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Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr
StGB NRW-Mitteilung 482/2024 vom 17.07.2024
Bundesrat stimmt StVO-Novelle zu
Nach dem Beschluss der Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) am 14.06.2024 wurde am 05.07.2024 im Bundesrat auch die Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) beschlossen. Damit erhalten die Kommunen zusätzliche Möglichkeiten beispielsweise für die Einrichtung von Tempo 30 innerorts in bestimmten Bereichen oder von Fußgängerüberwegen und Ladebereichen. Diese Reform des Straßenverkehrsrechts ist aus Sicht des StGB NRW zu begrüßen. Weitere Schritte sollten jedoch folgen, um die bei den Städten und Gemeinden vor Ort eingeforderten zusätzliche Handlungsspielräume bei der Gestaltung des Verkehrs umfassender zu erreichen.
Beschlossen wurden folgende Anpassungen der StVO, die am Tag nach der noch zu erfolgenden Verkündung in Kraft treten.
Tempo 30
Konkret wurden u.a. weitere Möglichkeiten bei der Anordnung von Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Tempo 30 innerorts beschlossen. Hierzu gehören so genannte Lückenschlüsse zwischen zwei schon vorhandenen Tempo-30-Strecken sowie weitere Ergänzungen der Ausnahmen nach § 45 Abs. 9 Satz 6 StVO. Genannt werden hier nun auch der unmittelbare Bereich von Fußgängerüberwegen, Spielplätze, hochfrequentierte Schulwege sowie (nach einem im Bundesrat ergänzend zum Verordnungsentwurf angenommenen Änderungsantrag) Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen.
Bewohnerparken
Kommunen können künftig schon bei drohendem Parkraummangel Bewohnerparken anordnen, um einem erheblichen Parkdruck, wo vermeidbar, vorzubeugen. Bisher war das nur als Reaktion auf eine erhebliche Belastung durch parkende Fahrzeuge möglich. Künftig soll es einfacher sein, auf Basis von Prognosen den Parkraum vorausschauend so zu ordnen, dass die negativen Auswirkungen auf die Umwelt und das Stadtbild möglichst geringgehalten werden.
Fußgängerüberwege
Künftig sollen Kommunen auch ohne eine besondere Gefahrenlage sichere Querungsmöglichkeiten für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, Ältere und Kinder schaffen können. Mit dieser erleichterten Anordnung von Fußgängerüberwegen können Verkehrsbehörden vorausschauend handeln, um die Gefahren für Verkehrsteilnehmer zu verringern.
Sonderfahrspuren für verschiedene Mobilitätsformen und Bussonderfahrstreifen
Kommunen können Sonderfahrspuren für verschiedene Mobilitätsformen erproben – befristet bis zum 31. Dezember 2028. Denkbar sind zum Beispiel Spuren ausschließlich für elektrisch oder mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge oder für Fahrgemeinschaften. Die Anordnung von Bussonderfahrstreifen wird erleichtert, was den Bus-Linienverkehr besser vor Störungen schützen soll.
Flächen für Rad- und Fußverkehr
Den Kommunen wird erleichtert, angemessene Flächen für den Fahrrad- und Fußverkehr bereitzustellen. Die Straßenverkehrsbehörde muss jedoch konkret darstellen und begründen, inwieweit andere Verkehrsteilnehmer – und damit der motorisierte Individualverkehr, aber auch der öffentliche Personennahverkehr – nicht unangemessen beschränkt werden.
Einheitliches Verkehrszeichen „Ladebereich“
Daneben soll künftig ein einheitliches Verkehrszeichen für Ladebereiche eingeführt werden. Der Bundesrat änderte hierbei den ursprünglichen Begriff „Ladezone“. Die derzeit bestehenden unterschiedlichen Möglichkeiten zur Ausweisung von Zonen zum Be- und Entladen von Fahrzeugen haben sich laut BMDV in der Praxis nicht in vollem Umfang bewährt. Klar gekennzeichnete, gesonderte Parkflächen für das Be- und Entladen sollen nun Abhilfe schaffen und gerade das Halten und Parken in zweiter Reihe eindämmen.
Abschaltverbot von Notbremsassistenten
Die Verordnung führt zudem ein Abschaltverbot von Notbremsassistenten für Kraftfahrzeuge über 3,5 Tonnen ab einer Geschwindigkeit von über 30 Kilometer pro Stunde ein. Mit dieser technischen Hilfe kann die Anzahl und Schwere von Auffahrunfällen deutlich verringert werden. Das Ausschalten des Systems birgt eine hohe Gefahr für die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer.
Bundesrat fasst zudem Entschließung zur Vision Zero
Beschlossen hat der Bundesrat zudem eine Entschließung, in der er u.a. eine Verankerung der Vision Zero in der StVO vorschlägt und die Klärung der mit der geänderten StVO einhergehenden unbestimmten Rechtsbegriffe anmahnt.
Anmerkung des StGB NRW und DStGB
Die Änderungen der StVO sind ebenso wie das neue StVG grundsätzlich zu begrüßen. Die Erwartungen der Kommunen an diesen zweiten Schritt der Reform des Verkehrsrechts waren groß. Bislang sind Geschwindigkeitsbeschränkungen an Hauptstraßen nur in wenigen Ausnahmefällen und mit enormem Begründungsaufwand möglich. Die Städte und Gemeinden hätten sich insbesondere gewünscht, dass der „besondere Gefahrennachweis“ der StVO umfassender entfällt und damit anstelle weiterer Ausnahmeregelungen deutlich mehr Handlungsspielräume vor Ort ermöglicht würden. Die Kommunen handeln bei der Gestaltung des Verkehrs stets mit Augenmaß und sollten die Kompetenz erhalten, im Interesse der Menschen und Verhältnisse vor Ort noch stärker auf das Verkehrsgeschehen Einfluss zu nehmen.
Die hohe Bedeutung der Verkehrssicherheit und insbesondere die Ermöglichung präventiver Maßnahmen zur Verkehrssicherheit waren ein Kernanliegen der Kommunen in diesem Reformprozess. Auch eine Verankerung der Vision Zero in der StVO, wie vom Bundesrat durch die Entschließung angeregt, hätte dies unterstützt.
Wichtig zu betonen ist, dass eine generelle Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 30 innerorts nicht das Ziel der Städte und Gemeinden ist. Denn auch mit Blick auf Durchgangsverkehre, den ÖPNV und die Wirtschaft müssen die Straßen leistungsfähig und Innenstädte auch mit dem Individualverkehr erreichbar bleiben. Es herrscht auf der kommunalen Ebene ein breiter Konsens, dass diese Reform zugunsten von mehr Verkehrssicherheit und Lebensqualität vor Ort überfällig war und weitere Schritte folgen müssen.
Weitere Informationen:
Grunddrucksache und Beschlussdrucksache im Bundesrat: www.bundesrat.de
Az.: 33.2.3.2-003/002