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StGB NRW-Mitteilung 316/2010 vom 22.07.2010
Bundesverwaltungsgericht zum Prinzip der Spiegelbildlichkeit
Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Rechtsprechung vom 10.12.2003 (NWVBl. 2004) zum Gebot der spiegelbildlichen Abbildung der Mehrheitsverhältnisse bei der Besetzung der Ausschüsse mit Urteil vom 9.12.2009 fortgeführt. In der Entscheidung hat der Senat die Zulassung gemeinsamer Wahlvorschläge aufgrund von Koalitionsvereinbarungen für unzulässig erklärt, sofern dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit nicht Rechnung getragen wird. Die Zulassung gemeinsamer Wahlvorschläge von Fraktionen in der Gemeindevertretung eröffne die Möglichkeit, andere Fraktionen, die entsprechend dem Spiegelbildlichkeitsgrundsatz bei der Ausschussbesetzung berücksichtigt werden müssten, hiervon auszuschließen. Darin liege eine Beeinträchtigung der im Grundsatz gleicher Repräsentation zum Ausdruck kommenden Erfolgswertgleichheit der kommunalen Wählerstimmen. Unerheblich sei dabei, ob solche Möglichkeiten im Einzelfall manipulativ genutzt würden oder ob sich das Verdrängen der anderen Fraktion als unbeabsichtigte Nebenfolge der Zulassung des gemeinsamen Wahlvorschlages ergebe.
Die Zulassung gemeinsamer Wahlvorschläge von Koalitionsfraktionen zur Sicherung des Mehrheitsprinzips sei nicht nach dem Grundsatz des schonensten Ausgleichs widerstreitender verfassungsrechtlicher Positionen zu rechtfertigen, weil sie den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Spiegelbildlichkeit über das zur Realisierung des Mehrheitsprinzips erforderliche Maß hinaus einschränke. Im Sinne optimaler praktischer Konkordanz dürfe jedes der beiden konkurrierenden Gebote durch das andere nur so weit eingeschränkt werden, wie es zu dessen Verwirklichung im konkreten Fall erforderlich sei. Die Einschränkung müsse also wechselseitig auf das zur Entfaltung des jeweils anderen Gebots nötige Mindestmaß begrenzt werden, damit beide in größtmöglichem Umfang zur Geltung kommen könnten. Die Zulassung gemeinsamer Wahlvorschläge von Koalitionsfraktionen setzte das Mehrheitsprinzip zu Lasten des Spiegelbildlichkeitsgrundsatzes uneingeschränkt durch, obwohl eine stabile Mehrheitsbildung hier auch durch andere, den Spiegelbildlichkeitsgrundsatz weniger beeinträchtigende Maßnahmen zu erreichen wäre. Dabei bedürfe es zunächst keiner Berücksichtigung, dass auch bei Wahlen nach Wahlvorschlägen der einzelnen Fraktionen grundsätzlich denkbar sei, dass Mitglieder einer Fraktion Wahlvorschläge anderer Fraktionen wählen könnten mit der Folge, dass sich die Fraktionsstärken im Plenum nicht in den Ausschüssen widerspiegelten. Das Bundesverwaltungsgericht habe dies bereits als mit einer Wahl naturgemäß einhergehende Unwägbarkeiten angesehen, die nicht davon entbänden, bei der Gestaltung des Wahlverfahrens die Grundentscheidung der Verfassung für die Prinzipien der Volkssouveränität und der Demokratie auch auf der Ebene der Gemeinden zu respektieren. Insoweit sei es ausreichend, dass jede Fraktion aufgrund der einzelnen Wahlvorschläge die gleiche Chance habe, entsprechend ihrer Stärke im Plenum in die Ausschüsse gewählt zu werden.
Das Urteil kann von StGB NRW-Mitgliedskommunen im Internet unter Fachinfo/Service, Fachgebiete, Recht und Verfassung, Gemeindeordnung NRW, Bundesverwaltungsgericht zum Prinzip der Spiegelbildlichkeit, heruntergeladen werden.
Az.: I/3 020-58