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Mitteilungen - Recht, Personal, Organisation
StGB NRW-Mitteilung 314/1999 vom 20.05.1999
Dienstzeitregelung für Personalratsvorsitzende
Im nachfolgend auszugsweise dokumentierten Beschluß des VG Düsseldorf, 34 L 4772/98.PVL vom 04.11.1998, welcher inzwischen nach Rücknahme der Beschwerde rechtskräftig ist, hat das Gericht entschieden, daß auch der freigestellte Personalratsvorsitzende verpflichtet ist, sich zum Nachweis seiner Dienstzeiten der automatisierten Zeiterfassungsanlage zu bedienen. Im einzelnen führt die Kammer aus:
"Der Antrag ist begründet.
Die Voraussetzungen der §§ 940, 936, 920 Abs. 2 ZPO, 85 Abs. 2 ArbGG liegen vor.
Der Antragsteller macht einen arbeitsrechtlichen Anspruch aus dem mit dem Antragsgegner geschlossenen Arbeitsvertrag in Verbindung mit der Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit in der Stadtverwaltung der Stadt Kleve vom 17. Juni 1993 und der Dienstvereinbarung über die Erfassung der geleisteten Arbeitszeit pp. vom gleichen Tage geltend. Die Verpflichtung, bei Dienstbeginn und Dienstschluß das automatisierte Zeiterfassungsgerät zu benutzen und sich mit ihm bei einem zwischenzeitlichen Verlassen des Dienstgebäudes abzumelden, kann sich nur aus diesen Rechtsgrundlagen ergeben. Die Dienstvereinbarungen enthalten allgemeine Regelungen, die die arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten ergänzen. Sie regeln den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit und die Art und Weise, in der der Bedienstete den individuellen Arbeitsantritt und seinen Arbeitsschluß dokumentiert. Die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis treffen jeden Bediensteten, im Grundsatz auch Mitglieder des Personalrates. Das Landespersonalvertretungsgesetz befaßt sich nicht mit der Anwesenheitskontrolle von Personalratsmitgliedern. Es enthält insbesondere keine Ansprüche des Arbeitgebers oder Verpflichtungen des Personalratsmitglieds in dieser Hinsicht. Von einer "Überlappung" des Arbeitsverhältnisses durch das Personalvertretungsrecht (siehe Beschluß des Arbeitsgerichtes Wesel vom 9. Juni 1998, 1 Ga 13/98), was immer damit gemeint sein soll, kann keine Rede sein. Der Antragsgegner führt seine Rechte aus der Freistellung rechtsverteidigend ein. Das ändert nichts daran, daß der geltend gemachte Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis abzuleiten ist. Dementsprechend ist der Streitgegenstand des Verfahrens arbeitsrechtlicher Natur. Der Streitgegenstand bestimmt sich nach dem möglichen Anspruch des Antragstellers, nicht nach den Einwendungen oder Einreden des Prozeßgegners.
Der Antragsteller hat einen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht.
Der Antragsgegner ist als Arbeitnehmer verpflichtet, sich im Rahmen der gleitenden Arbeitszeit der automatisierten Zeiterfassung zu bedienen. Seine Stellung als Vorsitzender des Personalrates ändert daran nichts. Personalratsmitglieder sind nach dem Wortlaut der einschlägigen Dienstvereinbarungen weder von der gleitenden Arbeitszeit noch von deren Erfassung ausgeschlossen. Die Dienstvereinbarung über die Erfassung der geleisteten Arbeitszeit gilt u.a. für alle Bediensteten der Stadtverwaltung, die im Rathaus beschäftigt sind und auf die die Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit anzuwenden ist (2.,1.1 der Dienstvereinbarung). Die Vorschriften der Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit gilt u.a. für die Bediensteten der Stadtverwaltung, die im Rathaus beschäftigt sind. Der Antragsgegner erfüllt diese Voraussetzungen. Er ist im Rathaus beschäftigt. Seine personalvertretungsrechtliche Freistellung hat nicht zur Folge, daß er seinen Status als Bediensteter der Stadt Kleve einbüßt. Das freigestellte Personalratsmitglied ist nur von seiner beruflichen Tätigkeit befreit, nicht von den sonstigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Sonderregelungen für Personalvertretungsmitglieder enthalten die Dienstvereinbarungen nicht. Eine Ausnahme hätte eindeutig und bestimmt geregelt sein müssen. Daran fehlt es.
Ein freigestelltes Personalratsmitglied ist verpflichtet, während der vertraglich vereinbarten oder durch Dienstvereinbarung geregelten Arbeitszeit in der Dienststelle anwesend zu sein. Regelungen, die seine Betriebsanwesenheit kontrollieren, hat das freigestellte Personalratsmitglied zu beachten. Das gilt auch für ein Gleitzeitsystem. Verläßt das Personalratsmitglied während der Arbeitszeit das Dienstgebäude, hat es sich abzumelden. Maßnahmen zur Anwesenheitskontrolle sind für das freigestellte Betriebsratsmitglied in gleicher Weise wie für andere Bedienstete verbindlich, so daß zum Beispiel eine installierte Stechuhr benutzt werden muß (einhellige Meinung in der arbeitsrechtlichen Literatur: vgl.: Richardi, Betriebsverfassungsgesetz, Kommentar, 7. Auflage, § 38 Rdn. 57; Hess, Schlochauer, Glaubitz, Betriebsverfassungsgesetz, Kommentar, § 38, Rdn. 44; Farbicius und andere, Gemeinschaftskommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, § 38 Rdn. 72 (Wiese); Däubler, Kittner, Klebe, Betriebsverfassungsgesetz, Kommentar, 6. Aufl., § 38 Rdn. 62 (Blanke/Wedde)). Für ein freigestelltes Personalratsmitglied gilt nichts anderes. § 42 LPVG enthält keine abweichende Regelung. Der Antragsgegner ist verpflichtet, den Dienstantritt und das Dienstende durch Benutzen der automatisierten Zeiterfassung des Rathauses zu dokumentieren. Verläßt er während der Dienstzeit das Rathaus, hat er sich durch Betätigen der automatisierten Zeiterfassung (Dienstgang Beginn ..., Dienstgang Ende ...) abzumelden.
Der Antragsteller hat einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht. Der Antragsgegner verstößt durch seine Weigerung, die automatisierte Zeiterfassung zu benutzen, beharrlich und für die verstrichene Zeit irreparabel gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten und gegen die für alle Beschäftigten der Stadtverwaltung Kleve geltenden Dienstvereinbarungen. Darin allein liegt ein wesentlicher Nachteil, der den Erlaß einer einstweiligen Verfügung abzuwenden geeignet ist. Der Feststellung darüber hinaus gehender drohender Schäden bedarf es nicht. Die Vorwegnahme der Hauptsache ist ausnahmsweise gerechtfertigt, weil die Verpflichtung des Antragsgegner mit hoher Wahrscheinlichkeit feststeht und er seinerseits keine glaubhaft gemachten oder auch nur erkennbaren Nachteile erleidet, wenn er sich der automatisierten Erfassung seiner Dienstzeiten unterwirft."
Az.: I/1 048-02-0