Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 516/2015 vom 08.07.2015

Eckpunkte für ein Wertstoffgesetz

Am 12. Juni 2015 haben sich die Berichterstatter von Union und SPD in Abstimmung mit dem Bundesumweltministerium (BMUB) auf Eckpunkte für ein Wertstoffgesetz geeinigt. Auf der Grundlage der Eckpunkte soll nach der Sommerpause ein Arbeitsentwurf für ein Wertstoffgesetz vorgelegt werden.

Der Entwurf wird sich an das in den letzten Wochen diskutierte Modell der erweiterten Produktverantwortung mit kommunaler Steuerungsmöglichkeit orientieren. Damit käme es zur Einführung der Produktverantwortung auch auf stoffgleiche Nichtverpackungen aus Metall und Kunststoff unter der Regie der dualen Systeme. Die Errichtung einer zentralen Stelle mit umfangreichen Kontrollbefugnissen zur Stabilisierung des Entsorgungssystems ist ebenfalls geplant.

Die bisherige gelbe Tonne wird als Wertstofftonne aufgewertet. Sie soll nicht nur Verpackungen aufnehmen, sondern auch andere Wertstoffe aus Kunststoff und Metall, wie alte Kleiderbügel oder altes Plastikspielzeug. So wird eine hochwertige stoffliche Verwertung möglichst umfassend ausgeschöpft.

Die Kommunen sollen in Zukunft zudem die Struktur der Wertstoffsammlung bestimmen können: wann und wie oft geleert wird, ob Sack oder Tonne, um eine bessere Abstimmung von Restmüll- und Wertstoffsammlung zu erreichen. Die Eckpunkte für ein modernes Wertstoffgesetz sehen zudem vor, dass die dualen Systeme die Erfassungsdienstleistungen nach den Vorgaben des Vergaberechts (VOL) öffentlich ausschreiben müssen, um einen fairen Wettbewerb um die Erfassungsdienstleistungen sicherzustellen.

Anmerkung

Den Eckpunkten zu Folge sollen die Einflussmöglichkeiten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) durch ein Maßnahmenbündel gestärkt werden. Aus kommunaler Sicht handelt es sich hierbei aber um reine „Placebo-Maßnahmen“ und es besteht somit ein klarer Nachsteuerungsbedarf.

Nach Auffassung des DStGB muss die Erfassung von Verpackungen und sonstigen Wertstoffen in die alleinige Verantwortung der Kommunen fallen, die die Erfassungsleistungen entweder im Wettbewerb ausschreiben oder an eigene Unternehmen vergeben können. Durch eine derartige Organisationsentscheidung könnten etliche in den aktuellen Eckpunkten vorgesehene Stärkungsmöglichkeiten zugunsten der örE entbehrlich werden (zum Beispiel die Vereinbarung einer vertraglichen Durchgriffsmöglichkeit des örE auf das vor Ort tätige Entsorgungsunternehmen im Rahmen der Abstimmung).

Die Sortierung und Verwertung von Verpackungen und Wertstoffen sollte dann von einer zentralen Stelle als öffentlich-rechtlichem Auftraggeber im Wettbewerb ausgeschrieben werden. Die anteilige Finanzierung des Entsorgungssystems kann im Rahmen der Produktverantwortung durch die Inverkehrbringen der Verpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen erfolgen. Die örE erhalten für die Kosten der Wertstofferfassung eine anteilige Standardkostenvergütung.

Nach Auffassung der kommunalen Spitzenverbände sollte zudem die Entsorgung der PPK-Fraktion (Papier, Pappe, Karton) in die alleinige Entsorgungsverantwortung der örE übergehen. Mit einer derartigen und klaren Regelung könnte der seit zehn Jahren andauernde Streit zwischen den örE und den Systembetreibern über die Aufteilung dieser Fraktion beendet werden. Darüber hinaus dürfen das bewährte System der Wertstoffhöfe wie auch die in verschiedenen Kommunen bestehenden sogenannten Sondersammelsysteme nicht durch Vorgaben des Gesetzgebers in ihrer Existenz bedroht werden. Hierauf wird im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu achten sein.

Kritisch zu hinterfragen bleibt auch die vorgesehene Möglichkeit für die örE, den Systembetreibern zukünftig einseitig Vorgaben zur Sammlungsstruktur zu machen. Die in den Eckpunkten angesprochene Möglichkeit der Systembetreiber, gegen entsprechende Vorgaben zu klagen, dürfte nach Einschätzung der kommunalen Spitzenverbände durchaus wahrgenommen werden. Dies belegen etwa die zahlreichen Auseinandersetzungen über eine Verdichtung des Sammelrhythmusses. Hinzu kommt die Frage, was unter „unnötig hohen Anforderungen“ zu verstehen ist, welche die Kommunen den dualen Systemen nicht auferlegen dürfen. Auch hier sind rechtliche Auseinandersetzungen vorprogrammiert.

Erhebliche Zweifel bestehen auch hinsichtlich der in den Eckpunkten vorgesehenen Vorgaben, dass die dualen Systeme zukünftig die Erfassungsdienstleistungen nach den Vorgaben des Vergaberechts (VOL) öffentlich ausschreiben sollen, um einen fairen Wettbewerb um die Erfassungsdienstleistungen sicherzustellen. Die Vorgaben des Vergaberechts verpflichten grundsätzlich nur öffentliche Auftraggeber und — im EU-Bereich — nur solche juristischen Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, sofern Gebietskörperschaften sie überwiegend finanzieren oder über ihre Leitung die Aufsicht ausüben. Diese Kriterien treffen auf die dualen Systeme nicht zu, so dass zu hinterfragen wäre, ob eine Einbeziehung in den Anwendungsbereich des öffentlichen Auftragswesens überhaupt möglich wäre.

Nach alledem gibt es zahlreiche Punkte, die aus kommunaler Sicht mit Blick auf den angekündigten Referentenentwurf noch einer näheren Erörterung bedürfen. Die vorgelegten Eckpunkte können von StGB NRW-Mitgliedskommunen im Mitgliedsbereich des Internetangebots des StGB NRW unter Fachinfo & Service ≥ Fachgebiete ≥ Umwelt, Abfall und Abwasser abgerufen werden.

Az.: II gr-ko

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