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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 58/2007 vom 13.12.2006
Bundesverwaltungsgericht zum Begriff privater Haushalte
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 27.04.2006 (Az. 7 C 10.05) entschieden, dass Appartements in einer Seniorenwohnanlage private Haushaltungen i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 1 Kreislaufwirtschaft/Abfallgesetz (KrW-/AbfG) sind, wenn sie mit den für eine eigenständige Haushaltsführung erforderlichen Einrichtungen ausgestattet sind und den Bewohnern nicht nur vorübergehend eine selbstbestimmte Lebensgestaltung ermöglicht wird.
In diesen Fällen besteht nach dem BVerwG die Abfallüberlassungspflicht für private Haushalte nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG gegenüber den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern, d.h. in Nordrhein-Westfalen gegenüber den Städten und Gemeinden. Voraussetzung für einen privaten Haushalt und für die Eigenständigkeit des Lebens in diesem Rahmen sind nach dem BVerwG im Wesentlichen räumliche Einrichtungen wie Aufenthalts- und Schlafräume sowie Küche bzw. Küchenzeile, Bad und WC, die für eine den menschlichen Bedürfnissen angepasste tägliche Lebensgestaltung unerlässlich sind. Auch müssen weitere Vorrichtungen vorhanden sein, die das Unterbringen des Hausrats der Bewohner wie Geschirr, Wäsche, Radio, Fernsehen usw. ermöglichen. Diese Mindestanforderungen seien bei den Appartements der Seniorenwohnanlage erfüllt. Dass den Senioren gem. der Heimvereinbarung bereits als Grundleistung zusätzliche Dienste der Klägerin, wie Wohnungsreinigung und tägliches Mittagessen im Restaurant zur Verfügung gestellt würden und im Rahmen von Zusatzleistungen eine generelle „Rund-um-Versorgung“ der Senioren sichergestellt werden könne, hindere nicht die Annahme, dass private Haushaltungen vorliegen. Denn auch private Haushaltungen außerhalb von Einrichtungen des betreuten Wohnens definierten sich – so das BVerwG – nicht durch die (regelmäßige) häusliche Einnahme von Mahlzeiten, durch die Inanspruchnahme von Haushalts- und Putzhilfen oder durch das Beschäftigen sonstiger Bediensteter. Die objektive Möglichkeit einer eigenständigen Haushaltsführung werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Appartementbewohner von ihr keinen Gebrauch machen würden.
Abzugrenzen von einem so verstandenen Wohnen in einem privaten Haushalt seien die Fälle einer (auch längerfristigen) bloßen Zimmeranmietung, die im Wesentlichen nur eine Übernachtungsmöglichkeit schaffe und für eine darüber hinausgehende private Haushaltsführung schon mangels eigenen Hausrats nicht geeignet sei. Die tägliche Lebensgestaltung in einem derartigen Wohnbereich müsse im Wesentlichen selbst bestimmt sein, um von einem privaten Haushalt ausgehen zu können. Die Bewohner eines privaten Haushaltes müssten hiernach eigenständig, also ohne Vorgaben Dritter, die Entscheidungen über den täglichen Lebensablauf wie das morgendliche Aufstehen, die Einnahme von Mahlzeiten, das Verlassen der Wohnung oder das Schlafengehen treffen können. Dies trifft nach dem BVerwG im Regelfall auf Senioren zu, die in Einrichtungen des betreuten Wohnens leben. Diese könnten in ihren Wohnräumen auch Freunde und Verwandte empfangen und verköstigen und ihr tägliches Leben nach ihren jeweiligen Bedürfnissen gestalten.
Abzugrenzen hiervon sei wiederum das Leben von Senioren in vollstationären Pflegebereichen einer Seniorenwohnanlage. Entsprechend den Pflegebedürfnissen sei dort der tägliche Lebensablauf fremdbestimmt, wobei die medizinische und pflegerische Fremdversorgung im Mittelpunkt stehe.
Ein privater Haushalt findet sich nach dem BVerwG auch nicht in solchen Räumlichkeiten, die lediglich vorübergehend bewohnt werden. Hochwertig ausgestattete Bereiche des Hotelgewerbes verfügten zwar auch teilweise über mehrgliedrige Wohn- und Schlafbereiche sowie auch über Kücheneinrichtungen. Wegen der nur zeitlich begrenzten Inanspruchnahme der Räume und wegen des fehlenden privaten Hausrats handele es sich aber dann nicht um private Haushaltungen.
Weiterhin stellt das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27.04.2006 klar, dass für private Haushaltungen eine umfassende Abfallüberlassungspflicht für „Abfälle zur Beseitigung“ und „Abfälle zur Verwertung“ in § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG geregelt worden ist, denn der allgemeine Erfahrungssatz gehe dahin, dass in Wohnungen, die eine private Haushaltsführung ermöglichen, immer Abfälle anfallen. Insoweit gilt für Altenappartements auch nicht die Gewerbeabfallverordnung, zumal in § 2 Nr. 2 Gewerbeabfallverordnung in typisierender Betrachtungsweise Wohnheime und Einrichtungen des betreuten Wohnens den privaten Haushaltungen zugeordnet werden.
Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, dass mit diesem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.04.2006 (Az.: 7 C 10.05) eindeutig klar gestellt worden ist, dass Altenappartements private Haushaltungen i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG sind. Abfälle die hingegen in Hotels anfallen, sind dem Bereich der anderen Abfallerzeuger-/besitzer zuzuordnen, die keine privaten Haushaltungen sind (§ 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG). Gleiches gilt für Pflegestationen zur Betreuung alter Menschen, weil hier eine eigenständige Lebensführung nicht durchgeführt wird. Für diese Teilbereiche gilt dann die Gewerbeabfallerordnung und die widerlegbare Vermutung, dass auch in diesen vollstationären Pflegebereichen Abfälle zur Beseitigung anfallen (sh. hierzu auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.02.2005 – Az.: 7 C 25.03 -, UPR 2005, S. 343 ff; Bundesverwaltungsgericht, Urt. v. 01.12.2005 – Az.: 10 C 4.04 -, UPR 2006, S. 272 ff.), so dass auch hier ein Restmüllgefäß nach § 7 Satz 4 GewAbfV i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Benutzung zu nehmen ist.
Es ist aber durchaus denkbar, dass für sog. Seniorenheime auf einem Grundstück ein einheitliches Restmüllgefäß der Stadt/Gemeinde als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger sowohl für die Altenappartements als private Haushaltungen als auch für den sonstigen vollstationären Pflegebereich zugeteilt wird oder beide Bereiche getrennt mit einem Restmüllgefäß einmal auf der Grundlage des § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG und einmal auf der Grundlage des § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG i.V.m. § 7 Satz 4 der Gewerbeabfallverordnung versehen werden (vgl. hierzu auch Queitsch, Gewerbeabfallverordnung, 1. Auflage 2003, S. 14 ff. zum Begriff der privaten Haushalte und S. 36 zur Zuteilung eines gemeinsamen Restmüllgefäßes).
Az.: II/2 31-02 qu/g