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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 187/2015 vom 11.03.2015
Bundestag zu europäischen Rechnungslegungsstandards
Der Deutsche Bundestag hat am 05.03.2015 einstimmig die Beschlussempfehlung zur von der EU-Kommission angestrebten Einführung harmonisierter Rechnungslegungsstandards für alle öffentlichen Ebenen in der EU (EPSAS) beschlossen [Beschlussempfehlung (S. 1-5): http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/041/1804182.pdf; Parlamentsprotokoll im Plenum (Top 17, S. 8646): http://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/18/18091.pdf#P.8646].
Die erste Entschließung des Deutschen Bundestages zu EPSAS vom 27.06.2013 wurde durch den neuerlichen Beschluss ergänzt und das EPSAS-Vorhaben der Europäischen Kommission nunmehr sehr kritisch kommentiert. Dabei wurden auch einige der Kritikpunkte und politischen Forderungen aufgegriffen, die der Deutsche Städte- und Gemeindebund gegen EPSAS formuliert und öffentlich gemacht hatte.
In dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 05.03.2015 wird unter anderem ausgeführt: Der Deutsche Bundestag teilt das Anliegen, eine hohe Qualität finanzstatistischer Daten der Mitgliedstaaten langfristig zu sichern und weiter zu verbessern. Er hält aber mit Blick auf die bisherigen Weichenstellungen der EU-Kommission an EPSAS das selbstformulierte Ziel, qualitativ hochwertige, vergleichbare Daten zur Prävention von Finanz- und Wirtschaftskrisen zu erfassen, für realistisch nicht erreichbar und einen Dateninput in gleicher Qualität, nach gleichen Kriterien und Maßstäben angesichts der unterschiedlichen Verwaltungsstrukturen in den EU-Mitgliedstaaten für kaum umsetzbar.
Der Deutsche Bundestag betont die immensen Kosten einer EPSAS-Einführung von bis zu mehreren Milliarden Euro alleine für Deutschland und bezweifelt, dass der Nutzen der Einführung europäischer Rechnungsvorlegungsvorschriften in einem verantwortbaren Verhältnis zu den erforderlichen Kosten steht.
Der Bundestag betont die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität. Die Wahlfreiheit zwischen verschiedenen doppischen und kameralen Systemen der Haushaltsführung und Rechnungslegung in den Mitgliedstaaten und die Vermeidung von Parallelsystemen vor dem Hintergrund knapper finanzieller und personeller Ressourcen müsse erhalten bleiben.
Sinnvoll seien europäische Rechnungslegungsvorschriften nur dann, wenn insbesondere die Erfassung und Bewertung von Vermögen und Verbindlichkeiten — vor allem im Hinblick auf die implizite Verschuldung, die insbesondere die Risiken wie die Altersvorsorge vollständig abzubilden haben - Transparenz und Vergleichbarkeit garantieren, wofür einheitliche Maßstäbe definiert sein müssten.
Die Erfahrungen in deutschen Bundesländern und Kommunen zeigten, dass Reformen des Rechnungswesens in der Regel mindestens zehn Jahre in Anspruch nehmen und trotzdem nicht nach einheitlichen Kriterien sicherzustellen seien. Insgesamt fordert der Deutsche Bundestag die Bundesregierung dazu auf:
- dafür Sorge zu tragen, dass die in Deutschland bestehende Entscheidungsfreiheit bezüglich der kameralen und doppischen Systeme der Haushaltsplanung, -führung und Rechnungslegung bestehen bleibt; doppische und periodengerechte Buchführung soll auch bei einer möglichen Entwicklung von EPSAS allenfalls auf freiwilliger Basis eingeführt werden;
- durch aktive Mitgestaltung darauf hinzuwirken, dass die in Deutschland relevanten Grundsätze der Objektivierung, Rechenschaft, Ordnungsmäßigkeit und Kontrolle Berücksichtigung finden und Wahlrechte und Ermessenspielräume weitgehend ausgeschlossen werden, da nur auf diese Weise überhaupt vergleichbare Ergebnisse in der Rechnungslegung nationalstaatlich und in Europa erzielbar sind;
- darauf hinzuwirken, dass im Zentrum der Entwicklung von europäischen Rechnungslegungsstandards die Stellen stehen, die für die Setzung der nationalen Rechnungslegungsnormen für öffentliche Haushalte verantwortlich sind, um die demokratische Legitimation dieser Standards zu sichern.
Mit einer Umsetzung dieser politischen Forderungen des Deutschen Bundestages würde das EPSAS-Vorhaben der Europäischen Kommission in der bisher angestrebten Form nicht umsetzbar sein. Offen bleibt damit die Frage, ob die EU eine Harmonisierung öffentlicher Rechnungslegungsstandards erreichen kann, die den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit genügt, die Wahlfreiheit zwischen kameraler und doppischer Rechnungslegung beibehält und die Zielsetzungen einer harmonisierten Rechnungslegung bei einem vertretbaren Kosten- und Verwaltungsaufwand umsetzen kann.
Az.: IV/1 904-05/1