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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 238/2013 vom 01.03.2013
DStGB-Gespräch mit EU-Kommission und EP zur Konzessionsvergaberichtlinie
Am 18. Februar 2013 hat der DStGB zusammen mit Vertretern der beiden anderen kommunalen Schwesterverbände sowie des VKU und BdEW ein weiteres Gespräch mit dem Kabinett Barnier (Binnenmarktkommissar), der GD Binnenmarkt sowie dem Koordinator für die Binnenmarktpolitik der EVP, Dr. Andreas Schwab (CDU), zum Entwurf der Konzessionsrichtlinie geführt.
Ausgehend von der grundsätzlichen Ablehnung des Entwurfes durch die drei kommunalen Spitzenverbänden sowie die beiden Unternehmensverbände wurden anhand von Einzelbeispielen mit den EU-Vertretern die gravierenden negativen Folgen einer Anwendung der bisher diskutierten Vorschriften erörtert. Dabei ist weiter zu bedenken, dass der für die Behandlung des Themas zuständige EP-Ausschuss (IMCO) vor kurzem schon einige Weichenstellungen vorbereitet hat, die von kommunaler Seite kritisch gesehen werden. Aufgrund des medialen sowie verbandlichen Drucks der letzten Wochen gegen die Verabschiedung der Richtlinie scheint jedoch auf Seiten der Kommission die Bereitschaft, Kompromisse zu finden, größer zu werden. Die Verbände stehen daher weiter in engem Kontakt mit den Verantwortlichen.
Zur Fixierung der deutschen kommunalen Position hat der DStGB folgendes Papier erarbeitet und den an der Diskussion Beteiligten zur Verfügung gestellt:
1. Herausnahme der Wasserversorgung aus der Konzessionsrichtlinie
Wasser ist als Lebensmittel kein normales Wirtschaftsgut wie jedes andere. Die kommunal und dezentral in Deutschland auf höchstem Qualitätsniveau verantwortete Wasserversorgung muss vor dem Hintergrund des Vertrages von Lissabon und des dort normierten Grundsatzes der lokalen Selbstverwaltung sowie auch der Subsidiarität aus dem Bereich der Dienstleistungskonzessionen herausgenommen werden. Es wäre folgerichtig, dass nach Herausnahme der (Notfall-)Rettungsdienstleistungen aus den Konzessionen durch Mehrheitsbeschluss des IMCO am 24. Januar auch die weitere originäre Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge, die Wasserversorgung, nicht der Richtlinie unterfällt.
2. Umfassende Vergaberechtsfreiheit bei horizontalen kommunalen Verträgen
Gegenwärtig sind reine kommunale In-House-Geschäfte vergaberechtsfrei. Bei diesen üben eine oder mehrere Kommunen über die jeweilige Einrichtung der Wasserversorgung eine 100 %-ige Kontrolle aus (Zweckverband, Wasserverband, GmbH). Weiter führen diese kommunal getragenen Einrichtungen im Wesentlichen (80 %) ihre Tätigkeiten für die sie beherrschenden Kommune/Kommunen aus. Für die Vergaberechtsfreiheit einer interkommunalen Kooperation kann die Rechtsform der Zusammenarbeit, wie der EuGH in seiner Entscheidung „Stadt Hamburg“ vom 09. Juni 2009 deutlich ausgeführt hat, keine Rolle spielen.
Daher müssen über die vertikale Kooperationsform der „In-house-Geschäfte“ hinaus auch rein horizontale Kooperationen (öffentlich-rechtliche Verträge) zwischen Kommunen im Bereich der Wasserwirtschaft umfassend vom Vergaberecht ausgenommen werden. Alles andere würde bedeuten, dass die Kommunen eine bestimmte Rechtsform, die z. T. nicht gewollt ist, zwingend anwenden müssten. Es muss aber möglich sein, dass eine Kommune, die eine eigene Wasserversorgungs- oder Entwässerungseinrichtung betreibt, einen vergaberechtsfreien horizontalen Vertrag (öffentlich-rechtlichen Vertrag) mit Nachbarkommunen schließt, ohne dass die Voraussetzungen eines In-House-Geschäfts („Kontrolle wie über die eigenen Dienststellen, was einer 100%-igen Kontrolle entspricht) vorliegen. Dies ist in der Richtlinie deutlich klarzustellen.
3. Merkmal der „wesentlichen Tätigkeitausübung“: Beschränkung auf Aktivitäten der kommunalen Einrichtung selbst
Gegenwärtig wird z. T. diskutiert, dass das neben der „Kontrolle“ zweite Merkmal der „Teckal-Kriterien“, das sogenannte „Wesentlichkeitsmerkmal“ dann nicht erfüllt ist, wenn etwa die Wertschöpfung in einer kommunalen Einrichtung der Wasserversorgung mehr als 20 % außerhalb des Kommunalgebiets liegt (Bsp.: München bezieht und gewinnt Wasser fernab aus den Alpen). Dies kann und darf für das „Wesentlichkeitskriterium“ nicht die Grenzziehung sein. Für die wesentliche Tätigkeitsübung und damit die Grenze zur Ausschreibungspflicht alleine entscheidend ist, ob eine Kommune bzw. kommunen gemeinsam aktiv und bewusst zu mehr als 20 % ihre Tätigkeiten (Umsatz etc.) außerhalb der eigenen Gebietsgrenze ausüben. Dies ist deutlich in der Richtlinie klarzustellen.
4. Entscheidung der eigenen Bürger (Citizens) und der örtlichen Wirtschaft, insbesondere im Strombereich, darf nicht zum Verlust der Vergaberechtsfreiheit führen
Gegenwärtig findet u. a. über den Erwägungsgrund 14a der Konzessionsrichtlinie eine Diskussion dahingehend statt, auch die eigenen Bürger (Citizens) sowie in der Folge auch die eigene Wirtschaft als vergaberechtlich In-House-schädlich dann anzusehen, wenn diese zu mehr als 20 % ihren Strom nicht vom örtlichen Kommunalversorger (Stadtwerk) beziehen. Dies würde bei sogenannten Mehrspartenunternehmen (Wasser und Strom) zwingend dazu führen müssen, dass bis zum Jahr 2020 eine Spartentrennung stattfindet.
Dieser Ansatz ist verfehlt. Bürgerschaft und Wirtschaft einer Kommune können niemals vergaberechtlich In-House-schädlich sein und das auch nicht bei sogenannten Mehrspartenunternehmen. Bürgerschaft und örtliche Wirtschaft sind stets Teil der örtlichen kommunalen Daseinsvorsorge und können auch dann keine Ausschreibungspflicht für ein kommunales Mehrspartenunternehmen begründen, wenn sie sich zu mehr als 20 % entschieden haben, Strom von einem anderen Versorger zu beziehen. Klare Grenze kann insofern nur sein, ob sich eine Kommune mit ihren Mehrspartenunternehmen aktiv zu mehr als 20 %, etwa in Vergabeverfahren als Bieter, auf den Markt bewegt oder nicht. Alles andere würde bedeuten, dass eine Kommune nicht mehr ein komplett beherrschtes Stadtwerk mit dem Bereich Strom gründen könnte. Denn sie wäre nie sicher, auch von diesem rein kommunal beherrschten Stadtwerk den Strom, etwa für ihre eigenen Schulen und Verwaltungsgebäude, ohne Ausschreibung beziehen zu können. Dies kann und darf nicht sein und muss in der Richtlinie klar gestellt werden.
Im Übrigen muss verhindert werden, dass rein aus formalen Gründen eine Trennung zur Wassersparte und der Stromsparte bis zum Jahr 2020 erfolgen muss. Selbst wenn eine Kommune mit ihrer „Stromsparte“ aktiv auf dem Markt tätig ist, kann insofern eine spartenbezogene Betrachtung des jeweiligen Tätigkeitsbereichs (Strom und Wasser separat) dazu führen, dass beide Bereiche nach wie vor in einer rein „kommunalen Holding“ tätig bleiben. Diese Möglichkeit muss im Wortlaut der Richtlinie deutlich gemacht werden.
5. Keine Ausschreibungspflicht bei rein stiller Beteiligung Privater
Eine Ausschreibungspflicht darf es hinsichtlich des „Kontrollkriteriums“ und der Einbeziehung Privater nur geben, wenn eine Kommune sich bewusst entscheidet, private Dritte operativ in die gemeinsame Einrichtung der Wasserversorgung (ÖPP-Model) einzubinden. Nur dann liegt auch ein vom Vergaberecht vorausgesetzter Beschaffungsvorgang vor. Eine reine (stille) Beteiligung eines Privaten ist demgegenüber keine Beschaffung und löst daher auch keine Ausschreibungspflicht aus. Dies ist im Wortlaut der Richtlinie klar und deutlich sicherzustellen.
Az.: II/1 620-50