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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 97/2012 vom 23.01.2012
Eckpunkte zur Zustandserfassung privater Abwasserleitungen
Mit Datum vom 13.01.2012 haben die kommunalen Spitzenverbände in NRW (Landkreistag NW, Städtetag NW und Städte- und Gemeindebund NRW) folgendes Eckpunktepapier zur bevorstehenden Änderung des § 61 a Abs. 3 bis 7 LWG NRW (Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen) erarbeitet:
„Unter dem Vorbehalt der abschließenden Beschlussfassung in den Gremien sind aus der Sicht der kommunalen Spitzenverbände in NRW folgende Eckpunkte zu berücksichtigen:
1. Verlässlichkeit staatlichen Handelns
Die Landesregierung und der Landtag werden aufgefordert, bei der nunmehr geplanten Änderung des § 61 a LWG NRW sicherzustellen, dass dem Umsetzungsstand in den Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen angemessen Rechnung getragen wird. Es muss insbesondere vermieden werden, dass in den Städten und Gemeinden, die die Pflicht zur Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen bislang gesetzeskonform umgesetzt haben, ein irreparabler Rechtsschaden und ein gravierender Vertrauensverlust bei den Bürgerinnen und Bürgern eintritt. Dieses gilt insbesondere für diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die die Pflicht zur Dichtheitsprüfung bereits erfüllt haben und ggf. ihre privaten Abwasserleitungen saniert haben.
2. Landesrechtlicher Anpassungsbedarf
Die Länder können nach § 23 Abs. 3 WHG in einer Rechtsverordnung die Pflicht zur Zustandsüberprüfung bei privaten Abwasserleitungen (§ 61 Abs. 2 WHG) konkretisieren. Das Land NRW sollte deshalb auf der Grundlage einer landesgesetzlichen Regelung eine Rechtsverordnung erlassen, die alle Fragestellungen im Zusammenhang mit der Dichtheitsprüfung regelt. Hierzu gehört nicht nur die Pflicht des privaten Grundstückseigentümers bzw. Erbbauberechtigten, seine privaten Abwasserleitungen auf Zustand und Funktionstüchtigkeit zu überprüfen, sondern es sind auch im Hinblick auf die Prüfmethoden und die Durchführung der Prüfung durch Sachkundige Regelungen in der Rechtsverordnung aufzunehmen. Dies schließt auch die Regelung ein, wie eine landesweit zu verwendende Prüfbescheinigung auszusehen hat und unter welchen Voraussetzungen die Anerkennung als Sachkundiger erteilt und entzogen werden kann. Die Kommunalen Spitzenverbände plädieren dafür, eine eigenständige Rechtsverordnung für private Abwasserleitungen zu schaffen.
3. Beibehaltung der Überprüfungsfristen
Die kommunalen Spitzenverbände plädieren für die Beibehaltung einer gesetzlichen Ver-ankerung im LWG, die durch eine Rechtsverordnung ergänzt wird, um sowohl die wasser-rechtlichen Rahmenbedingungen als auch lokale Erfordernisse angemessen zu berücksich-tigen. Ziel sollte dabei sein, einen irreparablen Rechtsschaden zu vermeiden. Ebenso darf das Bundesrecht (§ 61 Abs. 2 WHG, wasserrechtliches Vorsorgeprinzip) nicht unterlaufen werden.
Zum nachhaltigen Schutz der öffentlichen Trinkwasserversorgung sind deshalb Zustand-serfassung und Funktionsprüfung auf privaten Grundstücken in Wasserschutzgebieten und vergleichbaren Flächen grundsätzlich weiterhin bis zum 31.12.2015 vorzunehmen. Den Kommunen muss es freistehen, verkürzte Fristen für abgegrenzte Wasserschutzzonen per Satzung festzulegen. Bestehende Satzungen müssen Bestandschutz genießen, damit das Vertrauen der Grundstückseigentümer in die Rechtssetzung der Kommunen nicht nachhal-tig zerstört wird. In allen anderen Fällen sollte die Frist auf den 31.12.2023 festgelegt wer-den, damit bestehende kommunale Satzungen mit Fristverlängerungen Bestandschutz ge-nießen und auch insoweit kein Vertrauensschaden eintritt. Eine gesonderte Überprüfungs-frist, die von einem Schwellenwert von z.B. von 200 m³ Schmutzwasseranfall pro Grund-stück und Jahr ausgeht, ist insoweit nicht erforderlich und wäre im Hinblick auf schwan-kende Abwassermengen nicht vollzugstauglich. Für die Wiederholungsprüfung sollte ein Zeitintervall von 20 Jahren bei gewerblich genutzten Grundstücken und 30 Jahren bei Wohngebäuden eingeführt werden.
4. Schwellenwerte zur zeitlichen Bestimmung der Sanierungspflicht
Die kommunalen Spitzenverbände plädieren dafür, keine Schwellenwerte festzulegen, z.B. 200 m³ Schmutzwasseranfall pro Grundstück und Jahr, bei deren Unterschreiten auf die Vorgabe einer Sanierungsfrist verzichtet wird. Solche Schwellenwerte sind wasserschutz-rechtlich und fachlich nicht begründbar. Außerdem stellt sich auch bei ihnen die Frage der Vollzugstauglichkeit. Die Abwassermengen schwanken von Jahr zu Jahr, so dass solche Regelungen nicht verwaltungsgerichtsfest umgesetzt werden können. Die Kommunen soll-ten den Freiraum haben, z.B. im Rahmen einer Härtefallklausel einzelfallbezogen für den Grundstückseigentümer verträgliche Lösungen zu finden. Zudem sollte geprüft werden, die Förderung von Sanierungsmaßnahmen über die NRW-Bank auszuweiten.
5. Sachverständige als Prüfer
Der bisher in Erlassform vorliegende technische Referenzkatalog ist zwar nachvollziehbar, bindet in der vorliegenden Form allerdings nur die mit einer Garantenfunktion versehenen Kommunen. Deshalb sind zwar die gewählten Klassifizierungen für die Schäden und die damit verbundenen Fristen (A — ½ Jahr, B — 5-10 Jahre, C — keine Sanierung) sinnvoll, helfen aber bei der vorliegenden „Musterprüfbescheinigung“ wegen fehlender Rechtsver-bindlichkeit für Grundstückseigentümer und Sachkundige nicht weiter. Notwendig ist des-halb zum einen eine Stärkung der Verantwortung für diejenigen, die Zustandserfassung und Funktionsprüfung vornehmen, in dem sie den Status eines Sachverständigen erhalten — was auch einen Beitrag zur Erhöhung der Seriosität dieses Berufszweiges leistet und damit zur Bekämpfung von sogenannten „Kanalhaien“ und zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger beiträgt. Die Sachverständigen sollten zentral beim LANUV registriert werden.
6. Zuständigkeit
Eine generelle operative Zuständigkeit der Gemeinden analog § 37 Abs. 2 hessisches Was-sergesetz wird abgelehnt, da in vielen Städten Eigentümer bereits tätig geworden sind und unterschiedliche Behandlungen erneut Widerstände oder abgabenrechtliche Problemstände erzeugen werden. Die Zuständigkeit soll entsprechend dem Verfassungsgrundsatz „Eigentum verpflichtet“ beim Grundstückseigentümer bleiben.“
Az.: II/2 24-30 qu-ko