Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 727/2024 vom 28.10.2024

CO2-Bepreisung von Müllverbrennungsanlagen und Abfallgebühr

1. Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG)

Mit der 2. Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG - § 2 Abs. 2 a BEHG) sind Müllverbrennungsanlagen seit dem 01.01.2024 der CO2-Bepreisung unterworfen worden. Zweck des nationalen (deutschen) Emissionshandelssystems (nETS) auf der Grundlage des BEHG ist gemäß § 1 BEHG insbesondere die Bepreisung fossiler Treibhausgasemissionen, soweit diese Emissionen nicht von dem EU-Emissionshandel erfasst sind.

Brennstoffemission ist gemäß § 3 Nr. 1 BEHG die Menge Kohlendioxid in Tonnen, die bei einer Verbrennung von Brennstoffen nach Anlage 1 zum BEHG freigesetzt werden kann und dem Verantwortlichen infolge des Inverkehrbringens gemäß § 2 Abs. 2 und Abs. 2 a BEHG zugerechnet wird. Verantwortlicher bei einer Müllverbrennungsanlage ist der Betreiber der Anlage (§ 3 Nr. 3 lit. c BEHG). Das Emissionszertifikat ist das Zertifikat, das zur Emission einer Tonne Treibhausgase in Tonnen Kohlendioxidäquivalent in einem bestimmten Zeitraum berechtigt (§ 3 Nr. 2 BEHG).

Der Festpreis für ein Emissionszertifikat beträgt gemäß § 10 Abs. 2 BEHG für das Jahr 2024 45 Euro und für das Jahr 2025 55 Euro und für das Jahr 2026 zwischen 55 und 65 Euro.

Laut dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hat das deutsche BEHG seit der Einführung im Jahr 2024 zu einem Kostenanstieg bei der Müllverbrennung und in der Folge hierzu zu einem Anstieg der Abfallgebühren um bis zu 5 % geführt.

Die Ansatzfähigkeit dieser Mehrkosten bei der Abfallgebühr ergibt sich grundsätzlich daraus, dass durch das BEHG als Bundesgesetz Zusatzkosten im Rahmen der kommunalen Abfallentsorgung entstehen, die durch den Betrieb von Müllverbrennungsanlagen bedingt sind. Zur Ansatzfähigkeit der Kosten für die LKW-Maut bei Müllfahrzeugen bei der Abfallgebühr hat das OVG NRW (Beschluss vom 03.12.2020 – Az.: 9 A 431/17 -) jedenfalls anerkannt, dass die Kosten für die LKW-Maut für Müllfahrzeuge ansatzfähig sind, weil Müllfahrzeuge von der Maut-Zahlungspflicht (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1Nr. 3 BFStrMG) nicht ausgenommen sind. Ausgenommen sind lediglich Fahrzeuge, die ausschließlich für den Straßenunterhaltungs- und Straßenbetriebsdienst einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst genutzt werden.

2. Vorzeitige Umsetzung des EU-Emissionshandels

Am 09.10.2024 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes an die Änderung der EU-Richtlinie 2003/87/EG (TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024) beschlossen.  Die erste Beratung im Bundestag ist im November 2024 vorgesehen. Zugleich ist parallel bereits eine Überweisung an den Bundesrat erfolgt. Mit dem Entwurf zu einem TEHG sollen Regelungen der EU-Emissionshandelsrichtlinie umgesetzt werden (Bundesrat-Drucksache 497/24 vom 11.10.2024). Dazu gehört auch die Einbeziehung der Siedlungsabfallverbrennung durch eine Übergangsregelung für Abfallverbrennungsanlagen (§ 52 des TEHG-Entwurfes) in die Grundpflichten zur Emissionsermittlung und zur Erstellung sog. Überwachungspläne. Zahlungspflichten sind indes hiermit ausdrücklich noch nicht vorgesehen.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Deutsche Landkreistag haben in einem Schreiben vom 16.10.2024 an Bundestags-Abgeordnete deutlich gemacht, dass der aktuelle Entwurf zu einem TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz abgelehnt wird, soweit dieser in § 52 TEHG-Entwurf eine „Übergangsregelung für Abfallverbrennungsanlagen“ vorsieht, wonach Deutschland die Abfallverbrennungsanlagen schon ab dem 01.01.2027 einseitig in die zahlungswirksamen Pflichten zur Zertifikatabgabe (§ 7 TEHG-E) einbeziehen möchte. Es müsse zunächst das noch laufende Bewertungsverfahren der EU-Kommission abgewartet werden. Die EU-Kommission hatte im Jahr 2023 beschlossen, zunächst die möglichen Folgen einer Einbeziehung der Siedlungsabfallverbrennung eingehend zu untersuchen und auch zu eruieren, ob durch eine CO2-Bepreisung der Abfallverbrennung in der EU insbesondere das Risiko von Müllexporten in das außereuropäische Ausland erhöht wird. Diese Prüfung auf der EU-Ebene soll nach derzeitigem Kenntnisstand jedoch frühestens im Jahr 2028 abgeschlossen sein.

Ein nationaler Alleingang im Sinne einer vorzeitigen Einbeziehung der Müllverbrennungsanlagen in § 52 des TEHG-Entwurfes (Übergangsregelung für Abfallverbrennungsanlagen) durch eine sog. Opt-in-Regelung von Abfallverbrennungsanlagen in den EU-Emissionshandel bereits ab dem Jahr 2027 ist deshalb aus kommunaler Sicht strikt abzulehnen. Einerseits wäre es inakzeptabel, dem Ergebnis der Prüfung der EU-Kommission über den EU-weiten Umgang mit der Abfallverbrennung vorzugreifen. Es muss insoweit das nationale (deutsche) BEHG übergangsweise weiter angewendet werden, bis eine einheitliche europäische Lösung vorliegt. Außerdem läuft seit dem Dezember 2023 ohnehin eine Feststellungsklage gegen die Einbeziehung von Müllverbrennungsanlagen in das deutsche BEHG.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass die thermische Abfallbehandlung in Deutschland ein wesentlicher Bestandteil der hoheitlichen (kommunalen) Abfallentsorgung ist. Eine rein nationale Erweiterung des Emissionshandels auf Siedlungsabfälle birgt das Risiko, dass sich Abfallexporte ins Ausland drastisch erhöhen könnten, zumal derzeit noch ca. ein Viertel der in der Europäischen Union anfallenden Siedlungsabfälle (ohne eine Vorbehandlung in einer Müllverbrennungsanlage) deponiert werden und dieses in Deutschland bereits seit dem 01.06.2005 nicht mehr zulässig ist.

Die im Jahr 2024 erfolgte Einbeziehung der Abfallverbrennung in den nationalen Emissionshandel nach dem BEHG hat nach Auskunft des VKU zu einer Abfallgebührenerhöhung von bis zu 5 Prozent geführt. Die deutlich höheren Zertifikatskosten auf europäischer Ebene würden dann noch stärker auf die Höhe der Abfallgebühren durchschlagen. Der Hintergrund hierfür ist vereinfacht dargestellt, dass im deutschen BEHG der „Brennstoff“ als Input in die Anlage die relevante Messgröße ist, während bei dem TEHG-System die CO2-Emissionen am „Kamin“ die Abrechnungsgrundlage bilden.

Abgeordnete des Deutschen Bundestages sind deshalb mit Schreiben vom 16.10.2024 aufgefordert worden, sich dafür einzusetzen, dass die thermische Abfallbehandlung nicht in einem nationalen Alleingang in das EU-Emissionshandelssystem einbezogen wird. Anderenfalls würde in der Bevölkerung nicht nur die Akzeptanz für klimapolitische Maßnahmen aufs Spiel gesetzt, sondern auch gegen das selbst gesetzte Ziel der Bundesregierung verstoßen, EU-Vorgaben nur 1:1 umzusetzen.

Az.: 25.0.2.1 qu

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