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StGB NRW-Mitteilung 623/2021 vom 24.11.2021

Deutschland eines der sichersten Länder weltweit – Zunahme rechtsmotivierter und antisemitischer Gewalt

Das Bundesinnenministerium und das Bundesjustizministerium haben gemeinsam den dritten Periodischen Sicherheitsbericht veröffentlicht. Der Bericht deckt den Zeitraum der letzten 15 Jahre ab und ordnet die Entwicklung der Kriminal- und Justizstatistiken wissenschaftlich ein. Dazu wird nicht nur die von Polizei und Justiz registrierte Kriminalität unter Einbeziehung neuer gesetzlicher und sicherheitsbehördlicher Entwicklungen dargestellt. Diese Daten werden darüber hinaus einem Vergleich unterzogen und durch Erkenntnisse aus der Dunkelfeldforschung und durch kriminologische Erklärungsansätze ergänzt. Schwerpunktmäßig untersucht wurden die drei Bereiche Gewaltkriminalität, rechtsmotivierte Straftaten sowie Übergriffen im digitalen Raum.

Die wesentlichen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Schwere Gewaltkriminalität deutlich zurückgegangen

Seit 2005 ist die in Deutschland registrierte Kriminalität um 15 Prozent zurückgegangen. Verantwortlich dafür ist vor allem der deutliche Rückgang der Eigentums- und Vermögensdelikte, auch schwere Gewalttaten sind stark zurückgegangen. Seit 2020 beeinflusst zudem die Covid-19-Pandemie die Entwicklung der Gewaltkriminalität. Während Gewalt im öffentlichen Raum abnimmt, weisen bereits verfügbaren Daten auf eine Zunahme im familiären Umfeld hin. Die Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten weist seit Jahren eine steigende Tendenz auf. Institutionen, wie etwa pädagogische, aber auch Pflege- und Gesundheitseinrichtungen sowie der Straf- und Maßregelvollzug, sind aufgrund ihrer Strukturen und/oder ihres Auftrags anfällig für das Auftreten von Gewalt. Die hohe Einstellungsquote und der gesamte Diskurs zu dieser Thematik verdeutlichen, dass Handlungsbedarf besteht.

Rechtsmotivierte und antisemitische Kriminalität stark ausgeprägt

Häufigste Delikte bei der rechtsmotivierten Kriminalität sind die Verbreitung von Propagandamitteln und die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Besonders stark zugenommen hat die Hasskriminalität im Internet im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise ab dem Jahr 2015. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die meisten Vorfälle nicht zur Anzeige gebracht werden, weshalb viele der Straftaten statistisch nicht registriert werden (können). Auch antisemitisch motivierte Straftaten nehmen zu. Die Zahl der Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft stieg ab 2015 sprunghaft an – von 689 Fällen in 2014 auf über 2200 ein Jahr später – und verblieb seither auf hohem Niveau. Von rechtsmotivierten Straftäterinnen und Straftätern geht ein erhebliches Gewaltpotential aus – bis hin zum rechtsextremistischen Terrorismus.

Cyberkriminalität und -mobbing

Der Bericht untersucht auch aktuelle Phänomene wie Cybergrooming und Cybermobbing. Cybergrooming ist eine Form des sexuellen Missbrauchs, bei der Täter online gezielt auf Kinder einwirken, um sexuelle Kontakte anzubahnen. Auch Beleidigungen und Bedrohungen im Internet – Cybermobbing – haben in den letzten Jahren zugenommen. Bei beiden Phänomenen findet ein Großteil der Delikte unter gleichaltrigen Kindern und Jugendlichen statt, während von Cyberstalking vor allem Erwachsene betroffen sind. Die Dunkelziffer wird in allen drei Bereichen besonders hochgeschätzt.

Dunkelfeldforschung und die gefühlte Kriminalität

Die Daten- und Forschungslage im Bereich Dunkelfeld hat sich sehr verbessert. Es wird in verschiedenen Deliktsbereichen, wie etwa im Bereich Gewalt- und Hasskriminalität im realen Leben und im Netz – gerade im Bereich öffentlicher Einrichtungen und deren Beschäftigten – sowie bei der Einbruchskriminalität von einem hohen Dunkelfeld ausgegangen. Dies bekräftigen auch die zum Teil sehr geringen Anzeigequoten. Unter den personenbezogenen Delikten weisen persönlicher Diebstahl und Zahlungskartenmissbrauch beispielsweise mit nur über 40 Prozent die höchsten Anzeigequoten auf. Dagegen bestätigen die Studien, dass das Erleben von Kriminalität als Opfer ein seltenes Ereignis ist. Es dominieren primär Sorgen vor wirtschaftlichen und sozialen Themen. Die sinkende Kriminalitätsfurcht steht in engem Zusammenhang mit dem hohen Vertrauen, das der Polizei und staatlichen Institutionen entgegengebracht wird.

Niedrige Kriminalität im internationalen Vergleich

Im internationalen Vergleich weist Deutschland bei wichtigen Indikatoren deutlich niedrigere Fallzahlen auf. Bei vorsätzlichen Tötungsdelikten und schweren Sexualstraftaten liegt Deutschland zwei Drittel unter dem EU-Durchschnitt.

Anmerkung des StGB NRW und des DStGB

Aus Sicht des DStGB und des StGB NRW ist die allgemeine Entwicklung der objektiven und gefühlten Kriminalität in Deutschland positiv zu bewerten. Deutschland ist und bleibt eines der sichersten Länder der Welt. Auch die Entwicklung des gefühlten sozialen und persönlichen Kriminalitätsempfindens der Bürgerinnen und Bürger hat sich laut dem Bericht verbessert. Allerdings variiert das persönliche Empfinden abhängig von Milieu, Bildung, Geschlecht, Alter, Wohngegend und eigener Opfererfahrung weiterhin stark. Dabei ist ein besonders positives Signal, dass das Vertrauen in die Polizei und staatliche Institutionen insgesamt sehr hoch ist. Es ist zu begrüßen, dass der Dritte Sicherheitsbericht nicht nur die statistische Entwicklung der Polizeilichen Kriminalität in den Blick nimmt, sondern auch Ergebnisse der Dunkelfeldforschung und die gefühlte Kriminalität und Sicherheit der Menschen.

Andererseits zeigt der Bericht deutlichen Handlungsbedarf. Dies gilt für die Bekämpfung extremistischer und antisemitischer Gewalt im Alltag und im Netz, für den besseren Schutz von Repräsentanten des Staates und der Steigerung des Anzeigeverhaltens der Bürgerinnen und Bürger sowie die Stärkung des Vertrauens in die Polizei und Justiz in einzelnen Deliktsbereichen, wie etwa der häuslichen Gewalt, Cyber- und Hasskriminalität im Netz, Gewaltkriminalität gerade gegenüber haupt- und ehrenamtlichen Kommunalpolitiker/innen, Polizei, Rettungs- und Feuerwehrkräften und Beschäftigten in kommunalen Einrichtungen und Ämtern und extremistischen sowie antisemitischen Straftaten. Die Zunahme der Kriminalität in diesen Bereichen und auf die Menschen, die sich tagtäglich für diesen Staat einsetzen, ist ein Angriff auf unsere Demokratie. Dies wirkt sich auch deutlich auf das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürgern aus, welches dadurch erschüttert wird. Auch die zum Teil hohen Einstellungsquoten der Polizei und Staatsanwaltschaften in einzelnen Deliktsbereichen belasten an der Stelle das Vertrauensverhältnis gegenüber dem Staat. Auch aufgrund der Pandemie führt dies dazu, dass die Staats- und Politikverdrossenheit bei einer Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern weiter ansteigt.

Alle wichtigen Positionen sowie Lösungsansätze des DStGB zur Verbesserung der Sicherheit in den Kommunen und der Bekämpfung von Hass, Bedrohungen und Angriffen auf Kommunalvertreter/innen sind in den Publikationen des DStGB unter www.dstgb.de und www.dstgb.de abrufbar.

Quelle: DStGB Aktuell 4521 vom 12.11.2021

Az.: 14.0.35-002

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