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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 116/2013 vom 14.02.2013
Bundesumweltminister für Einführung einer Strompreis-Sicherung
Die Debatte um eine grundlegende Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) und seine Ausgestaltung wird konkreter. Nachdem Bundesumweltminister Altmaier bereits ankündigte, das künftige EEG mit einer flexibleren Steuerung des Energieverbrauchs zu versehen, dabei jedoch an dem vorhandenen Einspeisemodell festhalten zu wollen, stellte er nun einen umfassenden Entwurf vor. Dieser soll die Stromkosten durch eine gesetzliche Festschreibung der EEG-Umlage begrenzen und noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden.
Um die Kosten auf alle Akteure zu verteilen, sollen Ausnahmeregelungen für energieintensive Unternehmen reduziert, EEG-Anlagenbetreiber durch einen "Energie-Soli" an den Kosten beteiligt und der Eigenverbrauch mit der EEG-Umlage belastet werden. Bundeswirtschaftsminister Rösler begrüßte den Vorstoß, obgleich er den Vorrang Erneuerbarer Energien, ähnlich wie EU-Energiekommissar Oettinger, abschaffen will.
Hintergrund
Die Diskussion um die geplante Reform der EEG ist bereits im letzten Jahr erneut angestoßen worden und hat sich in den letzten Wochen aufgrund der zu Beginn des Jahres eingetretenen Strompreiserhöhung noch einmal intensiviert. Alle an der politischen Debatte Beteiligten sind sich in einem Punkt einig: das derzeitige EEG muss dringend überarbeitet und dabei wirtschaftlicher werden. Wie das bestehende Fördersystem jedoch ausgestaltet werden muss, um das Ziel am besten erreichen zu können, wird sehr unterschiedlich gesehen.
Während Bundesumweltminister Peter Altmaier an dem vorhandenen Einspeisemodell, d.h. an den Grundsätzen der garantierten Einspeisevergütung und des Vorrangs Erneuerbarer Energien, festhält, jedoch mittels marktwirtschaftlicher Instrumente eine gesetzliche Festschreibung genereller zeitlicher und quantitativer Ausbauziele und eine Anpassung der Vergütung für die einzelnen Energiearten erreichen will, setzt sich Bundeswirtschaftsminister Rösler für die Einführung eines sog. Mengen- oder Quotenmodells ein.
Statt einer festen Einspeisevergütung sollen hiernach die Energieversorger verpflichtet werden, ihren Kunden eine bestimmte Menge Erneuerbarer Energien zu liefern. Letzterem Modell schließt sich auch EU-Energiekommissar Günther Oettinger an, der anlässlich der Handelsblatt-Tagung „Energiewirtschaft 2013“ im Januar dieses Jahres in Berlin die Auswirkungen der Förderung Erneuerbarer Energien auf europäischer Ebene beleuchtete und sich für eine europaweite Harmonisierung der Fördersysteme aussprach.
Die CSU fordert dagegen ein Modell, nach dem die Erzeugung von alternativem Strom an die Bereitstellung von Ersatzkapazitäten geknüpft wird. Danach garantiert der Erzeuger oder Anlagenbetreiber von großen Wind- und Solaranlagen eine bestimmte Menge an Strom und erwirbt - wenn dies nicht möglich ist - zum Ausgleich für den Ausbau fossiler Kraftwerks-Kapazitäten frei handelbare Zertifikate.
Nachdem Bundesumweltminister Altmaier bereits im vergangenen Herbst einen Verfahrensvorschlag für eine EEG-Reform präsentierte (s. Mitteilungen Nr. 550/2012 vom 17.10.2012), unterbreitete er jetzt einen neuen Vorschlag für eine kurzfristige Änderung des EEG.
Inhalt des Vorschlags
Der Vorschlag sieht die Einführung einer „Strompreis-Sicherung“ im EEG vor, die die ungebremste Kostendynamik der EEG-Umlage verhindern soll. Die Kosten sollen künftig auf allen Schultern, d.h. Wirtschaft, Industrie und Anlagenbetreibern besser verteilt werden.
Dieses Ziel soll mit folgenden Maßnahmen erreicht werden, die noch vor der parlamentarischen Sommerpause in einen Gesetzesentwurf münden und zum 1. August 2013 in Kraft treten sollen:
- Die Höhe der EEG-Umlage soll erstmals gesetzlich festgeschrieben und begrenzt werden, d.h. die EEG-Umlage bliebe in den Jahren 2013 und 2014 unverändert bei 5,28 ct/kwh und würde für die folgenden Jahre auf einen Anstieg von max. 2,5 % pro Jahr begrenzt werden.
- Vorgesehen sind sog. Einmal-Maßnahmen, d.h. die auf jeden Fall wirken, sowie ein System automatischer Stabilisatoren, die nur im Bedarfsfall wirken. Sobald die EEG-Umlage steigt, treten folgende Sofortmaßnahmen automatisch in Kraft:
- Es soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Einspeisevergütung für Neuanlagen in den ersten Monaten für eine bestimmte Zeit auszusetzen, bis das EEG-Konto wieder ausgeglichen ist.
- Von Betreibern von Bestandsanlagen soll ein einmaliger EEG-Soli in Form einer Vergütungskürzung von 1-1,5 % erhoben werden können.
- Die Ausnahme-Regelungen für energieintensive Unternehmen sollen reduziert und begrenzt werden durch eine Erhöhung der Mindestumlage und ggf. durch eine Deckelung der begünstigten Gesamtstrommenge.
- Die Eigenproduktion und der Eigenverbrauch werden künftig mit der EEG-Umlage belastet.
- Die Liquiditätsreserve soll flexibilisiert werden und im Bedarfsfall bis auf 3 % abgesenkt werden können.
Der Bundesumweltminister erwartet durch die Maßnahmen eine Kostenersparnis von insgesamt 500 Mio. Euro. Eine grundlegende EEG-Reform ersetze den Vorschlag laut eigener Aussage nicht. Im Detail gäbe es bei der Ausgestaltung des Vorschlags noch Gestaltungsspielraum. Entscheidend sei daher der nächste Bund-Länder-Energiegipfel im März 2013.
Der Vorschlag zur „Strompreis-Sicherung“ ist im Mitgliedsbereich des Internetangebotes des StGB NRW unter Fachinfo/Service ≥ Fachgebiete ≥ Finanzen und Kommunalwirtschaft ≥ Energiewirtschaft abrufbar.
Anmerkung
Der neue Verfahrensvorschlag Altmaiers ist von zwei Seiten zu betrachten. Der Ansatz, die Kosten der EEG-Umlage besser unter allen Energieakteuren zu verteilen, kann sinnvoll sein, um die Akzeptanz der Verbraucher für den Anstieg der Stromkosten und der Energiewende insgesamt zu stärken. Die durch das EEG verursachten Kosten machen derzeit rund 19 Prozent des Haushaltsstrompreises aus. Inwieweit auch die übrigen Strompreisfaktoren, d.h. durch Erzeugung, Vertrieb, Umlagen, damit auch die Netzentgelte, Abgaben und Steuern, berücksichtigt werden, bleibt insofern offen. Der Vorschlag bedeutet zudem für Anlagenbetreiber und Investoren eine erneute Veränderung der Rahmenbedingungen und damit eine Gefahr für die Planungssicherheit.
Soweit rückwirkend in bereits getätigte Investitionen eingegriffen wird, ist fraglich, ob das mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes vereinbar ist. Bereits durchgeführte Planungen und Investitionen könnten im Nachhinein entwertet werden und Investoren von künftigen Ausbauvorhaben abhalten, was einen Rückschritt für die Ausbauziele der Energiewende bedeuten könnte. Inwieweit der Vorschlag noch konkretisiert und ausgestaltet und im Gesetzgebungsverfahren Bestand haben wird, bleibt abzuwarten.
Az.: II gr-ko