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StGB NRW-Mitteilung 444/2011 vom 20.09.2011
Eingliederungsleistungen für Langzeitarbeitslose
Die drei kommunalen Spitzenverbände haben sich in einem gemeinsamen Schreiben an die Mitglieder des Deutschen Bundestags aus Nordrhein-Westfalen deutlich gegen die geplante Einschränkung von Arbeitsgelegenheiten durch den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt und gegen die angekündigte Kürzung der Eingliederungsmittel im SGB II-Bereich gewandt. Dabei haben LKT, StGB und StT u.a. folgendes hervorgehoben:
Bereits im laufenden Jahr sind die Ausgaben für Eingliederungsmittel im SGB II bundesweit um etwa 20 Prozent reduziert worden; für das kommende Jahr ist eine weitere Kürzung in vergleichbarer Höhe geplant. Die Kürzungen stehen in keiner Relation zur Entwicklung der Zahl der Leistungsbezieher: Im Vergleich zum August 2010 ist im August 2011 in NRW die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsempfänger lediglich um 45.000 zurückgegangen, d.h. um 3,7 Prozent. Auch die Arbeitslosenzahlen SGB II sind in NRW nur um 3,1 Prozent gesunken (im SGB III dagegen um 15,1 Prozent). Von der Erholung am Arbeitsmarkt profitieren SGB II-Empfänger also nur in geringem Umfang. Eine aktuelle Veröffentlichung der Bundesagentur für Arbeit weist zudem aus, dass die formalen beruflichen Qualifikationen von Langzeitarbeitslosen im Durchschnitt gesunken sind. Etwa die Hälfte verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Die Anforderungen an die Maßnahmen in Bezug auf Nachqualifizierung und Heranführung an den Arbeitsmarkt steigen dementsprechend.
Die Mittelreduzierungen haben sich besonders zu Lasten der sogenannten Arbeitsgelegenheiten („Ein-Euro-Jobs“) ausgewirkt. Gerade dieses niederschwellige, flexible Instrument ist jedoch für die Zielgruppe der Langzeitarbeitslosen besonders wichtig. Die Arbeitsgelegenheiten bieten oft die einzige Chance, Schritt für Schritt zurück in den Arbeitsmarkt zu finden. Die Jobcenter kombinieren damit praktische Arbeitserprobung, niederschwellige Qualifizierung und intensive Betreuung. Eine weitere Kürzung der Eingliederungsmittel, wie für 2012 geplant, würde diese wichtigen Angebote weiter aushöhlen und den Jobcentern die Hände binden.
Die Jobcenter benötigen ein flexibles Handwerkszeug, um den Leistungsberechtigten in der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu helfen und sie in Arbeit zu vermitteln. Bitte setzen Sie sich dafür ein, dass für die spezifischen Problemlagen von Langzeitarbeitslosen ein geeignetes, flexibles Instrumentarium geschaffen wird. Dem wird der vorliegende Gesetzentwurf — trotz anderslautender Zielsetzungen — nicht gerecht. Besonders folgende Punkte müssen geändert werden:
- Die vorgesehenen Einschränkungen für die Arbeitsgelegenheiten durch eine Trägerpauschale und eine zeitliche Befristung sollten in vollem Umfang gestrichen werden. Die Flexibilität sollte auch nicht dadurch eingeschränkt werden, dass anstatt einer Trägerpauschale eine enge inhaltliche Begrenzung erfolgt, wie es in der aktuellen Formulierungshilfe der Bundesregierung vorgesehen ist. Die Jobcenter sollten, im Konsens mit den Arbeitsakteuren vor Ort, das Instrument flexibel gestalten und mit anderen Elementen kombinieren können.
- Die freie Förderung sollte zu einem Instrument ausgestaltet werden, das seinen Namen verdient. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Veränderungen reichen dafür nicht aus. Wir schlagen folgende Formulierung für § 16f Abs. 1 SGB II vor:
„Zur Verwirklichung einer passgenauen und umfassenden Betreuung und Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit kann die Agentur für Arbeit ergänzend zu den übrigen gesetzlich geregelten Eingliederungsleistungen freie Leistungen zur Eingliederung in Arbeit erbringen, soweit diese erforderlich sind. Umfasst sind auch Leistungen für Maßnahmen, die begleitend und ergänzend zu Eingliederungsleistungen erbracht werden und dem Erhalt oder der Stärkung der Erwerbsfähigkeit dienen.“
- Die Jobcenter benötigen die Steuerungskompetenz für die Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die jungen Menschen benötigen einen klaren Ansprechpartner für ihre berufliche Entwicklung. Wir schlagen vor, den Jobcentern die Zuständigkeit für berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen zu übertragen, verbunden mit einer entsprechenden Finanzierungsregelung.
- Die Einführung von Zertifizierungsverfahren für alle Maßnahmeträger sowie für alle Maßnahmen lehnen wir ab, weil dies zu einer erheblichen Ausweitung von Bürokratie führen würde, ohne dass der Nutzen klar erwiesen ist. Stattdessen sollten Ausnahmen ermöglicht werden, um auch Angebote kleinerer, örtlicher Bildungsträger für die Beschäftigungsförderung nutzen zu können. Außerdem sollte das Gutscheinverfahren auf weitere Maßnahmebereiche ausgedehnt werden.
Az.: III 841