Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 462/2012 vom 10.07.2012

Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen

Im Hinblick auf die Pflicht zur Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen (§ 61 a Abs. 3 bis 7 Landeswassergesetz NRW) weist die Geschäftsstelle auf folgenden Sachstand hin:

Der Landtag wird sich in der 2. Jahreshälfte erneut mit dem Thema der Änderung des § 61 a LWG NRW beschäftigen. Die Landtagsfraktionen von CDU und FDP haben einen Gesetzentwurf zur Änderung des § 61 a LWG NRW erneut in den Landtag eingebracht (Landtags-Drucksache 16/45 vom 12.06.2012). Nach dem Gesetzentwurf der CDU und FDP soll eine Dichtheitsprüfung bei der Ersterrichtung von privaten Abwasserleitungen durchgeführt werden und bei bestehenden Abwasserleitungen grundsätzlich nur noch bei einem begründeten Verdacht erfolgen. Parallel dazu werden auch die Landtagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen einen Gesetzentwurf zur Änderung des § 61 a LWG NRW in den Landtag einbringen, weil nach der Koalitionsvereinbarung (Rz. 3252ff.) an der Funktionsprüfung von Abwasserkanälen festgehalten werden soll. Vorgesehen ist hier zurzeit die Streichung des § 61 a LWG NRW. Gleichzeitig soll in § 60 LWG NRW eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung geschaffen werden. In dieser Rechtsverordnung soll dann die Dichtheitsprüfung mit entsprechenden Fristen wieder einer Regelung zugeführt werden. Rechtsgrundlage ist insoweit § 23 Abs. 3 Wasserhaushaltsgesetz des Bundes, wonach die Bundesländer Regelungen treffen können, wenn der Bund entsprechende Rechtsverordnungen nicht erlässt. Zeitlich gesehen ist bislang geplant, bis Ende des Jahres 2012 im Landtag NRW eine Gesetzesänderung zu verabschieden.

Die kommunalen Spitzenverbände haben mit Datum vom 27.06.2012 die Ministerpräsidentin des Landes NRW, Frau Hannelore Kraft, angeschrieben. Das Schreiben hat folgenden Inhalt:

„Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin,

seit Anfang 2011 wird in Nordrhein-Westfalen kontrovers über die Änderung des § 61 a LWG NRW mit der darin enthaltenen Pflicht der privaten Grundstückseigentümer zur Funktionsprüfung bei privaten Abwasserleitungen diskutiert. In der Koalitionsvereinbarung ist festgeschrieben, dass an der Pflicht zur Funktionsprüfung grundsätzlich festgehalten werden soll. Dieses begrüßen wir, weil die Verlässlichkeit staatlichen Handelns auch uns ein besonderes Anliegen ist, zumal seit der Einführung der Prüfpflicht (01.01.1996) bereits viele Grundstückseigentümer eine Prüfung durchgeführt und - soweit erforderlich — eine Sanierung der defekten privaten Abwasserleitung vorgenommen haben.

Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände hat bereits mit Datum vom 13.01.2012 ein Positionspapier zur möglichen Änderung des § 61 a LWG NRW verfasst. Dieses Positionspapier, das wir Ihnen gerne auch persönlich in der Anlage zur Verfügung stellen, hatten wir Anfang diesen Jahres sowohl den Landtagsabgeordneten als auch der den zuständigen Vertretern der Landesregierung übersandt.

Wir bitten Sie um Unterstützung der in diesem Positionspapier dargelegten Vorschläge zur Weiterentwicklung der Funktionsprüfung. Wir sind der Auffassung, dass eine nach der Gebäudeart vorgesehene Differenzierung, beispielsweise Ein- und Zweifamilienhäuser aus der Prüfpflicht heraus zu nehmen, nicht sachgerecht wäre. Auch private Abwasserleitungen bei Ein- und Zweifamilienhäusern können erhebliche Schäden aufweisen. Unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) gibt es für eine Herausnahme der Ein- und Zweifamilienhäuser zudem keinen sachlichen Grund. Aus wasserwirtschaftlichen Gründen wäre die Herausnahme nicht vertretbar, weil eine sanierungsbedürftige private Abwasserleitung bei einem Mehrfamilienhaus ebenso erneuert werden muss, wie bei einem Ein- und Zweifamilienhaus, und insbesondere Schädigungen des Grundwassers in Trinkwasserschutzgebieten vermieden werden sollten.

Wir halten es für zweckmäßiger, dass im Falle der Sanierungsbedürftigkeit einer privaten Abwasserleitung das Land direkt Förderungen gewährt oder über die NRWBank Finanzierungsmöglichkeiten aufzeigt, um etwaige finanzielle Belastungen betroffener Grundstückseigentümer abzufedern. Ein erster und richtiger Schritt in diese Richtung ist sicherlich, dass das Förderprogramm „Ressourceneffiziente Abwasserbeseitigung NRW“ seit dem 01.01.2012 für die Sanierung von privaten Abwasserleitungen einen zinsverbilligten Kredit mit einem Zinssatz von zurzeit 1,03 % vorsieht. Darüber hinaus könnte auch gesetzlich eine Härtefallregelung festgeschrieben wird, so wie dies selbstverständlich von einigen Kommunen schon praktiziert wird.

Wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie unsere Anliegen bei den weiteren Beratungen zu dieser Thematik berücksichtigen würden. Für Gespräche stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.“

Die Geschäftsstelle empfiehlt weiterhin, zurzeit keine Dichtheitsprüfungen bei privaten Abwasserleitungen mehr anzuordnen. Insoweit sollten zwar bereits erlassene Satzungen bestehen bleiben, aber gegenwärtig nicht vollzogen werden. Soweit Prüffristen in Satzungen bestehen, können diese auch verlängert werden. Im Übrigen verliert auch eine satzungsrechtlich geregelte Frist für eine Dichtheitsprüfung nicht den Sinn, wenn die Frist abgelaufen ist. Das VG Münster hat jedenfalls mit Urteil vom 15.02.2012 (Az. 7 K 2193/09) darauf hingewiesen, dass eine Ordnungsverfügung mit dem Inhalt, zu einem bestimmten Termin eine Handlung vorzunehmen, nicht deshalb gegenstandslos wird, weil der gesetzte Termin verstrichen ist. Dieses gilt jedenfalls dann, wenn keine tatsächlichen Gründe erkennbar sind, dass nach Ablauf des gesetzten Termins eine Erfüllung der Gebote nicht mehr sinnvoll bzw. im öffentlichen Interesse ist.

Schlussendlich wird erneut darauf hingewiesen, dass nach dem OVG Lüneburg (Urteil vom 10.01.2012 - Az.: 9 KN 162/10 — abrufbar unter: www.rechtsprechung.niedersachsen.de) eine abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde berechtigt ist, auf der Grundlage einer Regelung in der Abwasserbeseitigungssatzung die Zustandsüberprüfung bei privaten Abwasserleitungen anzuordnen, wenn dieses für die Gemeinde erforderlich ist, um ihre Abwasserbeseitigungspflicht ordnungsgemäß erfüllen zu können. Hintergrund dieses Urteils des OVG Lüneburg war, dass eine Gemeinde im Bundesland Niedersachsen erhebliche Einleitungen von Grund- und Drainagewasser (sog. Fremdwasser) in das öffentliche Kanalnetz zu verzeichnen hatte und die Verdünnung von Abwasser nach § 3 Abs. 3 der Abwasser-Verordnung des Bundes verboten ist. Deshalb hatte die betroffene Gemeinde in ihrer Abwasserbeseitigungssatzung geregelt, dass private Abwasserleitungen auf Dichtheit überprüft werden mussten. Im Bundesland Niedersachsen gibt es eine dem § 61 a LWG NRW entsprechende landesgesetzliche Regelung nicht.

Az.: II/2 24-30 qu-ko

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