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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 825/2013 vom 07.11.2013
Bundesverwaltungsgericht zur Rechtswidrigkeit des Erschließungsbeitrags
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 30.01.2013 (Az.: 9 C 11.11) folgendes feststellt:
- Aus, der Entscheidung der Gemeinde, die Erschließung auf einen Dritten zu übertragen, der sie in "Fremdregie" durchführt, folgt kein Verbot, in den Erschließungsvertrag eine Kostenvereinbarung aufzunehmen, die einen beitragsfähigen Erschließungsaufwand der Gemeinde begründet und auf diesem Weg eine vorteilsgerechte Belastung des Fremdanliegers mit Erschließungskosten ermöglicht.
- Der Einwand, bei der Herstellung einer Erschließungsanlage seien durch einen Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften erhebliche Mehrkosten entstanden, ist in entsprechender Anwendung des§ 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB beachtlich, wenn die Mehrkosten in für die Gemeinde erkennbarer Weise eine grob unangemessene Höhe erreichen.
- Es ist in erster Linie Sache der Gemeinde darzulegen, dass trotz Verletzung der Ausschreibungspflicht die entstandenen Kosten sach- und marktgerecht sind.
Eine Gemeinde überträgt einem Erschließungsträger die Erschließung eines Baugebiets. Einige Grundstückseigentümer wollen den Erschließungsträger nicht bezahlen. Den auf diese Grundstücke entfallenden Aufwand rechnet der Erschließungsträger pauschal gegenüber der Gemeinde ab. ln entsprechender Höhe zieht die Gemeinde die Eigentümer zu Erschließungsbeiträgen heran. Einer wehrt sich. Die Beauftragung des Erschließungsträgers habe gegen Vergaberecht verstoßen. Das OVG weist die Klage des Eigentümers ab. Dagegen wehrt er sich mit der Revision.
Das BVerwG verweist den Fall zurück. Zwar bestünden keine Bedenken dagegen, Grundstückseigentümer mit Erschließungsbeiträgen zur Deckung eines Aufwands heranzuziehen, welcher der Gemeinde infolge eines Erschließungsvertrags mit einem Dritten entstanden sei. Die vergaberechtlichen Mängel haben auch nicht automatisch die Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung zur Folge. Allerdings fehle es so an einem Indiz für die Angemessenheit der erhobenen Kosten. Es sei nun Sache der Gemeinde, die Sach- und Marktgerechtigkeit der Kosten im Einzelnen darzulegen.
Bisher verlangte die Rechtsprechung, dass Verstöße bei der Vergabe von Erschließungsleistungen zu einer "grob unangemessenen" Höhe der Beitragslast geführt haben müssen (BVerwG, NVwZ 1986, 925). Das war in der Regel nicht feststellbar. Nun legt das BVerwG der Gemeinde die Darlegungslast dafür auf, dass die Erschließungsbeiträge trotz des Vergabeverstoßes sach- und marktgerecht sind. Für den Rechtsschutz der betroffenen Grundstückseigentümer ist dies eine Erleichterung, wohingegen der Gemeinde die Beweislast dafür obliegt, dass der Erschließungsbeitrag trotz eines Vergaberechtsverstoßes durch sie als Auftraggeberin keine "grob unangemessene Höhe" aufweist.
Az.: II/1 643-00