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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 219/2020 vom 23.03.2020
CO2-Emissionen 2019 rückläufig
In Deutschland wurden im Jahr 2019 rund 805 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt – rund 54 Millionen Tonnen oder 6,3 Prozent weniger als noch 2018. Das zeigt die vorläufige Treibhausgas-Bilanz des Umweltbundesamtes (UBA). Damit setzte sich der positive Trend des Vorjahres auch im vergangenen Jahr fort.
Mit Ausnahme des globalen Krisenjahres 2009 ist die Minderung im Jahr 2019 der größte jährliche Rückgang seit 1990. Die größten Fortschritte gab es in der Energiewirtschaft. Gründe für diese Entwicklung sind die erfolgreiche Reform des europäischen Emissionshandels, der niedrige Gaspreis, der Ausbau von Wind- und Sonnenenergie sowie die Abschaltung erster Kohlekraftwerksblöcke. Im Vergleich zu 1990 sanken die Emissionen in Deutschland um 35,7 Prozent. Bis 2030 will Deutschland seine Emissionen laut Klimaschutzgesetz um mindestens 55 Prozent mindern.
Für das Jahr 2019 verteilen sich die Treibhausgasemissionen wie folgt auf die Sektoren:
Energiewirtschaft
Die Energiewirtschaft erbringt den mit Abstand größten Minderungsbeitrag von fast 51 Mio. Tonnen CO2, dies sind 16,7 Prozent weniger als 2018. Ein wesentlicher Faktor ist der Einsatz von weniger emissionsintensiven Gas- statt Kohlekraftwerken. Hier macht sich neben niedrigen Weltmarktpreisen für Gas vor allem die erfolgreiche Reform des europäischen Emissionshandels bemerkbar, die zu höheren CO2-Preisen geführt hat. So lag der Durchschnittspreis für eine Tonne CO2 2019 mit 24,65 Euro fast doppelt so hoch wie 2018. In der Folge war der Betrieb von Kohlekraftwerken 2019 häufig teurer als der von Gaskraftwerken. 2019 wurden Steinkohlekraftwerke mit insgesamt 3,5 Gigawatt Leistung stillgelegt oder in die Netzreserve überführt. Auch die in die Sicherheitsbereitschaft übernommenen Braunkohle-Kraftwerksblöcke im Oktober 2018 und im Oktober 2019 haben zur Minderung beigetragen.
Ein weiterer wesentlicher Treiber der Minderung ist der deutlich gestiegene Beitrag der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion. Grund dafür ist allerdings nicht in erster Linie der Bau neuer Anlagen, sondern ein besonders wind- und sonnenreiches Wetter.
Industrie
Im Sektor Industrie gehen die Emissionen gegenüber dem Vorjahr um über 7 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente zurück (minus 3,7 Prozent). Zum großen Teil ist dieser Rückgang der rückläufigen Brennstoffnutzung in den Industriefeuerungen und der geringeren Stromerzeugung in den Industriekraftwerken zuzuordnen. Im Bereich der Prozessemissionen sanken diese insbesondere in der Stahlindustrie. In der mineralischen Industrie, wie auch in der chemischen Industrie ergeben sich ebenfalls leichte Rückgänge der Treibhausgasemissionen
Gebäude
Die Emissionen aus dem Gebäudebereich stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 5 Mio. Tonnen an (plus 4,4 Prozent). Ein wesentlicher Treiber des Emissionsanstiegs sind die gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegenen Heizölabsätze. Das lag vor allem am Preis: 2019 war der Heizölpreis deutlich niedriger als 2018. Daneben spielte auch die Witterung eine Rolle: Nach dem außergewöhnlich warmen Jahr 2018 war das Jahr 2019 in vielen Teilen Deutschlands wieder etwas kühler.
Verkehr
Die Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors liegen mit 163,5 Mio. Tonnen CO2 auf einem leicht höheren Niveau als im Vorjahr (+1,2 Mio. Tonnen bzw. +0,7 Prozent). Zwar kamen sparsamere Fahrzeuge auf den Markt, gleichzeitig nahm aber auch der Kfz-Bestand zu (+1,6 Prozent), so dass in Summe mehr Benzin und Diesel verbraucht wurde.
Landwirtschaft
Im Sektor Landwirtschaft gingen die Treibhausgasemissionen um 2,3 Prozent auf 68,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zurück. Gründe dafür sind sinkende Tierbestände bei Rindern (-2,6 Prozent) und bei Schweinen (-2,0 Prozent) sowie ein um 10,3 Prozent zurückgegangener Mineraldüngerverkauf. Die beobachtbaren Effekte können nach ersten Analysen zum einen auf die Folgen der sehr trockenen Witterung zurückzuführen sein (insb. Tierfuttermittelverfügbarkeit), zum anderen auf geringe Marktpreise und die Verschärfung der Düngeverordnung von 2017.
Abfallsektor
Die Emissionen des Abfallsektors sanken gegenüber dem Vorjahr um 0,5 Mio. Tonnen bzw. um 4,7 Prozent. Der Trend wird bestimmt durch die Emissionen der Abfalldeponierung, die um 5,9 Prozent weiter zurückgingen.
Anmerkung aus kommunaler Sicht
Aus kommunaler Sicht ist die aktuell verzeichnete CO2-Reduktion in Höhe von 35,7 Prozent im Vergleich zu 1990 positiv zu bewerten. Die guten Ergebnisse des Energiesektors sind vor allem das Resultat von 20 Jahren EEG-Gesetz. Der Anteil der erneuerbaren Energien beträgt nach aktuellem Stand 54,1 Prozent in Deutschland. Rund 38 Prozent der Nettostromerzeugung stammen wiederum aus der Windenergie. Die CO2-Reduktion dürfte in der Energiewirtschaft auch die nächsten Jahre voranschreiten. Insbesondere der Kohleausstieg dürfte das Ergebnis noch deutlich vor 2038 verbessern. Jedoch ändert dies nichts an der Tatsache, dass Deutschland beim Ausbau der erneuerbaren Energien aktuell ein „Ausbau-Problem“ hat. Eine bessere Flächenkoordinierung, eine höhere Akzeptanz sowie die angemessenere Wertschöpfungsbeteiligung der Kommunen beispielsweise bei der Windenergie könnten zur Beschleunigung beitragen. Gleichzeitig muss der Förderdeckel für PV-Anlagen angehoben werden, um auch die Städte am Ausbau stärker zu beteiligen.
Die Reduzierung der Emissionen im Gebäudesektor muss durch mehr Energieeffizienz und eine bessere Sektorenkopplung bewerkstelligt werden. Die Rahmenbedingungen von KWK-Anlagen müssen so gestaltet werden, dass diese Anlagen wirtschaftlich betrieben werden können. Damit Deutschland seine Klimaziele auch im Gebäudesektor in 2030 und in 2050 erreichen kann, muss die Nutzung von erneuerbarer oder klimaneutraler Wärme in den Gebäuden deutlich erhöht werden. Die geplante Weiterführung der „Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt“ ist zu begrüßen. Jedoch muss diese dahingehend überarbeitet werden, dass die Förderung aus der Öl-Heizung-Austauschprämie um den Anschluss an ein Fernwärmenetz erweitert wird. Auch benötigen die Kommunen eine bessere personelle bzw. Ausstattung, um Ihre Liegenschaften energieeffizienter umzubauen.
Die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor resultieren zum überwiegenden Teil aus dem Straßenverkehr. Pkw und Lkw emittieren heute im Durchschnitt zwar deutlich weniger Treibhausgase und Luftschadstoffe als noch 1995. So sanken die kilometerbezogenen bzw. spezifischen Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid im Schnitt bei Pkw um 9 Prozent, bei Lkw um fast 33 Prozent. Da aber mehr Lkw unterwegs sind, sind die absoluten Kohlendioxid-Emissionen im Straßengüterverkehr heute um 22 Prozent höher als 1995 (Quelle UBA 02/2020). Das allgemeine Verkehrswachstum ist also weiterhin das größte Hemmnis bei der Erreichung der Klimaschutzziele. Es bedarf daher noch deutlicherer Anstrengungen zur Verlagerung vorhandener und entstehender Personen- und Güterverkehre auf die Schiene, den straßengebundenen ÖPNV und Radverkehr sowie eine weitestmögliche Umstellung auf alternative Antriebe. Ohne massive Unterstützung des Bundes und der Länder in den kommunalen Aufgabenfeldern wie dem ÖPNV ist die Verkehrswende vor Ort nicht zu schaffen. Die jüngst beschlossenen Maßnahmen aus dem Klimaprogramm der Bundesregierung, unter anderem für mehr Investitionen in ÖPNV- und Radinfrastruktur, weisen in die richtige Richtung.
Um die ehrgeizigen Ziele für das Jahr 2030, die Emissionen um 55 Prozent zu senken, zu erreichen, müssen weitere Anstrengungen unternommen werden. Städte und Gemeinden sind weiterhin der Motor der Energie- und Verkehrswende und des Klimaschutzes. Um diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu bewältigen, benötigen die Kommunen weiterhin eine Verstetigung der finanziellen Unterstützung durch Bund und Länder.
Az.: 23.1.7-001/005 gr