Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 621/1999 vom 20.09.1999
Bundeskartellamt zu Fusionskontrolle und Durchleitung in der Energiewirtschaft
Auf einen direkten Zusammenhang zwischen Durchleitung und Fusionskontrolle hat der Präsident des Bundeskartellamtes, Dieter Wolf, anläßlich einer Pressekonferenz am 01.09.1999 hingewiesen. Hierbei wies er der neu zu fassenden Verbändevereinbarung eine Schlüsselrolle zu und stellte die Kriterien vor, nach denen sein Haus die novellierte Durchleitungsvereinbarung beurteilen werde.
Wolf führte aus, bislang orientiere man sich bei der räumlichen Marktabgrenzung am Leitungseigentum, dem immer noch eine erhebliche Marktverschließungswirkung zukomme. Von flächendeckendem Durchleitungswettbewerb könne noch nicht gesprochen werden. In dieser Situation bleibe es bei einer scharfen Fusionskontrolle, die nur für horizontale Zusammenschlüsse kleinerer Anbieter aufgelockert worden sei. Wolle man über diese Praxis hinausgehen, müsse die Durchleitung zwischen den Netzen verschiedener Eigner vom Ausnahme- zum Regelfall werden.
Der Schlüssel zu einer solchen Entwicklung sei vor allem die neue Verbändevereinbarung. Zwar könne man diese erst dann abschließend bewerten, wenn sie endgültig vorliegt, jedenfalls aber werde das Bundeskartellamt auf folgendes nicht verzichten:
1. Netzinanspruchnahme und Energievertrieb müssten in Zukunft klar getrennt werden. Dazu könne zum Beispiel die Aufgliederung der Verträge zwischen EVU und Abnehmer in einen Netzzugangs- und einen Energieliefervertrag dienen.
2. Bei der Berechnung des Durchleitungsentgeltes dürften keine entfernungsabhängigen Komponenten enthalten sein.
3. Der Wettbewerb dürfe nicht am privaten Verbraucher vorbeigehen, die EVU müssten synthetische Lastprofile, die dem Verbraucher einen unkomplizierten und kostenlosen Versorgerwechsel ermöglichen, zur Anwendung bringen.
Wolf betonte, dies seien nicht mehr als Mindestvoraussetzungen, ohne deren Erfüllung insbesondere Großfusionen, wie sie derzeit in der Presse diskutiert werden, sicher nicht freigegeben würden. Denn auch bei funktionierender Durchleitung könnten Großfusionen gravierenden wettbewerblichen Bedenken begegnen. So seien insbesondere die Großunternehmen der Energiewirtschaft stark miteinander verflochten. Bei bundesweiter Betrachtung könne sich daher ein Oligopolbild ergeben.
Zum Thema Fusionskontrolle im Stadtwerkebereich führte Wolf aus, seines Erachtens komme der kommunalen Versorgungsstufe eine wichtige Rolle im Wettbewerbsprozess zu. Gerade bei Stadtwerken sähe er Anpassungsbedarf in der neuen Wettbewerbslandschaft. Er betonte, Fusionen oder Kooperationen in diesem Bereich aufgeschlossen gegenüberzustehen. Dies setze natürlich voraus, dass die Stadtwerke sich der Durchleitung öffnen. Wenn sich einzelne Stadtwerke dem verweigerten, werde man sie fusionsrechtlich als lokale Monopole behandeln und eine dementsprechend restriktive Fusionskontrolle betreiben.
Az.: G/3 811-00