Mitteilungen - Recht, Personal, Organisation

StGB NRW-Mitteilung 602/2024 vom 23.09.2024

Bundeskabinett beschließt besseren Schutz Gemeinwohl-Engagierte

Das Bundeskabinett hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften sowie von dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten beschlossen. Damit sollen auch kommunale Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger in der Praxis effektiver vor Hass, Anfeindungen und Gewalt geschützt und das Strafrecht an einigen Stellen verschärft werden. Aus kommunaler Sicht ist die Zielsetzung des Entwurfs zu begrüßen. Es sind jedoch weitergehende strafrechtliche und -prozessuale Regelungen und Maßnahmen erforderlich, um Strafrechtslücken schließen und kommunalpolitisch Engagierte in der Praxis effektiver schützen zu können. Zudem ist es dringend erforderlich, dass die Strafverfolgungsbehörden personell und materiell in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben angemessen erfüllen können.

Der Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) beabsichtigt folgende Ergänzungen im Strafgesetzbuch (StGB):

  • Zum Schutz von Personen, die sich – ehrenamtlich oder beruflich – für das Gemeinwohl engagieren, soll § 46 Absatz 2 Satz 2 StGB (Grundsätze der Strafzumessung) ergänzt werden. Hiernach soll bei der Strafzumessung künftig auch zu berücksichtigen sein, ob die verschuldeten Auswirkungen der Tat geeignet sind, eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen.
  • Daneben soll der Schutzbereich der §§ 105 und 106 StGB (Nötigung von Verfassungsorganen, des Bundespräsidenten und von Mitgliedern eines Verfassungsorgans) um die europäische und die kommunale Ebene erweitert werden. Damit sind zukünftig auch das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und der Gerichtshof der Europäischen Union sowie die Volksvertretungen der kommunalen Gebietskörperschaften sowie deren Mitglieder vor Nötigungen geschützt. In diesem Zusammenhang wird die Zuständigkeit der Staatsschutzkammern auf Straftaten nach den §§ 105 und 106 StGB erweitert, soweit sich diese gegen kommunale Volksvertretungen beziehungsweise deren Mitglieder richten.
  • § 113 Absatz 2 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) soll zum Schutz von u. a. Polizisten, Hilfeleistenden der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes, eines Rettungsdienstes, eines ärztlichen Notdienstes oder einer Notaufnahme erweitert werden: Künftig soll auch die Tatbegehung mittels eines hinterlistigen Überfalls in der Regel einen besonders schweren Fall darstellen, der mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden kann.

Das Bundesministerium der Justiz hat ein Informationspapier mit Erläuterungen zu den einzelnen Gesetzesvorhaben veröffentlicht. Dieses ist unter www.bmj.de. abrufbar.

Der vom Bundeskabinett beschlossene Regierungsentwurf wird nun dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet und nach einer Gegenäußerung der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag weitergeleitet und dort beraten.

Anmerkung des DStGB und des StGB NRW

Die Zielsetzung der beschlossenen Änderungen des Strafgesetzbuches, den Schutz von ehrenamtlich Engagierten sowie Amts- und Mandatsträgerinnen und -trägern, Vollstreckungsbeamtinnen und -beamten sowie Einsatzkräften auf kommunaler Ebene vor Hass, Anfeindungen und Gewalt zu erhöhen, ist ausdrücklich zu begrüßen. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass Hass und Gewalt gegenüber kommunalpolitisch Engagierten nicht nur über eine vorgesehene Änderung der Strafzumessung künftig strafschärfend verfolgt werden sollen, sondern darüber hinaus eine Erweiterung des Schutzbereichs der §§ 105 und 106 StGB explizit um die kommunale Ebene beschlossen wurde.

Aus kommunaler Sicht sind und bleiben jedoch weitergehende strafrechtliche und -prozessuale Regelungen und Maßnahmen erforderlich, um Strafrechtslücken schließen und kommunale Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger in der Praxis effektiver schützen zu können.

  • So sollten in den §§ 105, 106 StGB neben den Volksvertretungen der kommunalen Gebietskörperschaften und deren Mitgliedern auch die sonstigen Beamten und Angestellten in den Kommunalverwaltungen einbezogen werden. Gerade sie haben aber häufig direkten Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern und sind Anfeindungen und Gewalt unmittelbar ausgesetzt.
  • Zudem sollten die Regelungsvorschläge der Initiative des Bundesrates (BRat -Drs. 216/2024) aufgegriffen werden und die Gesetzesentwürfe gemeinsam weiterverfolgt werden. Darin enthalten ist u.a. der bessere Schutz von Kommunalpolitikerinnen und -politiker vor sog. politischen Stalking (§ 106a StGB), der besser vor Übergriffen in die Privatsphäre schützen soll. Dies wird laut dem BMJ geprüft.
  • Aus Sicht der Geschäftsstelle sind Anfeindungen und Angriffe auf Repräsentanten des Staates und kommunalpolitisch Engagierte immer auch Angriffe auf unser Gemeinwesen und unsere Demokratie. Eine Ahndung solcher Straftaten sollte deshalb immer im öffentlichen Interesse liegen. Dies signalisiert auch den notwendigen Rückhalt gegenüber den Betroffenen. Dies sollte durch eine entsprechende Änderung der Rechtsgrundlagen in den Richtlinien für das Strafverfahren und den Bußgeldverfahren (RiStBv) oder auch in den entsprechenden Regelungen der Strafprozessordnung klargestellt werden.
  • Es wird angeregt, die kommunalen Ordnungsbehörden und auch das medizinische Personal in Arztpraxen und Krankenhäusern (außerhalb der Notaufnahmen) durch eine Ergänzung des § 115 Abs. 3 StGB unter den besonderen Schutz des § 113 StGB zu stellen.

Abschließend sei anzumerken, dass es dringend notwendig ist, die Strafverfolgungsbehörden personell und materiell so auszustatten, dass sie ihre Aufgaben angemessen erfüllen können. Die Strafverfolgungsbehörde sind schon heute deutlich überlastet und können aus diesem Grund Straftaten gegen kommunale Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger nicht vollständig verfolgen. Die Taten werden, sofern sie überhaupt eine strafrechtliche Relevanz haben, in vielen Fällen gar nicht erst verfolgt und bleiben damit ohne rechtliche Konsequenzen. Dies führt zu Frustration und zum Teil auch Resignation bei den Betroffenen und lässt Zweifel daran entstehen, ob der Staat ihnen ausreichend Rückendeckung gibt.

Der Deutscher Städte- und Gemeindebund hat sich gemeinsam mit dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Landkreistag im Rahmen der Verbändebeteiligung in einer Stellungnahme entsprechend gegenüber dem BMJ positioniert. Das weitere parlamentarische Verfahren bleibt nunmehr abzuwarten.

Az.: 15.0.15-002/001

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