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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 437/1997 vom 05.09.1997
Eine Milliarde Defizit bei Mitgliedskommunen
Die kreisangehörigen Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand. Dies zeigt eine Umfrage des Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebundes unter den 358 Mitgliedskommunen zu den aktuellen Budgets. "Von einer Finanzautomomie der Städte und Gemeinden kann nicht mehr die Rede sein", rügte der NWStGB-Präsident, Bürgermeister Reinhard Wilmbusse, anläßlich der Pressekonferenz des NWStGB am 20.08.1997 in Düsseldorf.
Die Zahl der Kommunen mit Haushaltssicherungskonzepten steigt weiter an
Die Zahl der kreisangehörigen Kommunen, die trotz aller Anstrengungen 1996 und 1997 ein Haushaltssicherungskonzept (HSK) aufzustellen hatten, nimmt erschreckende Dimensionen an. 1996 mußten bereits 76 Kommunen auf Weisung der Aufsichtsbehörden - sprich der Kreise - einen bindenden "Sanierungshaushalt" über die nächsten fünf Jahre aufstellen. 1997 steigt die Zahl der Kommunen mit HSK auf 101 - 25 mehr als im vergangenen Jahr.
Hier die Situation in den einzelnen Regierungsbezirken:
Kommunen mit Haushaltssicherungskonzept 1996 1997
Regierungsbezirk Arnsberg 28 33
Regierungsbezirk Detmold 1 2
Regierungsbezirk Düsseldorf 17 18
Regierungsbezirk Köln 21 31
Regierungsbezirk Münster 9 17
Von den eingereichten Haushaltssicherungskonzepten sind bisher 13 noch nicht abgesegnet worden. Negativer "Spitzenreiter" ist der Oberbergische Kreis im Regierungsbezirk Köln. Dort steht die Genehmigung von 9 Haushaltssicherungskonzepten aus. Dies ist neben wirtschaftlichen Strukturproblemen in einzelnen Gemeinden maßgeblich auf eine extrem hohe Kreisumlage (1997 incl. Jugendamt 54,7 Prozent) zurückzuführen. Wenn der Kreis gleichzeitig fordert, die in den Vorjahren aufgelaufenen Deckungslücken abzubauen, kommt es zwangsläufig dazu, daß die 9 Kommunen ihr Budget trotz strengster Konsolidierungsmaßnahmen nicht ausgleichen können. Hinsichtlich der Kreisumlage und der Genehmigungsfähigkeit der Gemeindehaushalte haben mittlerweile mehrere Kommunen vor Gericht gegen den Kreis geklagt.
Immer mehr Städte und Gemeinden ohne "echten" Etatausgleich
Ein Ende der defizitären Finanzentwicklung ist für die Städte und Gemeinden nicht in Sicht. "Die Gruppe der Kommunen, die einen Haushaltsausgleich ohne Eingriff in ihre Substanz tätigen und somit einen echten Budgetausgleich vorweisen können, schrumpft immer weiter zusammen", so Wilmbusse. "Im Ergebnis ist festzuhalten, daß 1996 und 1997 mehr als zwei Drittel der kreisangehörigen Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen keinen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorweisen können."
Eine weitere Tendenz legt die Umfrage offen. Die ursprüngliche Schätzung der gesamten 1997er-Deckungslücken in den Verwaltungshaushalten (828 Mio DM) mußte im laufenden Jahr nach oben korrigiert werden: um 26,6 Prozent auf mehr als eine Milliarde DM. Die aktuellen Deckungslücken, der Zwang zur Abdeckung aufgelaufener Fehlbeträge sowie die Einnahmerisiken für die kommenden Jahre sind eine so starke Belastung, daß die Kommunen kaum noch eine Chance haben, ihren Verwaltungshaushalt auszugleichen.
Negativer Trend bei den Steuereinnahmen
Nach der Mai-Steuerschätzung, die die Daten früherer Schätzungen deutlich nach unten korrigiert hat, müssen Städte und Gemeinden in den nächsten Jahren mit Einnahmeausfällen in Milliardenhöhe rechnen. Die Umfrage bestätigt dies mehr als deutlich. So ist der Haushaltsansatz der Gewerbesteuereinnahmen im bisherigen Verlauf des Jahres 1997 um rund 2,8 Prozent nach unten angepaßt worden. Gegenüber dem 1997er-Ansatz von 496 DM pro Einwohner rechnen die kreisangehörigen Städte und Gemeinden nun mit einem Rückgang um rund 14 DM pro Einwohner.
Beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer zeigt sich ein noch schlimmeres Bild. Lohnsteuer, veranlagte Einkommensteuer sowie der Zinsabschlag haben gegenüber den Einnahmeerwartungen, die sich im Haushaltsansatz der einzelnen Kommunen für 1997 widerspiegeln, um mehr als 5 Prozent abgenommen. Nun wird für dieses Jahr mit einem Rückgang um rund 30 DM pro Einwohner beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer (eingeplant 597 DM) gerechnet.
Az.: V/1-903-03