Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 848/2013 vom 05.11.2013

Daten zur natürlichen Waldentwicklung in Deutschland

Derzeit gibt es 213.145 Hektar dauerhaft gesicherten Wald mit natürlicher Waldentwicklung (NWE) in Deutschland. Dies entspricht einem Anteil von 1,9 % der Waldfläche in Deutschland. Bis zum Jahr 2020 steigt der Anteil voraussichtlich auf 2,3 % (257.060 Hektar) und über 2020 hinaus auf ca. 3 % (330.875 Hektar). Dies sind Ergebnisse des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens "Natürliche Waldentwicklung als Ziel der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt" (NWE5), die jetzt in Berlin vorgestellt wurden. Der DStGB hat aus den Vorträgen der Tagung die wesentlichen Ergebnisse nachfolgend zusammengestellt.

Mit ca. 150.000 Hektar tragen die Landesforstbetriebe den größten Teil zu der aktuellen  NWE-Fläche bei. Flächen aus dem Eigentum des Bundes und des Nationalen Naturerbes (NNE) sind mit ca. 25.000 Hektar vertreten. Der Privatwald (inklusive privater Stiftungen und Verbände) bringt ca. 17.000 Hektar und der Körperschaftswald (z.B. Kommunen) ca. 10.000 Hektar Fläche ein. Nach 2020 wird sich der Flächenanteil des Bundes im Zuge der Nutzungsaufgabe auf Flächen des Nationalen Naturerbes auf insgesamt ca. 89.000 Hektar erhöhen. Damit werden über 20 % der Bundeswaldfläche (nach BWI2) einer natürlichen Waldentwicklung überlassen.

Eine Auswertung auf der Grundlage der Naturräumlichen Großlandschaften in Deutschland lässt ein Nord-Süd-Gefälle erkennen. Hierbei weisen die großen südlichen Regionen einen deutlich geringeren Anteil an NWE-Flächen auf als die nördlichen und östlichen Regionen. Besonders der Osten Deutschlands hat bereits heute einen relativ hohen Anteil NWE-Flächen. Die NWE-Flächen in Nationalparken beträgt ca. 84.000 Hektar, in Biosphärenreservaten ca. 29.000 Hektar, in Naturwaldreservaten ca. 34.000 Hektar und in Naturschutzgebieten ca. 80.000 ha. Die Schutzgebiete überlagern sich jedoch zum Teil, so dass einzelne Flächen mehreren Schutzkategorien angehören können.

Der überwiegende Teil der NWE-Flächen stockt auf produktiven Standorten. Die Buchen- und Fichtenflächen weisen zu rd. 70 % gute und sehr gute Bonitäten auf, bei den Kiefern- und Eichenflächen sind es sogar mehr als 90 %. Die Altersklassenausstattung der Baumarten zeigt im Vergleich zum Gesamtwald (BWI2) einen überproportionalen Flächenanteil der mittelalten und alten Bestände.

Die ökonomische Bewertung des Nutzungsverzichts auf den zum Stichjahr 2013 bilanzierten NWE-Flächen (213.145 Hektar) kommt zu folgendem Ergebnis: Die mittleren aktuellen Vorräte sind mit 345 Vfm/ha hoch, der Nutzenentgang bis zum Erreichen der Umtriebszeiten beachtlich und der Nutzenentgang (Walderwartungswert) beläuft sich auf 3.884.993.915,- Euro bzw. 18.227,- Euro/ha.

In der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) der Bundesregierung wird bis zum Jahr 2020 eine natürliche Waldentwicklung auf 5 % der gesamten Waldfläche bzw. 10 % der öffentlichen Wälder angestrebt. Dies entspricht einer absoluten Fläche von 553.789 Hektar. Aus den Ergebnissen des Forschungsvorhabens ergibt sich somit auch unter Zugrundelegung der Kernbilanz nach 2020 eine Differenz von 222.914 Hektar.

Der Gemeinsame Forstausschuss „Deutscher Kommunalwald“ wird sich auf seiner nächsten Sitzung am 25. November 2013 in Rieneck mit den Ergebnissen des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens befassen. Von besonderem Interesse sind dabei folgende Aspekte:

  • In die Bilanz gehen lediglich Flächen ein, die zum Stichjahr 2013 bzw. 2020 vollständig aus der Nutzung genommen sind und deren weitere Nichtnutzung rechtsverbindlich gesichert ist.
  • Die tatsächlich und auch perspektivisch nutzungsfreie Waldfläche in Deutschland ist deutlich höher, als sie das Ergebnis des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens NWE5 ausweist.
  • Entwicklungszonen von Nationalparks oder anderen Schutzgebieten, deren Pflege über die jeweiligen Stichjahre hinausgeht, gehen trotz ihrer perspektivischen Nichtnutzung nicht in die Bilanz ein.
  • Gleiches gilt bezüglich der Flächen des Nationalen Naturerbes.
  • Geplante Nationalpark- oder andere Schutzgebietsflächen gehen nicht in die Bilanz ein.
  • Faktisch und gleichermaßen perspektivisch nutzungsfreie Gebiete wie nicht begehbarer Wald (nach Bundeswaldinventur 2: rd. 187.000 ha) außerhalb von Schutzgebieten mit der Auflage des Prozessschutzes gehen nicht in die Bilanz ein, sofern ihre Nichtnutzung nicht rechtsverbindlich gesichert ist.
  • Gleiches gilt für faktisch bereits seit längerer Zeit nutzungsfreie Flächen vor allem des Kleinprivatwaldes.
  • Eine Strategie des Bundes muss nicht zwangsläufig von den Ländern umgesetzt werden.
  • Die Wirksamkeit (Effektivität) der Nichtnutzung der bilanzierten Flächen für den Erhalt und die Verbesserung der Artenvielfalt ist nicht erwiesen.
  • Die Stärke des Waldnaturschutzes in Deutschland liegt in seinem integrativen Ansatz gepaart mit segregativen Elementen dort, wo solche einen konkreten Mehrnutzen ergeben.
  • Die notwendige Effizienz im Umgang mit knappen Ressourcen verlangt eine Ausweisung nicht zu nutzender Flächen unabhängig von der Besitzart dort, wo eine Nichtnutzung die größte Wirksamkeit für die Artenvielfalt ergibt.
  • Der dem Eigentümer bzw. Besitzer dieser Fläche entgehende (wirtschaftliche) Individualnutzen ist auszugleichen.

Der Deutsche Forstwirtschaftsrat und der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordern darüber hinaus, dass sich der neu berufene Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik (WBW) mit den Aussagen und Konsequenzen des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens NWE5 beschäftigt. Wie aus dem BMELV zu erfahren ist, wird sich das Gremium auf seiner nächsten Sitzung, die noch in diesem Jahr stattfinden soll, mit der Thematik befassen. Eine Zusammenfassung aller Vorträge findet sich im Internet unter http://www.nw-fva.de/nwe5/ .

Az.: II gr-ko

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