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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 228/1998 vom 05.05.1998
DSGV zur Kritik an der Rechtsform der Sparkasseninstitute
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband wirft dem Bundesverband deutscher Banken vor, hinter dem Rücken von Bund und Ländern die Schwächung der Sparkassenorganisation zu betreiben.
Der DSGV hat die erneute Kritik an der öffentlichen Rechtsform der Sparkassen von seiten des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) zurückgewiesen. In einem sechs Punkte umfassenden Katalog präzisiert der Deutsche Sparkassen- und Giroverband seine Kritik am erneuten Vorstoß des BdB zur Aushebelung des öffentlich-rechtlichen Banken- und Sparkassenwesens. Nachfolgend die Punkte im Wortlaut:
"1. Mit einer Gegenstellungnahme zur Antwort der Bundesregierung auf den Fragenkatalog der EU-Kommission zu Finanzdienstleistungen und Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse setzt der Bundesverband deutscher Banken seine Angriffe auf die Sparkassenorganisation fort. Bewußt und gezielt attackiert der Bankenverband damit auch Bundesregierung und Bundesländer, die gegenüber der EU-Kommission klargestellt haben, daß Sparkassen und Landesbanken keine Privilegien im Wettbewerb genießen. Damit erneuert und intensiviert der Bankenverband seine Versuche, die Institute der Sparkassenorganisation zu schwächen. Er diffamiert damit nicht nur diejenigen Kreditinstitute, die mit einem dichten Zweigstellennetz für sämtliche Bevölkerungsgruppen da sind und ihre Dienstleistungen vor allem auf Mittelstand und regionale Wirtschaft konzentrieren. Er stellt auch das dreisäulige Bankensystem in Frage, das bislang als hoch funktionsfähige Basis der deutschen Kreditwirtschaft anerkannt war.
2. Das Ziel des Bankenverbandes ist offenkundig. Anstelle eines fairen Unternehmenswettbewerbs am Markt versucht er politische Interventionen der Europäischen Kommission zu provozieren, um die Startposition privater Banken zu Beginn der Europäischen Währungsunion zu verbessern Letztlich strebt er eine Privatisierung der Sparkassen zur Vorbereitung späterer Übernahmen an. Die starken Marktanteile im regionalen Retailgeschäft, die Privatbanken im Wettbewerb nicht erringen konnten, sind ein attraktiver Anreiz. Bislang ist den Großbanken der Aufkauf von Sparkassen aufgrund der öffentlichen Rechtsform verschlossen.
3. Die Behauptung des Bundesverbandes deutscher Banken in seiner Gegenstellungnahme, Sparkassen und Landesbanken erfüllten keinen öffentlichen Auftrag mehr, ist offensichtlich unzutreffend. Der öffentliche Auftrag ist als Verpflichtung der Sparkasseninstitute ebenso wie die öffentliche Rechtsform in den Sparkassen- und Landesbankengesetzen verankert und vom Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt. Es ist bemerkenswert, in welch offener Form der private Bankenverband dem deutschen Gesetzgeber die Berechtigung abspricht, Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Institute zu bestimmen. Der Bundesverband deutscher Banken ignoriert, daß das Selbstorganisationsrecht der nationalen Gesetzgeber zur Gewährleistung einer flächendeckenden und effizienten Infrastruktur für Finanzdienstleistungen auch vom Europäischen Rat von Amsterdam für das europäische Recht bestätigt und mit einer Erklärung im Amsterdamer Vertrag verankert wurde.
4. Die Behauptung des Bankenverbandes, der effiziente Bankenwettbewerb bestünde auch ohne öffentlich-rechtliche Sparkassen und Landesbanken fort, geht an den Marktgegebenheiten vorbei. Ohne die Sparkasseninstitute wäre die Markt- und Unternehmensstrategie der privaten Bankkonzerne auf breiter Front die Konsequenz. Schließung von Filialen, massiver Abbau von Beschäftigten und ein weiterer Rückzug aus der Fläche prägen die Strategie der Großbanken. Dagegen gewährleisten die Sparkassen im arbeitsteiligen Verbund mit den Landesbanken die kreditwirtschaftliche Versorgung von Bürgern, Mittelstand und Kommunen und die Sicherung von Arbeitsplätzen sowohl in wirtschaftlichen Ballungszentren wie in strukturschwachen Gebieten. Sie sind wichtiger Faktor der Wettbewerbspluralität im Bankenmarkt und der derzeit ausgewogenen Wirtschaftsstruktur in Deutschland. In ländlichen Regionen wird der Wettbewerb zum Vorteil der Kunden praktisch allein durch die dort tätigen Sparkassen und Volksbanken sichergestellt.
5. Mit dem erneut wiederholten Vorwurf, aus dem günstigen Rating folgten unzulässige Refinanzierungsvorteile von Landesbanken und Großsparkassen in willkürlich gegriffener Millionenhöhe, widerspricht sich der Bankenverband im Ergebnis selbst. Denn erst vor einigen Wochen wies der Bankenverband selbst auf eine fragwürdige Subjektivität von Ratingagenturen hin. Dabei ging es allerdings um ein angekündigtes Downrating von Großbanken in Zusammenhang mit der Asienkrise. Eine offenbar von Bankenseite selbst angegriffene mangelnde Objektivität der Ratingagenturen kann nicht Grundlage einer Systemveränderung des öffentlich-rechtlichen Bankensystems sein.
6. Der Vorstand des DSGV sieht durch das neue Papier seine Entscheidung vom Dezember 1997 bestätigt, im Zentralen Kreditausschuß in bankpolitischen Fragen keine gemeinsamen Stellungnahmen mehr abzugeben. Die neuerlichen Angriffe des BdB belegen insoweit mit erhellender Klarheit, daß der Privatbankenverband die institutionellen Grundlagen der Sparkassenorganisation - anders als von ihm noch im zurückliegenden Sommer öffentlich dementiert - in Frage stellt. Dies steht auch im Zusammenhang mit der Frage, ob der Finanzplatz Deutschland und die Europäische Währungsunion vorrangig auf Gewinninteressen oder auf den Nutzen von Wortschaft und Gesellschaft ausgerichtet sein sollen. Die Sparkassenorganisation wird alles tun, um selbständiges Unternehmertum und damit Zukunftschancen in allen Regionen zu erhalten und zu fördern."
Az.: IV-961-00