Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 602/2004 vom 12.08.2004

Eichels Argumentation zu Kommunalfinanzen

Bundesfinanzminister Hans Eichel hat in einem Schreiben vom 30. Juli 2004 die Maßnahmen des Bundes zur finanziellen Entlastung der Kommunen dargestellt. Er erteilt einer weiteren finanziellen Entlastung der kommunalen Haushalte eine Absage. „Eine weitere Umverteilung finanzieller Mittel von Bund und Ländern auf die kommunale Ebene“, so Eichel, „scheide auf Grund der schwierigen Haushaltssituation auch dieser Gebietskörperschaften aus.“ Der Deutsche Städte- und Gemeindebund weist darauf hin, dass die in Eichels Schreiben skizzierten Entlastungen der Kommunen bei weitem nicht ausreichen. Für 2004 rechnet der DStGB mit einem Defizit von ca. 10 Mrd. € in den kommunalen Haushalten. Trotz Senkung der Gewerbesteuerumlage bleibt zur kommunalen Finanzsituation festzuhalten, dass nach den Ergebnissen des Arbeitskreises Steuerschätzung die Steuereinnahmen der Städte und Gemeinden im Jahre 2004 um ca. 3,1 Mrd. € unter denen den Jahres 2000 liegen. Die Zunahme der Steuereinnahmen beruht lediglich auf der Wiederabsenkung der Gewerbesteuerumlage auf das Niveau des Jahres 2000. Die Gewerbesteuereinnahmen bleiben aber immer noch um 1,5 Mrd. € unter dem Niveau des Jahres 2000. Auch in Zukunft ist dagegen mit einer weiteren Zunahme bei den Sozialtransfers und einem negativen Trend bei der Investitionsquote zu rechnen. Anstatt wie Eichel allein auf ein nachhaltiges Wachstum zu hoffen, das die Haushaltsprobleme aller öffentlichen Ebenen löst, fordert der DStGB eine Klärung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Kommunen im Rahmen der Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung und echte Entlastungen auf der Ausgabenseite. Das Schreiben des Bundesfinanzministers ist im Internet unter www.bundesfinanzministerium.de/Aktuelles/Neue/Weitere-Veroeffentlichungen-.393.htm abrufbar.

Die kommunalen Spitzenverbände sind weiterhin offen für alle Vorschläge, die die Einnahmeseite der kommunalen Haushalte nachhaltig verbessern können. Sie stimmen dem richtigen Ansatz des Bundesfinanzministers zu, dass Reformen im Bereich der Gemeindefinanzen im Rahmen der Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung (MBO) weiterhin auf der Tagesordnung bleiben müssen. Hierbei tritt der DStGB für eine Klarstellung der Bund-Kommunen-Finanzbeziehungen im Rahmen der MBO ein. Gerade die von Eichel in seinem Schreiben zitierte Förderung des Tagesbetreuungsaufbaugesetzes (TAG) und die dadurch bei den Kommunen entstehenden erheblichen Belastungen geben erneuten Anlass zu der Forderung, dass die Finanzbeziehung zwischen Bund und Kommunen einer eindeutigen Klärung bedürfen. Hier favorisiert der DStGB den in der Kommission MBO diskutierten Weg, dem Bund die Möglichkeit zu nehmen, den Kommunen überhaupt Aufgaben zuzuweisen.

Wenn das Tagesbetreuungsaufbaugesetz allerdings in Eichels Schreiben als Beweis dafür dienen soll, dass der Bund die finanzielle Lage der Kommunen verbessert, so muss in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass dieses Gesetz ein Beispiel dafür darstellt, wie der Bund durch Verlagerungen von Aufgaben an die Kommunen die kommunalen Haushalte wesentlich belastet. Zum einen sind die Belastungen der Kommunen infolge Hartz IV zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar, da die Entwicklung der Kosten für Unterkunft und Heizung noch nicht absehbar ist. Zum anderen würden solche angeblichen Entlastungen lediglich Belastungen i. H. v. rund 1, 5 Mrd. € für die Betreuung auffangen, die der Bund den Kommunen zuvor auferlegt hat. Wichtig sind insbesondere weitere Entlastungen der Kommunen bei den Sozialausgaben. Das zeigen die Ausgaben der Gemeinden/Gemeindeverbände für soziale Leistungen:
<o:p></O:P>

Jahr<o:p></O:P>Mrd. Euro<o:p></O:P>Veränderung in %<o:p></O:P>
2000<o:p></O:P>26,3<o:p></O:P>+0,9 %<o:p></O:P>
2001<o:p></O:P>26,9<o:p></O:P>+2,5 %<o:p></O:P>
2002<o:p></O:P>28,2<o:p></O:P>+ 4,6 %<o:p></O:P>
2003<o:p></O:P>30,4<o:p></O:P>+8,0 %<o:p></O:P>
2004<o:p></O:P>31,75<o:p></O:P>+4,3 %<o:p></O:P>

(Zahlen des BMF/2004: Haushaltsprognose der kommunalen Spitzenverbände)<o:p></O:P>
<o:p> </O:P>
Auch können - wie von Eichel behauptet - die bisher realisierten Maßnahmen zur Reform der Gemeindefinanzen nicht zur nachhaltigen Entlastung der kommunalen Haushalte führen. Der DStGB fordert weiterhin eine echte Gemeindefinanzreform. Bedauerlicherweise fanden bei der Reform der Gewerbesteuer die ursprünglich geplanten stabilisierenden Elemente auf der Einnahmeseite der Gewerbesteuer wie die Verbreitung der Bemessungsgrundlage im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens keine Berücksichtigung. Diese hätten dazu dienen können, das prozyklische Investitionsverhalten der Kommunen zu ändern. Der DStGB wird hierin durch die nunmehr vorliegenden Ergebnisse der kommunalen Kassenstatistik für das 1. Vierteljahr 2004 bestätigt. In diesen zeichnet sich ein weiterer Rückgang der kommunalen Sachinvestitionen um 10,6 % ab. Langfristiges Ziel muss sein, die Einnahmeseite von konjunkturellen Schwankungen zu entkoppeln. Der DStGB ist für alle Vorschläge zur Reform der Gemeindefinanzen gesprächsbereit, die die Einnahmen der kommunalen Haushalte stabilisieren und entlasten können.

Die relative Zunahme der Nettoeinahmen aus der Gewerbesteuer durch die Absenkung der Gewerbesteuerumlage führt zwar - nach dem jetzigen Stande der Schätzungen - zu den von Eichel dargestellten Mehreinnahmen von 2,5 Mrd. € im Jahre 2004 und rund 3 Mrd. € im Jahr 2005. Allerdings erreichen sie nicht das Niveau vor dem Einbruch der Gemeindefinanzen im Jahr 2000.

Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen:

Jahr<o:p></O:P>Einnahmen der Gemeinden aus der Gewerbesteuer (netto) in Mrd. €<o:p></O:P>Veränderung in %<o:p></O:P>
2000<o:p></O:P>19,4<o:p></O:P>-  0,3 %<o:p></O:P>
2001<o:p></O:P>17,2<o:p></O:P>-11,2 %<o:p></O:P>
2002<o:p></O:P>15,8<o:p></O:P>-  8,1 %<o:p></O:P>
2003<o:p></O:P>15,1<o:p></O:P>-  4,1 %<o:p></O:P>
2004<o:p></O:P>18,02<o:p></O:P>+ 16, 2 %<o:p></O:P>

(Zahlen des BMF/2004: Haushaltsprognose der kommunalen Spitzenverbände)<o:p></O:P>

Im diesen Zusammenhang ist auch auf den von Eichel nicht erwähnten Einbruch bei den Zuweisungen durch die Länder hinzuweisen. Die laufenden Zahlungen von Bund und Ländern sinken nach der Prognose der kommunalen Spitzenverbände infolge der Steuerverluste von 39, 27 Mrd. € im Jahr 2000 auf 36,75 Mrd. € im Jahr 2004, das Finanzierungssaldo der kommunalen Haushalte dürfte damit im Jahr 2004 auf 10 Mrd. Euro ansteigen.

Entwicklung der Finanzierungssalden der Gemeinden/Gemeindeverbände:

Jahr<o:p></O:P>Finanzierungssalden der Gemeinden / Gemeindeverbände in Mrd. €<o:p></O:P>
2000<o:p></O:P>1,9<o:p></O:P>
2001<o:p></O:P>-4,1<o:p></O:P>
2002<o:p></O:P>-4,7<o:p></O:P>
2003<o:p></O:P>-8,5<o:p></O:P>
2004<o:p></O:P>-10,0<o:p></O:P>

(Zahlen des BMF/2004: Haushaltsprognose der kommunalen Spitzenverbände)<o:p></O:P>

Der DStGB hält im Ergebnis weitere Initiativen zur Verbesserung der kommunalen Finanzsituation für dringend erforderlich.

Az.: IV/1 900-01

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search