Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 211/2020 vom 18.02.2020

BVerwG zur Wirksamkeit gebietsübergreifender Gliederungen in Bebauungsplänen

Das BVerwG hat mit Beschluss vom 21.10.2019 (Az.: 4 BN 24.19) im Hinblick auf die Wirksamkeit einer gebietsübergreifenden Gliederung in einen Bebauungsplan durch eine Gemeinde folgendes festgestellt:

  1. Die Wirksamkeit einer gebietsübergreifenden Gliederung in einem Bebauungsplan einer Gemeinde hängt davon ab, dass ihr auch ein darauf gerichteter planerischer Wille der Gemeinde zu Grunde liegt. Es gehört zur geordneten Städtebaupolitik, dass sich die Gemeinde darüber klar wird, ob und welche geeigneten Baugebiete nicht nur im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses, sondern auch zukünftig die Funktion von Ergänzungsgebieten übernehmen sollen. Sie ist dabei an Festsetzungsmöglichkeiten der Baunutzungsverordnung gebunden.
  2. Der planerische Wille muss in geeigneter Weise im Bebauungsplan selbst oder seiner Begründung dokumentiert werden. Der Wille zur externen Gliederung kann sich also nicht aus einer „objektiven Gesamtschau der übrigen Bebauungspläne der Gemeinde" ergeben.

Sachverhalt

Eine Gemeinde stellte einen Bebauungsplan auf. In der textlichen Festsetzung 1.1.3 wurden für das gesamte Baugebiet ohne gebietsübergreifende Gliederung gem. § 1 Abs. 9 BauNVO „solche Nutzungen ausgeschlossen, die die Nutzung im Mischgebiet (insbesondere die vorhandenen Wohnungen) wesentlich stören und die den Lufthaushalt des Neckartals beeinträchtigen könnten. a) Nutzungen mit erheblichen An- und Abfahrverkehr, z. B. (die Nummern beziehen sich auf die Abstandsliste NW, Stand 1990) ... b) Nutzungen, die im Wesentlichen auf thermischen Vorgängen beruhen, z. B. ... c) Sonstige besonders lärmintensive Nutzungen, z. B.: ... d) Sonstige Nutzungen, die eine besondere Luftverunreinigung hervorrufen, z. B. ...".

Dieser Bebauungsplan wurde angegriffen und vom VGH aufgehoben, weil Festsetzungen unbestimmt und mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig seien. Gegen dieses Urteil beantragte die Gemeinde die Zulassung der Revision.

Entscheidung

Das Gericht bestätigt die Auffassung des VGH, dass die Festsetzung zu unbestimmt ist und weder auf § 1 Abs. 9 BauNVO noch § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO gestützt werden kann. Nach § 1 Abs. 9 BauNVO kann im Bebauungsplan bei Anwendung der in § 1 Abs. 5 bis 8 BauNVO getroffenen Regelungen festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen.

Die Norm erlaubt es damit, die allgemeinen Möglichkeiten der Differenzierung der Baugebietstypen nochmals einer „Feingliederung" zu unterwerfen, falls es hierfür besondere städtebauliche Gründe gibt. Diese „Feingliederung" ist jedoch dadurch begrenzt, dass sich die Differenzierungen auf bestimmte Anlagentypen beziehen müssen, die es in der sozialen und ökonomischen Realität bereits gibt; daran fehlt es wegen der abstrakten Nutzungsbeschreibungen.

Nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO können im Bebauungsplan für die in §§ 4 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebiete Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet „nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften gliedern"; dies gilt für konkrete Nutzungstypen und Betriebsformen. So können etwa bestimmte Arten von Betrieben oder Arten von Anlagen zusammengefasst werden. Zu den besonderen Eigenschaften von Betrieben und Anlagen, die eine Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO rechtfertigen können, zählt auch deren Emissionsverhalten, also deren Auswirkungen auf die Umwelt. Die textliche Festsetzung gilt aber für das gesamte Bebauungsplangebiet, ohne eine Gliederung aufzunehmen. Diese Gliederung ist aber Voraussetzung für die Anwendung des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO.

Anmerkung aus kommunaler Sicht

Städte und Gemeinden versuchen immer mehr, auch aus Gründen der Nachhaltigkeit steuernde Festsetzungen in ihren Bebauungsplänen zu treffen. Jedoch haben dabei die Kreativität und die kommunale Planungshoheit speziell mit Blick auf die Baunutzungsverordnung ihre Grenzen. Dies macht die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts deutlich.

Az.: 20.1.2-003/002 gr

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