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StGB NRW-Mitteilung 698/2022 vom 12.12.2022
Eckpunkte zur Reform des Zuwanderungsrechts
Die Bundesregierung hat Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten beschlossen. Die Fachkräfteeinwanderung soll zukünftig auf drei Säulen ruhen: der Fachkräftesäule, der Erfahrungssäule und der Potenzialsäule. Die Fachkräftesäule bleibt dabei der zentrale Weg der Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten. Neben den Fachkräften soll unter bestimmten Voraussetzungen qualifizierten Drittstaatsangehörigen auch ohne vorherige formale Anerkennung ihres Abschlusses die Erwerbszuwanderung nach Deutschland ermöglicht werden (sogenannte Erfahrungssäule). Voraussetzung soll eine mindestens zweijährige nachgewiesene Berufserfahrung in den auszuübenden Beruf sein. Neu ist die sogenannte Potenzialsäule. Mit einer sogenannten „Chancenkarte“ sollen Zuwanderer, die noch keinen Arbeitsvertrag haben, nach Deutschland kommen können, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen, zum Beispiel einen ausländischen Abschluss, Berufserfahrung, Sprachkenntnisse oder zumindest einen Voraufenthalt in Deutschland.
Im Einzelnen sieht das Eckpunktepapier im wesentlichen folgendes Säulenmodell vor:
1. Säule - Fachkraft-Säule:
Anerkannte ausländische Fachkräfte sollen weiterhin das Rückgrat der Erwerbsmigration bilden. Voraussetzungen sind neben dem anerkannten Abschluss ein Arbeitsvertrag sowie zu Inländern gleichwertige Beschäftigungsbedingungen. Zukünftig soll eine anerkannte Qualifikation grundsätzlich zu jeder qualifizierten Beschäftigung in nicht-reglementierten Berufen berechtigen. Für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger soll – ebenso wie derzeit für Fachkräfte in Engpassberufen – im Rahmen der Blauen Karte EU eine abgesenkte Gehaltsschwelle gelten. Für Fachkräfte, die Unterlagen zu ihrer Berufsqualifikation aus nicht selbst zu vertretenden Gründen nicht oder nur teilweise vorlegen können oder für die die Vorlage der entsprechenden Unterlagen mit einem unangemessenen zeitlichen und sachlichen Aufwand verbunden ist, soll eine Einreise- und Aufenthaltsmöglichkeit für die Qualifikationsanalyse, um ihre Kompetenzen in Deutschland prüfen zu können, geschaffen werden.
2. Säule - Erfahrungs-Säule:
Neben den Fachkräften soll unter bestimmten Voraussetzungen qualifizierten Drittstaatsangehörigen auch ohne vorherige formale Anerkennung ihres Abschlusses die Erwerbszuwanderung nach Deutschland ermöglicht werden. So soll die Einwanderung in nicht-reglementierte Berufe erleichtert werden. Hierzu sollen in einer neuen, zusätzlichen Regelung die Möglichkeiten eines Aufenthalts zur Ausübung einer Beschäftigung in nicht-reglementierten Berufen ausgeweitet werden. Voraussetzung ist eine mindestens zweijährige nachgewiesene Berufserfahrung in dem Beruf, der ausgeübt werden soll. Zudem ist ein Berufs- oder Hochschulabschluss erforderlich, der in dem Land, in dem er erworben wurde, staatlich anerkannt ist. Die Ausbildung muss mindestens zweijährig sein. Die Prüfung der Sprachkenntnisse soll dem Arbeitgeber obliegen.
3. Säule - Potenzial-Säule:
Drittstaatsangehörigen mit gutem Potenzial soll der Aufenthalt zur Suche eines Arbeitsplatzes ermöglicht werden. So soll auf Grundlage eines transparenten unbürokratischen Punktesystems eine Chancenkarte zur Arbeitsplatzsuche eingeführt werden. Zu den Auswahlkriterien können Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und Alter gehören.
Weitere Maßnahmen sollen unter anderem sein:
- Weltweit soll die Werbung für Deutschland als attraktives, innovatives und vielfältiges
Einwanderungsland verstärkt werden. Ein Schwerpunkt wird darauf liegen, offene Stellen
international bekannt zu machen und qualifizierte Einwanderinnen und Einwanderer an
Arbeitgeber und Bildungsinstitutionen in Deutschland zu vermitteln. Darüber hinaus soll die
Zusammenarbeit mit den für Arbeitsmigration zuständigen Institutionen in Partnerländern
ausgebaut werden.
- Es soll in den Ausbau der Sprachförderung im In- und Ausland investiert werden.
- Im Interesse der Fachkräfte und der Arbeitgeber soll gemeinsam mit den Ländern und Kammern
die Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsabschlüsse optimiert, vereinfacht und
beschleunigt werden. Dazu gehört auch der Ausbau der Unterstützungs- und
Qualifizierungsangebote.
- Um die Fachkräfteeinwanderung zu steigern, sollen die Verwaltungsverfahren beschleunigt,
digitalisiert und transparenter werden. Diejenigen Länder, die sich bislang noch nicht für den
Aufbau einer zentralen Ausländerbehörde für die Fachkräfteeinwanderung entschieden haben,
sollen ermutigt werden, diesen Schritt zu gehen.
Die Gesetzentwürfe sollen im ersten Quartal 2023 vom Bundeskabinett beschlossen werden.
Anmerkung der Geschäftsstelle:
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Städte- und Gemeindebund NRW unterstützen seit langem die Bemühungen, die Fachkräfteeinwanderung nach Deutschland zu steigern. Unstreitig fehlen Arbeitskräfte in Deutschland und wir sind auf eine Fachkräftezuwanderung aus dem Ausland angewiesen. Die vorliegenden Überlegungen der Bundesregierung enthalten zahlreiche richtige Ansätze. Dies gilt insbesondere für die schnellere und unbürokratische Anerkennung von ausländischen Qualifikationen. Dazu müssen die Verfahren unter anderem zentralisiert und digitalisiert werden. Es bleibt abzuwarten, ob dies auch tatsächlich gelingt und die notwendigen Stellen zum Beispiel in den Außenvertretungen oder den Anerkennungsstellen geschaffen werden. Auch sind Überlegungen richtig, während einer notwendigen Nachqualifizierung bereits arbeiten zu dürfen. Drittstaatsangehörigen einen Aufenthalt zur Suche nach einem Arbeitsplatz zu ermöglichen kann so lange akzeptiert werden, wie die Personen ihren Lebensunterhalt selber sicherstellen können. Im Übrigen ist das Punktesystem bereits von der sogenannten Süssmuth-Kommission 2001 vorgelegt worden, an der damals bereits die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene mitgewirkt haben. Zur Beseitigung des Arbeitskräftemangels auf der anderen Seite dürfen die Erwartungen nicht überhöht werden. Für Arbeitsmigranten sind auch die Arbeitsbedingungen entscheidend. Hier sind die Arbeitgeber gefordert.
Darüber hinaus müssen vornehmlich auch die inländischen Potenziale gehoben werden, zum Beispiel durch mehr Investitionen in Bildung oder in entsprechende Qualifizierung der Arbeitslosen. Dies soll gerade mit dem neu beschlossenen Bürgergeld geschehen. Im Übrigen bleibt das weitere Gesetzgebungsverfahren abzuwarten.
Az.: 16.0.7-002