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StGB NRW-Mitteilung 555/2018 vom 17.10.2018
Studie über Pflegebedürftigkeit in Deutschland
Bis 2035 könnten bereits vier Millionen Menschen in Deutschland auf Pflege angewiesen sein, zeigt eine neue Simulationsrechnung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW-Report 33/18 – Die Entwicklung der Pflegefallzahlen in den Bundesländern). Das ist rund ein Drittel mehr als heute. Auch wenn in den vergangenen Jahren der Altenpflegeberuf aufgewertet wurde, können bereits jetzt viele offene Stellen nicht besetzt werden. Und die Nachfrage wird stark ansteigen: Den IW-Berechnungen zufolge muss sich die Zahl der Fachkräfte um gut 44 Prozent auf rund eine halbe Million erhöhen.
Bei der Simulation stützt sich das IW auf Erhebungen des Statistischen Bundesamtes zur Pflege, die aktuellsten Zahlen stammen von 2015. Besonders von der Entwicklung betroffen sind die ostdeutschen Bundesländer. Bund und Länder sind gefordert, die Rahmenbedingungen für eine ausreichende Versorgung zu schaffen und den Pflege-Beruf attraktiver zu gestalten. Dies macht eine Beitragsanhebung erforderlich, die mit einer Dynamisierung der Leistungen einhergehen.
Die Simulation basiert auf den Daten der Pflegestatistik aus 2015. Da keine aktuelleren Daten vorliegen, ist zum momentanen Zeitpunkt nicht genau abzuschätzen, wie sich die Einführung der Pflegegrade auf die offiziellen Pflegefallzahlen auswirkt.
Bundesweit waren im Jahr 2015 rund 2,9 Millionen Menschen pflegebedürftig, rund 50 Prozent mehr als Ende der 90er-Jahre. Bei unverändertem Gesundheitszustand nimmt die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2035 auf über vier Millionen zu. Selbst wenn sich die Pflegebedürftigkeit mit zunehmender Lebenserwartung in höhere Lebensalter verschiebt, müsste noch mit knapp 3,9 Millionen Pflegebedürftigen gerechnet werden. Die Ergebnisse sind allerdings als Untergrenze anzusehen, da die aktuellen Entwicklungen, die sich durch die Einführung der Pflegegrade ergeben haben, noch nicht eingerechnet sind.
Die Simulationsrechnungen verdeutlichen zudem, dass eine wirkliche Entspannung der Lage in keinem Bundesland zu erwarten ist, alle Bundesländer müssen sich auf einen Zuwachs der Zahl der Pflegebedürftigen einstellen. Allerdings sind die Bundesländer unter anderem aufgrund ihrer spezifischen Bevölkerungsentwicklung unterschiedlich stark betroffen. Während der Anteil der Pflegebedürftigen an der Gesamtbevölkerung im wachsenden Berlin mit 3,5 Prozent konstant bleibt, steigt er in allen anderen Ländern weiter. Dieser Anstieg ist aber in den ostdeutschen Bundesländern Brandenburg und Sachsen-Anhalt mit 2 Prozentpunkten beziehungsweise Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen mit sogar über 2 Prozentpunkten zwischen 2015 und 2035 vergleichsweise am stärksten.
Vor allem in Ostdeutschland ist der Anteil der Pflegebedürftigen an der Gesamtbevölkerung überdurchschnittlich hoch. In Mecklenburg-Vorpommern könnte 2035 jeder fast jeder dreizehnte Einwohner (7,3 Prozent) ein Pflegefall sein. In Brandenburg und Thüringen dürfte der Anteil der Pflegebedürftigen an der Bevölkerung der Studie zufolge bei 6,8 Prozent liegen. Entspannter sind die Aussichten für Berlin (3,5 Prozent), Bayern (3,9 Prozent) und Baden-Württemberg (4,3 Prozent).
Neben der alternden Bevölkerung bestätigt sich auch der Trend weg von der familieninternen Betreuung hin zur professionellen Pflege. Zuletzt nahmen der Studie zufolge 52 Prozent der Pflegebedürftigen eine Betreuung durch ambulante Anbieter oder in Pflegeheimen in Anspruch.
Um die Pflege dieser Menschen auch in Zukunft gewährleisten zu können, muss die Zahl der Pflegefachkräfte deutschlandweit stark ansteigen. Das IW ermittelte einen bundesweiten Bedarf von 130.000 bis 150.000 zusätzlichen Pflegefachkräften bis 2035. Auch wenn die Zahl der Beschäftigten und der Auszubildenden in Altenpflegeberufe zuletzt spürbar zugenommen hat, reicht der Personalbestand für die künftige Nachfrage keineswegs aus. 2017 kamen auf 100 offene Stellen gerade einmal 22 Arbeitslose. Die Bewältigung dieses Fachkräfteengpasses bedarf einer umfassenden Strategie. Auch die fortschreitende Digitalisierung bietet Potenziale, welche für die Pflegebranche noch stärker in den Blick genommen werden können. (Quelle: DStGB Aktuell 3718 vom 14.09.2018)
Az.: 37.0.5-001/001