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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 361/2018 vom 12.06.2018
Bundesverwaltungsgericht zur gewerblichen Sperrmüllsammlung
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hatte mit Urteilen vom 23.02.2018 (Az.: 7 C 9.16 und 10.16 — abrufbar unter www.bundesverwaltungsgericht.de) entschieden, dass das Verbot für gewerbliche Abfallsammlungen in § 17 Abs. 2 Satz 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) nicht für Sperrmüll (Abfallschlüssel-Nummer 20 03 07) gilt. Nunmehr liegen die Urteilsgründe vor. Nach dem BVerwG ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG lediglich eine gewerbliche Sammlung bei gemischten Abfällen aus privaten Haushaltungen unzulässig, d.h. eine gewerbliche Restmülltonne ist unzulässig. Eine gewerbliche Sperrmüllsammlung ist hingegen nach BVerwG zulässig und wird durch § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG nicht verboten, weil Sperrmüll mit der Abfallschlüssel-Nummer 20 03 07 nicht als gemischter Siedlungsabfall (Abfallschlüssel-Nr. 20 03 01) im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG anzusehen ist (ebenso: OVG Sachsen, Beschluss vom 18.02.2015 — Az.: 4 B 53/14). Damit ist das BVerwG nicht der nachvollziehbaren Rechtsprechung des OVG NRW (Urteile vom 26.01.2016 — Az.: 20 A 318/14 — und 20 A 319/14 —) gefolgt, wonach die Zulässigkeit von gewerblichen Sperrmüllsammlungen nicht von der Größe der jeweiligen Restmülltonne abhängig gemacht werden kann. Denn je kleiner die Restmülltonne ist (z. B. 60 l, 80 l), desto schneller fällt Sperrmüll an, denn Sperrmüll ist seiner Zusammensetzung grundsätzlich derjenige gemischte Siedlungsabfall, der wegen seiner Sperrigkeit nicht in ein Restmüllgefäß eingefüllt werden kann.
Auch wenn das BVerwG dieser Erfahrungssystematik nicht gefolgt ist, weil der Bundesgesetzgeber dieses im Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) in dieser Klarheit nicht geregelt hat, so sind nach dem BVerwG gewerbliche Sperrmüllsammlungen nur unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3, 18 KrWG zulässig. Nach dem BVerwG ist der Schutz des öffentlich-rechtlichen (kommunalen) Abfallentsorgungssystems der Stadt/Gemeinde als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger bei einem Sperrmüll-Entzug durch gewerbliche Sperrmüllsammlungen mit dem Schutzmechanismus des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 bis Nr. 3 KrWG ausreichend gewährleistet. Nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG darf das öffentlich-rechtliche Entsorgungssystem der Stadt bzw. Gemeinde durch gewerbliche Abfallsammlungen nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Dabei sind nach dem BVerwG die Auswirkungen der gewerblichen (und gemeinnützigen) Sammlungen auf die Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu bestimmen. Bestandsammlungen sollen nach dem BVerwG dabei grundsätzlich nicht von Bedeutung sein, weil sich das öffentlich-rechtliche Erfassungssystem darauf bereits eingestellt hat.
Nach dem BVerwG wird eine bestehende Abfallsammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG grundsätzlich nicht beeinträchtigt, wenn diesem nicht mehr als 10 bis 15 %, der konkreten Abfallfraktion durch eine gewerbliche Sammlung entzogen werden (sog. Irrelvanz-Schwelle), d. h. in diesem Fall kann dann keine wesentliche Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Erfassungssystems angenommen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2016 — Az.: 7 C 4.15; BVerwG, Urteil vom 11.07.2017 — Az.: 7 C 35.15 - ; OVG NRW, Beschluss vom 14.03.2018 — Az.: 20 B 729/17 — Datengrundlage muss aktuell sein, d. h. es sind die Entwicklungen bei den Abfallmengen bezogen auf die Abfallfraktionen nachzuhalten ; OVG NRW, Beschluss vom 22.02.2018 — Az.: 20 A 818/15 - ).
Das BVerwG hat in seinem Urteil vom 23.02.2018 (Az.: 7 C 9.16) außerdem klargestellt, dass eine gewerbliche Bestandssammlung auch nicht zu einer Gefährdung der Gebührenstabilität (§ 17 Abs.3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) führt und im Grundsatz eine Gefährdung der Gebührenstabilität bezogen auf die angezeigte konkrete Sammlung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger kausal (ursächlich) nachgewiesen werden muss, damit ein Schutz überhaupt gewährt werden kann. Ebenso vermittelt § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG nach dem BVerwG keinen Konkurrenzschutz in der Weise, dass der vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger beauftragte Dritte (z. B. ein privates Entsorgungsunternehmen) eine monopolartige Stellung erlangt. Dieses gilt — so das BVerwG - jedenfalls solange, wie dem beauftragten Dritten die Aufgabenerfüllung (Einsammlung der Abfälle) durch weitere gewerbliche Sammlungen nicht unmöglich gemacht wird.
Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf Folgendes hin:
Der Rechtsprechung des BVerwG zur Zulässigkeit von gewerblichen Sperrmüllsammlungen unter den Voraussetzungen des §§ 17 Abs. 3, 18 KrWG kann in der Praxis grundsätzlich nur mit einem gutem grundstücksbezogenen Sperrmüll-Abhol-Service und einer Abfall-Einheitsgebühr bezogen auf das Restmüllgefäß begegnet werden. Hierzu gehört, dass die Entsorgung von Sperrmüll keine Extrakosten bzw. keine Sondergebühren für private Haushaltungen auslöst, sondern „kostenfrei“ ist, weil die Entsorgung von Sperrmüll bereits über die Jahres-Abfall-Einheitsgebühr bezogen auf das Restmüllgefäß bezahlt worden ist. Nur dadurch kann das durch das BVerwG neu eröffnete Einfallstor für gewerbliche Abfallsammlungen begrenzt werden. Im Zweifelsfall wird auch nur eine hochwertige, öffentlich-rechtliche (kommunale) Sperrmüllentsorgung als schutzwürdig anzusehen sein. Hierzu gehört z.B. auch, dass eine Sperrmüll-Abholung zeitnah (z. B. in 3 bis 4 Wochen) nach ihrer Anmeldung an der Grundstücksgrenze erfolgt. Als nicht hochwertig ist hingegen eine Sperrmüllentsorgung anzusehen, die lediglich 1 x im Vierteljahr oder einmal im Jahr erfolgt. Außerdem sollten die Bürgerinnen und Bürger durch die Stadt/Gemeinde im Rahmen der Abfallberatung auf die kostenfreie, städtische bzw. gemeindliche Sperrmüll-Entsorgung hingewiesen werden, weil es in der Praxis bereits vorgekommen ist, dass durch einzelne, Dritt-Sammler für die Abholung von Sperrmüll erhebliche Vergütungen verlangt worden sind und sich ein privater Haushalt diese Zusatzkosten sparen kann, wenn er den Sperrmüll zur Abholung an der Grundstücksgrenze bei der Stadt/Gemeinde anmeldet oder für diesen neben der grundstücksbezogenen Abholung zusätzlich auch die Möglichkeit besteht, Sperrmüll oder Sperrmüllfraktionen (z. B. unbehandeltes, unbeschichtetes Holz) zu einem Wertstoffhof der Stadt/Gemeinde zu bringen. Denkbar ist schließlich auch die Abholung von Sperrmüll aus dem Haus wie dieses etwa von der Stadt Hamburg praktiziert wird. Dabei werden wiederverwendbare Gegenstände von der Stadt Hamburg in Second-Hand-Kaufhäusern mit dem Namen „Stilbruch“ wieder verkauft.
Az.: 25.0.2.1 qu