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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 684/2022 vom 14.11.2022
BVerwG zum Transport von Klärschlamm
Mit Urteil vom Urteil vom 23.06.2022 (Az.: 7 C 3.21) hatte das BVerwG entschieden, dass die Beförderung von Klärschlamm durch ein Saug- und Pumpfahrzeug von einer betrieblichen Abwasserbehandlungsanlage zu einer kommunalen Kläranlage auf der Straße dem Abfallrecht unterfällt. Nunmehr liegen die Urteilsgründe vor.
Das BVerwG folgt der Sichtweise des VGH Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 20.04.2021 (Az. 10 S 2566/19) nicht, wonach das Abfallrecht für den Klärschlammtransport keine Anwendung findet. Hintergrund war insoweit, dass das BVerwG mit Beschluss vom 07.02.2017 (Az.: 9 B 30.16) entschieden hatte, dass der Transport von Klärschlamm aus Kleinkläranlagen auf privaten Grundstücken mit einem Saug- und Pumpfahrzeug im Rahmen der öffentlichen Abwasserentsorgungseinrichtung nicht dem KrWG unterfällt, weil der Klärschlamm aus Kleinkläranlagen einer rollenden Abwasseranlage (dem Saug- und Pumpfahrzeug) zugeführt wird und deshalb der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG greift, wonach das Abfallrecht nicht gilt, wenn Stoffe oder Gegenstände in Gewässer oder Abwasseranlagen eingeleitet oder eingebracht werden. Zudem ist in § 54 Abs. 2 Satz 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ausdrücklich geregelt, dass zur Abwasserbeseitigung auch die Beseitigung von Klärschlamm aus Kleinkläranlagen gehört.
Das BVerwG stellt in seinem Urteil vom 23.06.2022 nunmehr darauf ab, dass Abwässer nur dann nicht dem Abfallrecht unterfallen, wenn sie von anderen Rechtvorschriften der Europäischen Union als der EU-Abfallrahmenrichtlinie abgedeckt sind, was nicht der Fall sei (vgl. EuGH, Urteil vom 14.10.2020 – C- 629/19 – Sappi Austria – Rn. 34). Der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG sei für den schlichten Transport von Klärschlämmen von einer Kläranlage zu einer anderen Kläranlage nicht einschlägig, weil es an einem Entwässern des Klärschlamms als Bestandteil der Abwasserbeseitigung im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 WHG fehlt (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.07.2020 – 7 C 19.18 – in Bestätigung von OVG NRW, Urteil vom 13.09.2017 – Az.: 20 A 601/14 –).
Ebenso liegt laut dem BVerwG ein Sammeln von Abwasser im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 WHG nicht vor, weil ein Zusammenführen von Abwasser aus unterschiedlichen Anfallorten wie bei der Entsorgung von Abwasser durch Sammelleitungen oder das Sammeln von Klärschlamm aus Kleinkläranlagen oder abflusslosen Gruben mittels eines Saug- und Pumpfahrzeuges nicht stattfindet. Vielmehr werde der Klärschlamm nach einer Abwasserbehandlung schlicht zur Abholung und zum Transport bereitgestellt, so dass in Ermangelung einer abwassertechnischen Entwässerung in einem funktionellen Zusammenhang mit der Abwasserbeseitigung der Klärschlamm als Abfall im Sinne des § 3 Abs. 1 KrWG anzusehen sei, auch wenn dieser nach dem Transport zu einer kommunalen Kläranlage mit anderem Schlamm in der kommunalen Kläranlage in einen Faulturm gepumpt wird, wo Biogas entstehe, das wiederum in einem Blockheizkraftwerk energetisch genutzt werde und der zurückbleibende Reststoff in einer Monoverbrennungsanlage verbrannt werde. Dass dieses ein bundesrechtlich praktiziertes Verfahren der Abwasserbehandlung darstellt (vgl. Petersen NVwZ 2021, S. 1395) ändert – so das BVerwG - nichts an der Abfalleigenschaft des Klärschlamms, denn unter den Abfallbegriff fallen – so das BVerwG – auch Stoffe, die zur Wiederverwendung geeignet sind und zu einem späteren Zeitpunkt, nach einem Verwertungs- oder Recyclingverfahren, nicht mehr als Abfälle anzusehen sind.
Für den Transport des Klärschlamms auf der Straße gelten somit insbesondere die §§ 53 bis 55 KrWG und die Anzeigen- und Erlaubnisverordnung (AbfAEV), weil entsprechende Vorschriften im WHG fehlen. Dieses bedeutet, dass für den Transport von Klärschlämmen zumindest eine Anzeige bei der zuständigen Abfallwirtschaftsbehörde gemäß § 53 KrWG erforderlich ist, soweit es sich bei dem Klärschlamm nach der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) um einen nicht gefährlichen Abfall mit der Abfallschlüssel-Nr. 19 08 05 (Schlämme aus der Behandlung von kommunalem Abwasser) handelt. Ist der Klärschlamm als ein gefährlicher Abfall einzustufen (z. B. Schlämme aus der biologischen Behandlung von industriellem Abwasser, die gefährliche Stoffe enthalten mit der Abfallschlüssel-Nr. 19 08 11*) ist grundsätzlich eine Erlaubnis gemäß § 54 KrWG erforderlich. Zudem ist die Kennzeichnungspflicht für Fahrzeuge gemäß § 55 KrWG zu beachten (siehe hierzu ausführlich: Queitsch, Abwasser-Report 3/2022, S. 22 ff.).
Az.: 25.0.2.1 qu