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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 311/2020 vom 06.04.2020
Initiative für Planungssicherheit der Windkraft an Land
Der Bundesrat möchte per Gesetz die Planungssicherheit für Projektentwickler von Windkraftanlagen erhöhen. Dazu schlägt das Gremium Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mit einem eigenen Entwurf (BT-Drs. 19/18091) vor. Ziel des Vorstoßes ist es, Fristen für Widersprüche und Klagen zu hemmen. Hintergrund ist, dass Entwickler weder Förderung verlieren noch Strafzahlungen fürchten müssen, wenn Widerspruch oder Klagen gegen die Genehmigung von Anlagen eingereicht werden.
Die Bundesregierung hat angekündigt, die Gesetzesinitiative nicht zu unterstützen. Sie will aber prüfen, ob und inwieweit diese Fragen in der anstehenden EEG-Novelle im ersten Halbjahr 2020 aufgegriffen werden können. Das Bundesumweltministerium hatte in einem Gespräch mit dem StGB am 22. Januar 2020 angekündigt, dass die Genehmigungs- und Klageverfahren beim Windkraftausbau beschleunigt werden sollen.
Die Initiative geht auf einen Antrag (BR-Drs. 631/19) des Landes Nordrhein-Westfalen vom 26. Novemer 2019 zurück. Hintergrund des Antrags ist, dass im EEG, dessen Regelungen ab dem 1. Januar 2017 in Kraft getreten sind, der Zahlungsanspruch auf staatliche Fördersätze in wettbewerblichen Ausschreibungen ermittelt wird.
Nach öffentlicher Bekanntgabe des Zuschlags für Windenergieanlagen an Land müssen die Bieter gemäß § 55 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 55 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 an den regelverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber eine Pönale leisten, sofern die Windenergieanlage erst nach mehr als 24 Monaten nach der öffentlichen Bekanntgabe des Zuschlags in Betrieb genommen worden ist. Für Bürgerenergiegesellschaften beträgt die Frist 48 Monate. Die Höhe der Pönale berechnet sich aus der Gebotsmenge des bezuschlagten Gebots abzüglich der bis dahin in Betrieb genommenen Anlagenleistung und beträgt mindestens 10 Euro pro Kilowatt. Gegenwart und Vergangenheit zeigen, dass es zu einem starken Anstieg der Rechtsmittel Dritter gegen die Genehmigung der Windenergieanlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz gekommen ist. Eine mögliche Folge der Einlegung von Rechtsmitteln gegen die Genehmigung ist die aufschiebende Wirkung, sodass die angefochtene Genehmigung nicht vollzogen werden darf, bis eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt.
Während die aufschiebende Wirkung die Bieter am Vollzug der Genehmigung hindert, läuft die Frist nach § 55 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 EEG weiter, sodass sich die Bieter in der Regel mit der Strafzahlung konfrontiert sehen. Die übliche Dauer der Gerichtsverfahren von mehreren Jahren verstärkt diesen Effekt zusätzlich.
Eine ähnliche Problematik ergibt sich aufgrund des § 36i EEG hinsichtlich der Dauer des Zahlungsanspruchs für Windenergieanlagen an Land. Der Zeitraum von 20 Jahren, innerhalb dessen die nach dem Ausschreibungsprinzip ermittelte Einspeisevergütung gezahlt wird, beginnt spätestens 30 Monate nach der Bekanntgabe des Zuschlags an den Bieter, selbst dann, wenn der Bieter eine Fristverlängerung nach § 36e Absatz 2 erhalten hat und die Inbetriebnahme zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet. Unter Umständen entsteht somit der Zahlungsanspruch für die bezuschlagte Windenergieanlage, obwohl diese aufgrund eines Klageverfahrens noch nicht gebaut werden konnte.
Die Vergütungsdauer reduziert sich mithin. Da Projektentwickler in der Projektfinanzierung grundsätzlich mit einer Vergütungsdauer ihrer Anlagen von 20 Jahren rechnen, ist durch die aufschiebende Wirkung der eingelegten Rechtsmittel die Wirtschaftlichkeit beklagter Projekte, die nach 30 Monaten noch nicht ans Netz angeschlossen werden konnten und nichts einspeisen können, gefährdet.
Um dieses Problem zu beheben, sollen nach § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EEG bzw. § 36i EEG entsprechend angepasst werden, um die Hemmung bzw. Aussetzung zu ermöglichen. Laut der Vorlage des Bundesrats sollen Projektentwickler durch die vorgeschlagene Anpassung von Strafzahlungen verschont bleiben. Weiterhin soll dadurch vermieden werden, dass die Kalkulationsgrundlage für das jeweilige Windprojekt infolge der Dauer der Rechtsmittelverfahren gefährdet wird.
Die Initiative des Bundesrats ist zu begrüßen. Der allgemeine Anstieg an Widersprüchen und Klageverfahren stellt derzeit die größte Blockade beim Windkraftausbau an Land dar. Die oben beschriebenen Probleme sind ein Grund für den schleppenden Ausbau. Das BMU hat in einem Gespräch mit dem StGB am 22. Januar 2020 angekündigt, dass die Genehmigungs- und Klageverfahren beim Windkraftausbau beschleunigt werden sollen. Damit kommt das Ministerium einer bereits länger bestehenden Forderung des StGB nach. Insbesondere soll die aufschiebende Wirkung bei Widersprüchen gegen genehmigte Anlagen entfallen und der Instanzenweg vor den Gerichten um eine Instanz verkürzt werden. Auch sollen die Regelungen zum Artenschutz vereinheitlicht und die Gesetzeslage an die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte angepasst werden.
Az.: 28.6.9-002/005