welche ein einheitliches Inbetriebnahmejahr hat. Sofern später neue BHKW hinzugebaut werden, stellen diese einen Teil dieser Gesamtanlage dar, was bedeutet, dass die alten Vergütungssätze nach dem EEG 2009 gelten. Nach einer insbesondere von der Clearingstelle EEG, aber auch von weiten Teilen der Literatur vertretenen Auffassung können mehrere BHKW auch dann, wenn sie zur Stromerzeugung notwendige technische Einrichtungen gemeinsam nutzen, gleichwohl selbstständige Anlagen nach § 3 Nr. 1 EEG sein. Ob es missbräuchlich ist, etwa ein weiteres BHKW an einem Standort einer Biogasanlage dazu zubauen und so unter Umständen eine höhere EEG-Vergütung einzustreichen, würde sich danach erst aus der Verklammerungsregelung des § 19 EEG ergeben. Im Ergebnis werden danach Anlagen nicht zusammengefasst, wenn das zweite BHKW später als nach einem Jahr zugebaut wird. In der Rechtsprechung etlicher Oberlandesgerichte hat sich in den vergangenen Jahren eine andere Auffassung durchgesetzt. Danach verlange der vom Gesetzgeber gewollte weite Anlagenbegriff im EEG, dass bereits auf der Stufe des § 3 EEG geprüft werde, ob aufgrund der gemeinsamen Nutzung von für die Stromerzeugung erforderlichen Einrichtungen von einer Anlage auszugehen sei. Zwar stehe die entsprechende Regelung - anders als noch im EEG 2004 - nicht mehr explizit im Gesetz. Diese gelte aber weiter. Der weite Anlagenbegriff umfasse etwa gerade auch die Biogaserzeugungseinrichtung, so dass alle an diese angeschlossenen BHKW ebenfalls zu einer EEG-Anlage gehörten.

Az.: II/3 811-00/8

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